Thomas Kagermann – Im Reich von dieser Welt
 

Thomas Kagermann – Im Reich von dieser Welt
MP-Records (2015)

(
14 Stücke, 72:02 Minuten Spielzeit)

Der Multiinstrumentalist Thomas Kagermann (Tasteninstrumente, Violine, Flöten, türkische Tambura, akustische Gitarre, Bass, Stimme, Gesang) ist vor allem den Freunden elektronischer Musik in den letzten Jahren durch seine Zusammenarbeit mit Broekhuis, Keller & Schönwälder bekannt geworden. Seine musikalische Wurzeln reichen allerdings weit in die 70’er Jahre zurück. Die älteren Rockfreunde werden noch wissen, dass er Gründer/Mitglied der deutschen Folkrockbands Fiedel Michel und Falckenstein war. Daneben hat er aber auch mit zahlreichen bekannten Musikern wie Klaus Schulze, der Andreas Vollenweider-Band, Jan Akkermann, Jaki Liebezeit oder Nippi Noya zusammengearbeitet.

 

 


Auch Solo ist der in Wuppertal geborene und heute im Westerwald lebende Musiker sehr umtriebig, kann er doch auf zahlreiche Alben unter seinem eigenen Namen zurückblicken, darunter auch einige Arbeiten als Liedermacher. Im Herbst 2015 erschein nach gut neunjähriger Entstehungszeit sein neuestes Werk, das den Titel „Im Reich von dieser Welt“ trägt.

Thomas Kagermann, der sich selbst als „Liedpoet“ bezeichnet, spielt auf dem neuen Album wieder mit bildhafter, gesanglicher, ausdrucksstarker Sprache. In der Tat kommen seine Texte sehr poetisch rüber, was vor allem auch daran liegt, das Thomas eine besondere Art hat, die Texte zu interpretieren. Das klingt oft sehr liebevoll aber auch nostalgisch. Man hat ein ums andere Mal das Gefühl, die Texte seien im 19. Jahrhundert entstanden.

Wenn man sich das wunderbar gestaltete Booklet anschaut, dann erkennt man aber, dass Thomas nicht alle Texte selbst geschrieben hat. Er hat unter anderem das bekannte deutsche Volkslied „Am Brunnen vor dem Tore“ neu arrangiert. Drei Strophen des Originaltextes hat er zwar übernommen und um einige erweitert, doch die musikalische Umsetzung ist komplett neu und bisher ungehört. Daneben hat er noch Texte von Gabriel Seidl („Die Uhr“), Heinrich Heine („Die Loreley“) und das Traditionell „Schneegebirge“ sowie den Pete Seeger-Song „Where Have All The Flowers Gone“ neu interpretiert. Dabei hat er seine ganz eigene Handschrift über die Songs gelegt.

Eingespielt hat Thomas das komplette Album allein. Einzig seine Frau Eva, die hier den Künstlernamen Kleito trägt, hat bei dem Stück „Alles ist Eins“ einige Gesangspassagen übernommen.

Die Musik auf dem Album würde ich als Ambientfolk umschreiben, denn Thomas Kagermann schafft wunderbare Atmosphären durch die leicht folkigen Melodien und die sanfte Gesangsstimme. Das wird gleich beim eröffnenden „Am Brunnen vor dem Tore“ deutlich, das für mich zu den Highlights des Albums zählt. In Singer/Songwriter-Manier mit einem leicht jazzigen Anstrich erstrahlt dann „Roter Mond“. Neben Akustikgitarre setzt Thomas auch am Ende seine Violine äußerst passend ein. Das hat auch etwas von Zigeunermusik, was ein Qualitätsmerkmal darstellt.

Eindringlich zeigt sich die Kombination von Violine und Gitarre bei „Alles ist Eins“, ebenfalls eines der Highlights des Albums. Am Ende des Stückes bringt dann Eva Kagermann alias Kleito einen unter die Haut gehenden Backgroundgesang ein, in dem sie ihre Stimme als Instrument einsetzt.

Das Instrumental „Gold“ sticht aus dem Album heraus, da hier Thomas nur am Klavier agiert. Er setzt dabei Klangtupfer sehr akzentuiert ein, die insgesamt dann wiederum eine Melodie ergeben. Das ist aber so zart dargeboten, das man sich so auf die Musik konzentriert und eine Stecknadel fallen hören würde. Ein sehr ruhiges Stück, bei dam man in sich versinken kann. Gleiches gilt für das 1:39minütige Instrumental „Silber“.

Durch den lang gezogenen Gesang erstrahlen Stücke wie „Die Loreley“ in einem ganz besonderen Licht. Leichter und luftiger zeigen sich dann aber Songs wie „Der Wind weht wo er will“. Dieser Song hat wieder einiges an folkloristischen Momenten zu bieten. Bei dem Pete Seeger-Song „Where Have All The Flowers Gone“, der bei Kagermann „Sag mir wo die Blumen sind“ heißt und in deutsch auch schon von Juliane Werding und Hannes Wader interpretiert wurde, hat er die Melodie beibehalten, interpretiert sie aber in seiner ganz eigenen Art. Dadurch bekommt der Song eine ganz neue Note.

Mit „Im Reich von dieser Welt“ ist Thomas Kagermann ein sehr schönes Album gelungen das sehr ambienten Folk- bzw. Singer/Songwriter-Stücke enthält. Ein kleines Manko hat das Album allerdings. Der lang gezogene Gesangsstil sorgt bei einer Spielzeit von 72 Minuten nur für wenig Abwechslung. Nichts desto trotz aber ein sehr empfehlenswertes Album des Multiinstrumentlisten und Sängers.

Stephan Schelle, April 2016

 
   

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