Zinkl - The Temptations Of St. Anthony
  Zinkl - The Temptations Of Saint Anthony
4 / 49:18 Prudence (2004)

Der bayerische Grafikdesigner und Musiker Anton Zinkl bringt dieser Tage, nach seinem letzten Album, das Tanzmusik für Insekten enthielt, mit „The Temptations Of Saint Anthony” sein bereits siebtes Album heraus. Wie der Titel sagt, handelt es sich um die Versuchung des St. Anton. Schaut man sich das Cover an, so kommen zwangsläufig Erwartungen von sakraler Musik hoch, doch die enthält Zinkl’s neues Werk nicht. Also gönnen wir dem Silberling mal einen Durchlauf im Player.

Die CD beginnt mit dem längsten, über 21minütigen Stück „The Lucifer Affair“. Eine erste sanfte, fast liebliche Melodie erklingt und nimmt kurz darauf eine mittelalterlich / klassische wirkende Form an. Doch der Schein trügt, denn nach wenigen Momenten ändert sich die Stimmung, sobald die Pianoklänge verstummen. Es geht hin und her. Kaum hat man sich an eine Melodie oder Klangfolge gewöhnt, da ändert Zinkl sie auch schon wieder. Hat sich Anton Zinkl auf dieser CD vielleicht selbst in Versuchung gebracht? Nein, denn wer die Musik des Münchners kennt, der weiß, dass sie von avantgardistischen Klängen geprägt ist. Er liebt es in seiner Musik die Melodien zu verstecken und für reichlich Überraschungsmomente zu sorgen. Und das gelingt hm auch auf ganzer Linie.
 

 

 

 

Auch die folgenden Stücke „The Dance Of The Drunken Angels“ (so kann man sich wirklich betrunkene Engel vorstellen), „The Time Machine“ und das Titelstück weisen die gleichen Strukturen auf. Die Musik liegt irgendwo zwischen Avantgarde, experimenteller Elektronik, Klassik sowie ProgressivRock und hat auch etwas von Theatermusik. Anton nennt seine Musik selbst Chamber Prog. Er ist dem ProgRock der frühen 70’er noch sehr verbunden. Gruppen wie Genesis, Yes, King Krimson und Gentle Giant gehören zu seinen Favoriten. Das blitzt dann auch manchmal in den einzelnen Stücken auf (da erklingen zum Beispiel schon mal knackige Gitarrenriffs), man muss aber schon genau hinhören um dies den vertrackt angelegten Titeln zu entnehmen.

Zinkl ist ein Soundtüftler und -künstler. Seine Musik ist nicht einfach zu konsumieren, denn die einzelnen Stücke weisen viele verschiedene Sounds auf und wechseln abrupt ihre Richtung, so dass man sich voll und ganz auf seine Musik einlassen muss. Das macht die Werke zwar etwas sperrig aber auch ungemein interessant und spannend. Wirkt das Werk beim ersten durchlauf noch etwas chaotisch, so öffnet es sich bei jedem neuen Durchlauf und man erschließt sich diesen Artenreichen Musikkosmos. Es werden Klänge und Melodien zu Tage gebracht, die man vorher nicht wahrgenommen hat. Wer sich auch auf außergewöhnliche Elektronikmusik mit ProgRock-Einflüssen einlassen kann, der sollte sich von Anton unbedingt versuchen lassen.

Stephan Schelle, Oktober 2004

 
   

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