Syndromeda – Inside The Mental Hospital
 

Syndromeda – Inside The Mental Hospital
SynGate Records (2023)
(
15 Stücke, 140:40 Minuten Spielzeit)

Der belgische Elektronikmusiker Danny Budts veröffentlicht seit vielen Jahren seine elektronische Musik unter dem Namen Syndromeda. Für sein neuestes Album, das unter diesem Projektnamen im Sommer 2023 veröffentlicht wurde, hat er sich einige Musikerkollegen eingeladen. Das Album trägt den Titel „Inside The Mental Hospital“ und ist eine DoppelCDR geworden. Auf den enthaltenen 15 Tracks präsentiert er unterschiedliche Facetten der elektronischen Musik. Bei acht Stücken hat er mit acht unterschiedlichen Musikern zusammengearbeitet. Die restlichen sieben Stücke hat er allein eingespielt.

 

 


Auf der Internetseite von SynGate Records ist dazu Folgendes zu lesen: Danny Budts aka Syndromeda hat Freunde dazu eingeladen, sich an einem Doppelalbum über psychiatrische Krankenhäuser zu beteiligen. Sehr dichte, dunkle und eindrucksvolle Musik, die die Atmosphäre bedrohlicher Behandlungen lebendig werden lässt. Syndromeda Fans werden den ihnen vertrauten Stil erkennen, aber die Beteiligung der Gastmusiker Bart Pilate, Frans Lemaire (Micado), Michael Brückner, MarcE (Analogic Synthism), Serge Devadder, Alain Kinet, Tom Coopers (Hyperkube) und Didier Dewachtere (BySenses) gibt dem Album eine großartige Bereicherung und Vielseitigkeit.

CD 1 beginnt mit dem von Danny allein eingespielten, 6:56minütigen Stück „Welcome To The Asylum“. Das Stück zeigt sich sehr mystisch und zeichnet Stimmungsbilder, die skurril und teils bedrohlich anmuten. Melodien oder Harmonien gibt es hier eher nicht. In dem 9:29minütige „A Serious Nervous Breakdown“, das Danny zusammen mit Bart Pilate aufgenommen hat, wird diese Stimmung aufgenommen und im Stile von John Carpenter weitergeführt. Es beginnt zunächst auch mit düsteren Flächen und Sounds, in die sich dann aber eine einfache Melodielinie einfügt, die trotz der hellen Klangmuster (einer Spieluhr ähnlich) unheilvoll klingt. Nach etwas mehr als fünf Minuten wechselt das Ganze dann in einen Part, der mit einem echohaften Synthsound erweitert wird. Das Stück ist sehr spannend aufgebaut und hat was von einem Soundtrack für einen Psychothriller.

Das folgende 11:33minütige „A Huge Leap Foreward“, das wieder allein aus Danny’s Feder stammt, beginnt mit tickenden Uhren, die sich nach wenigen Minuten nach nun schlagenden Uhren wie der Beginn von Pink Floyds „Time“ anhören. Doch sobald nach 1:20 Minuten die Synthies einsetzen, biegt der Track in eine andere Richtung ab. Flächige Harmonien und zirpende Synthies sind zunächst zu hören. Der Track bekommt dann nach etwas mehr als drei Minuten für gut drei Minuten einen rhythmischen Sequenzerpart, auf den sich nach weiteren Momenten eine leichte Melodielinie setzt. Danach zirpen und flirren die Synthies, die jetzt harmonisch umeinander tanzen. Das ist richtig gut gemacht und wird alle begeistern, die auf Sequenzer orientierte Musik stehen.

Das 9:15minütige „Pills Of Pleasure“, das mit Sounds beginnt, die sich wie fließender Strom anhören, hat Danny zusammen mit Frans Lemaire aka Micado erstellt. Synthchöre, Melodielinie und ein angenehmer Sequenzerrhythmus machen das Stück aus. Nach dem 7:16minütigen „Going On The Stream“, für das Danny allein verantwortlich zeichnet und das in die britische Elektronikmusik von Musikern wie Marc Shreeve weist, folgt dann das 11:54minütige „There’s Always That Kind Of Chaos In My Head“, das zusammen mit Michael Brückner entstanden ist. Flirrende Sequenzerparts/Arpeggios, auf denen sich dann Harmonien ausbreiten, geben dem Stück ein besonderes Flair. Ein klasse Track, der eine leicht psychedelische Note und eine hohe atmosphärische Dichte besitzt.

