Thomas Jung - 03 Nachdem der deutsche Elektronikmusiker Thomas Jung im Jahr 2013 sein Debütalbum „Painting The Sun“ und zwei Jahre später den Nachfolger „Seasons Of Change“ veröffentlichte, hat er sich bis zum Erscheinen seines dritten Longpayers, das den schlichten Titel „03“ trägt, etwas mehr Zeit gelassen. Die neuen Klanggemälde auf „03“ sind zwischen Dezember 2016 und Dezember 2018 im heimischen Studio des Kirchbergers (Hunsrück) komponiert und eingespielt worden. |
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Alle
Stücke wurden von ihm, mit Ausnahme von „Arrival (Season Of Change Part
5)“, bei dem sich Thomas Unterstützung von Sylvia Weiand am Akkordeon
geholt hat, im Alleingang eingespielt. Thomas’ musikalische Einflüsse
sind nicht nur im Elektronikbereich zu finden, ist er doch auch Keyboarder
der Bands Frank Out (Frank Zappa Tribute), dem Akustikduo Wich One’s Pink?
und der Session Group, die sich mit Jazz Rock der 70’er und 80’er Jahre
befasst. Diese unterschiedlichen Betätigungsfelder zeigen seine ganze
musikalische Bandbreite und beweisen, dass er sich stilistisch nicht
wirklich festlegen lässt. Die
acht Stücke auf dem Album haben Laufzeiten zwischen 2:26 und 18:18 Minuten
Spielzeit. Fünf der Stücke sind Longtracks mit Laufzeiten von mehr als
neun Minuten Länge. Mit
dem kürzesten Stück „Arrival (Season Of Change Part 5)“, mit dem er an
sein 2015’er Album anschließt, beginnt das neue Werk. Mit Samples von
vorbeifahrenden Autos auf einer Schnellstraße oder einer Autobahn beginnt
das Stück. Zu diesen Klängen spielt Sylvia einige Klangmuster auf dem
Akkordeon. Nach etwas mehr als einer Minute gesellt sich Thomas dann mit Flächen
und einem Pianomotiv dazu, während im Hintergrund immer weitere Autos von
links nach rechts und umgekehrt durch den Raum ziehen. Nahtlos
schließt sich dann der zweite, gut 15minütige Track „Autumn Children“
an, der mit mysteriösen Klangbildern beginnt. Psychedelische Soundmuster
treffen auf einen ekstatischen Rhythmus/Klang-Mix der dem Hörer die Sinne
vernebelt. Durch diese Klangmuster muss man sich als Hörer zunächst wie
durch einen dichten Dschungel kämpfen. Aber auf eine eigentümliche Art
nimmt dieses anfängliche Klangmonster gefangen. Nach gut drei Minuten
entspannt sich die Situation und es kommt ein Sequenzerrhythmus auf, der den
Track nun voranschiebt. Darauf setzt Thomas zunächst knarrende, knarzende
Synthieklänge und überlässt dem Sequenzer dann das Feld. Nach etwas mehr
als vier Minuten Spielzeit kommt ein pumpender Beat auf, der zusammen mit
dem Sequenzer eine hypnotische Liaison eingeht. Dann kommen Melodiebögen
auf und spätestens jetzt nimmt einen das Stück vollends gefangen. Ab
Minute Sieben sorgt dann die Melodie für eine Gänsehaut. Ein klasse Track,
der sich in keine Schublade stecken lässt. Das
dritte Stück „State Of Affairs“ bringt es auf gut zwölf Minuten Länge
und beginnt mit ruhigen Synthieklängen. Ab Minute Eins kommt dann ein
akzentuiert gesetzter Rhythmus auf, dessen Bassklänge zunächst eingestreut
werden. Darauf folgen weitere Rhythmusstrukturen und flirrend wirkende
Synthiesounds, die zunächst einen Spannungsbogen aufbauen und sich stetig
weiterentwickeln. Das ist hochgradig spannend und strahlt eine hypnotische
Wirkung aus. Thomas platziert in den Track einige Soli, die unter anderem
eine leicht jazzige Note entfalten. Es folgen weitere herrliche
Melodiepassagen, die nicht nur den Elektronikfreund ein Lächeln ins Gesicht
treibt, sondern sich auch gut in einem Rocksong als Soli machen würden.
Stoisch trabt dieser Track über die volle Spielzeit dahin ohne dass einen
Moment Langeweile aufkommt. Schwurbelnde
Synthiesounds eröffnen das neuneinhalbminütige „Dance“. Klangtupfer
addieren sich nach einer Weile dazu und ein Rhythmus, der mich an Vangelis
„Albedo 0.39“ erinnert kommt auf. Immer mehr Sounds und Rhythmusmuster
werden nach und nach dazu addiert und nach gut dreieinhalb Minuten schält
sich eine Harmonie aus dieser Soundcollage heraus und wird um einige jazzige
Klänge ergänzt. Ein außergewöhnliches Stück. Das
dreiminütige „Nadir“ ist ein ruhiges Stück, bei dem Thomas Harmonien
aneinandereiht und somit ein sanftes Stimmungsbild erzeugt. „Motion Part 1
– Walking“ (18:18 Minuten) und „Motion Part 2 – Running“ (11:07
Minuten) sind zwei Stücke die Thomas nahtlos ineinander gemischt hat. Während
„Part 1 – Walking“ eher ruhig angelegt ist, kommt „Part 2 –
Running“, dem Titel entsprechend rhythmischer daher. Mit piepsenden
Elektronikklängen und der sanften Melodie hat man das Gefühl einen
Spaziergang in der Natur zu unternehmen, bei dem die Vögel von den Bäumen
zwitschern. Der Track entwickelt sich aber immer weiter und sorgt durch den
Orgelsound und dem langsam dahintrabenden Rhythmus für ein entspanntes
Feeling. Klangfarben und Harmonieführung lassen darüber hinaus ein
Retrofeeling aufkommen. „Part
2 – Running“ geht sofort rhythmisch los. Auch hier sind die zirpenden
Synthiekänge zu hören, erinnern mich aber in ihrer Art und Weise an den
Sound von Nattefrost. Dazu sorgt ein treibender Sequenzerrhythmus für den
Drive. Nach etwas mehr als einer Minute kommt dann eine sehr schöne
Melodielinie auf, die den Nostalgiefaktor erneut anschwellen lässt. Ein
sehr schöner, abwechslungsreicher Track. Den
Abschluss bildet dann das 6:11minütige Stück „Onward Day By Day“. Eine
von kühlen Synthiesounds bestimmte Rhythmik wirkt zunächst recht
mechanisch. Dann kommt aber ein hinreißendes Keyboardsolo mit Gitarren ähnlichen
Klangfarben auf, die einem Rocksong gut zu Gesicht stehen würden. Das Ganze
hat Thomas aber nicht clean angelegt, sondern er hat auch einige schräge Klänge
hinzugefügt, die dem Track die ganz besondere Note verleihen. Wie
schon auf seinen Vorgängeralben, so lässt der Elektronikmusiker Thomas
Jung sich auch auf „03“ nicht in irgendeine Schublade stecken.
Herausgekommen ist erneut ein faszinierendes Werk, das durch eine ungeheure
Klangvielfalt glänzt. Stephan Schelle, März 2019 |
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