Thomas Jung – Season Of Change
 

Thomas Jung – Season Of Change
Eigenvertrieb (2015)

(
9 Stücke, 78:46 Minuten Spielzeit)

Im Jahr 2013 veröffentlichte Thomas Jung sein erstes Elektronikalbum unter dem Titel „Painting The Sun“. Das Debüt konnte auf ganzer Linie überzeugen und auch beim Konzert im Juli 2014 auf der Schwingungenparty in Hamm konnte Thomas den hohen Standard seines Debütalbums unter Beweis stellen. Im Sommer 2015 erscheint nun sein zweites Album, das den Namen „Season Of Change“ trägt. Hat er einen radikalen Schnitt vollzogen, fragt man sich beim Albumtitel. Nein, hat er nicht. Aber es geht wieder sehr abwechslungsreich auf dem neuen Werk zu.

 

 


Neun ganz unterschiedliche Tracks mit Laufzeiten zwischen 3:05 und 19:39 Minuten Länge hat Thomas Jung auf seinen zweiten Silberling gepackt. Stilistisch lässt er sich dabei allerdings nicht festlegen und bewegt sich so in den unterschiedlichen Spielarten der elektronischen Musik.

Den Hauptteil der CD umfasst das in vier Parts aufgeteilte Titelstück, bei dem jeder einzelne Part allerdings einen kompletten, in sich abgeschlossenen und musikalisch eigenständigen Part darstellt. Eröffnet wird die CD mit dem 5:34minütigen „Valleys“. Nach einigen Geräuschsamples startet Thomas in einen Track der orchestral wirkt und zunächst nach AOR klingt, doch schon wenige Augenblicke später kommen Sounds auf, die an die Musik von Jean Michel Jarre erinnern. Hier erweist Thomas dem Franzosen seine Ehrerbietung und spendiert dem Stück eine Melodielinie mit der er diesem eine eigene Note verleiht. Hier zeigt sich schon die Qualität des Keyboarders.

Mit dem folgenden neuneinhalbminütigen „Waiting“ wechselt Thomas dann die musikalische Ausrichtung. Größer könnte der Kontrast zum Eröffnungsstück nicht sein, denn nun herrschen einige jazzige Elemente vor. Was zunächst noch mit Synthieflächen beginnt, wandelt sich dann spätestens mit den perlenden Klängen, die anfangs noch an Vangelis atmosphärischen Soundtrack zum Science Fiction-Klassiker „Bladerunner“ erinnern. Dazu spricht Thomas einen Text. Das wirkt zunächst sehr ambient. Nach etwas mehr als vier Minuten setzt dann ein Schlagzeugrhythmus ein, der das Stück nun endgültig in eine Mischung aus Lounge, Ambient und Jazz transformiert. Im späteren Verlauf kommen auch noch Piano- und Kontrabassklänge hinzu. Das ist ungewöhnlich und faszinierend zugleich.

Als dritten Track hat Thomas dann „Season Of Change Part 1“ zu bieten. Das 9:17minütge Stück beginnt zunächst atmosphärisch. Hier klingt er nach elektronischer Musik die als Soundtrack für den Weltraumtrip geeignet ist. Diese ambienten Soundcollagen beamen den Hörer direkt ins All. Nach gut vier Minuten setzt dann eine Sequenzer ein und der Track gewinnt an Fahrt. Ab jetzt haben wir es mit einem wunderbaren Stück zu tun, das durch seinen Mellotronsound nostalgisch, aber durch den Rhythmus modern und frisch klingt. Jetzt ist Gänsehautfeeling angesagt. Und am Ende baut Thomas dann noch ein tolles Keyboardsolo ein, das auch gut in einen Progressive Rock-Titel passen würde.

Dem folgt nahtlos „Season Of Change Part 2“. In diesem elfminütigen Track treffen anfangs wunderschöne Synthiemelodien und Streichersounds aufeinander und bieten ansatzweise „Berliner Schule“ im Stile von Klaus Schulze. Der Cellosound ist aber so markant, das dem Stück eine ganz persönliche Note zuteil wird. Nach etwas mehr als zwei Minuten ändert sich das Klangbild und es kommt ein Rhythmusmotiv auf, das die wunderbare Kombination aus Streicher und Synthieflächen in die Nähe von Soundtracks der Marke Hans Zimmer („Black Rain“ kommt mir da in den Sinn) hebt. Und doch zeigt Thomas hier seine ganz persönliche Handschrift. Im Mittelteil lässt er die Cellosounds dann gar sägen.

Das sechseinhalbminütige „Forgiveness“ zeigt ebenfalls zu Beginn recht spacige Sounds, zu denen Thomas wieder einen Text rezitiert. Das Stück wandelt zwischen spacigen und sakral wirkenden Stimmungsbildern. In diesem sehr ambienten Track geht es nicht um Melodien und auch Rhythmen sucht man hier vergeblich. Die ersten Klänge von „Season Of Change Part 3“ haben etwas von Mittelaltersoundtrack. Meine Gedanken fliegen in eine Szenerie, in der ich auf eine Burg zureite, auf deren Zinnen Ritter mit Trompeten eine Fanfare anstimmen. Darauf folgen elektronische Sounds, die verdreht klingen und in mir eine Unterwasserszenerie assoziieren. Erhaben geht es nun in dem Siebenminüter weiter. Ich habe das Gefühl unter Wasser zu schweben oder mich in einer riesigen Grotte unter der Erde zu bewegen. Auch Pink Floyd artige Sounds, die an „Meddle“ erinnern, hat Thomas in diesen Track eingebaut.

Hatte Thomas den Rhythmus etwas zurückgefahren so zieht er ihn in dem 19:39minütgen „Season Of Change Part 4“ langsam aber stetig an. Was anfangs noch recht moderat wirkt, beginnt nach gut einer Minute in einen unwiderstehlichen Part überzugehen. Jetzt entwickelt sich ein absolutes Hammerstück, das mich sehr stark an die besten Veröffentlichung von Mind~Flux erinnert. Im späteren Verlauf setzt er dann noch eine mitreißende Melodie oben drauf. Für mich ist dieses Stück das absolute Highlight des Albums, denn vom ersten Klang fesselt Thomas Jung den Hörer an den Boxen.

„1st Of July“ bietet dann noch Sounds, Melodien und Rhythmen im Stile von Ron Boots, Gert Emmens & Co. und ergänzt diese um einen klackenden Rhythmus. Den Abschluss bildet dann das dreiminütige „Closing Of The Season“.

Mit „Season Of Change“ ist Thomas Jung ein klasse Album gelungen, das seinem tollen Debüt in keinster Weise nachsteht. Vor allem der Abwechslungsreichtum, den er hier bietet, ist hörenswert. Hohe Empfehlungsstufe!!!

Stephan Schelle, August 2015

 
   

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