Den Abschluss des ersten Silberlings bildet dann das 14:07minütige „There’s No Way Out“, das mit einer Vocoderstimme beginnt, die einen Text spricht. Dieser Track ist eine Zusammenarbeit mit MarcE aka Analogic Synthism. Tropfende Klänge, Synthflächen und ein sanfter Rhythmus, der ein wenig an den frühen Ron Boots erinnert („Rivers“ lässt grüßen) bestimmen in den ersten gut fünf Minuten das Bild. Danach kommen pulsierende Sequenzerrhythmen auf, in die immer wieder Klänge und Harmonien eingewoben werden. Das klingt jetzt wie eine Mischung aus „Eindhovener Schule“ und „Berliner Schule“. Das Ende klingt dann mystisch aus.

Der zweite Silberling hat acht weitere Stücke zu bieten und beginnt mit dem 5:52minütigen „A Delicate Equilibrium“, das Danny wieder allein eingespielt hat. Nach mystisch rauschenden Sounds kommt nach 40 Sekunden ein Rhythmus auf und addiert sich mit einer unheilvollen Melodielinie, die wieder an Soundtracks von John Carpenter denken lässt. Hier kommen aber klanglich noch weitere Sounds auf. Das kann ich mir wieder gut als Soundtrack für einen Thriller oder einer Verfolgungsjagd vorstellen, zumal es nach etwas mehr als vier Minuten durch einen Drumsound noch rhythmischer wird.

Das 14:57minütige „Behind The Closed Doors Of The Padded Room“ ist wieder eine Kollaboration. Dieses Mal mit dem Elektronikmusiker Serge Devadder. Glockenklang ähnliche Sounds starten in den Track, der durch recht mystische Sounds weitergeführt wird. Nach etwas mehr als einer Minute kommt im Hintergrund eine rhythmische Harmonie auf, die von recht skurril wirkenden Sounds überdeckt wird. Diese Sounds ziehen sich über weite Strecken des Tracks hin. Für mich ein recht schwierig zu konsumierendes Stück.

Das 10:08minütige „The Room Of Lost Dreams“ hat Danny zusammen mit Alain Kinet eingespielt. Knisternde Klänge und ein sich langsam aus dem Off hebender, bedrohlicher Sound eröffnen den Track. Metallische Sounds kommen dann nach einigen Momenten auf, während es immer noch im Hintergrund knistert. Vor meinem geistigen Auge erzeugen diese Klänge ein Szenario, das in einer verlassenen Fabrikhalle spielt, in der ein Feuer knistert.

Die beiden folgenden Stücke, das 7:21minütige „Le Malade Imaginaire“ und das 6:40minütige „The Clock Ceeps Ticking“ stammen wieder von Danny Budts. Ersterer ist ein sehr schöner Track mit perlenden, hellen Synthklängen, der im Verlauf auch wieder einen leichten Carpenter-Touch bekommt. Der zweite Track besitzt ein Grundticken, das aber nicht gleichmäßig ist. Dunkle, basslastige Synthstimmen werden darauf gesetzt, was sehr spannend und auch wieder Carpenter mäßig klingt. Nach mehr als drei Minuten wird das Ganze durch sehr schön flirrende Sequenzermuster ergänzt.

Das 7:47minütige „The Reversed Anomaly“ ist mit Tom Coppens aka Hyperkube entstanden. Hier kommen Mellotronsounds und rhythmische Elemente auf, die sich perfekt miteinander verbinden. Das klingt alles sehr harmonisch und melodisch und wird mit Synthchören verbunden.

Mit Didier Dewachtere aka BySenses hat Danny dann das 7:50minütige Stück „Voices In My Head“ erstellt. Zu Beginn wirkt das Stück mysteriös, bekommt aber nach mehr als einer Minute ein sehr schönes Rhythmusmuster, das den Track gut nach vorn treibt.

Das letzte Wort bzw. den letzten Ton hat sich dann Danny Budts mit dem 9:37minütigen „Fear Of What’s Coming“ vorbehalten. Ein mystischer Track, der nach zweieinhalb Minuten einen treibenden Sequenzerrhythmus bekommt und sehr gut zum Coverbild passt.

Mit „Inside The Mental Hospital“ hat der Belgier Danny Buts aka Syndromeda ein sehr abwechslungsreiches Album eingespielt, bei dem acht Stücke in Kollaboration mit anderen Musikern entstanden sind. Das reicht von elektronischen, teils auch düsteren Stimmungsbildern hin zu melodischen und rhythmischen Tracks und zeigt die Bandbreite der elektronischen Musik auf. Auch wenn einem nicht jeder Track zusagt, so finden sich in den 140 Minuten genug tolle Tracks, die die Anschaffung des Albums rechtfertigen.

Stephan Schelle, Juli 2023

 
   

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