Steve Baltes – Bochum Sky
 

Steve Baltes – Bochum Sky
MellowJet Records (2014)
(
3 Stücke, 70:39 Minuten Spielzeit)

Steve Baltes ist den Freunden der elektronischen Musik bestens bekannt, war er doch lange Zeit Teil von Ash Ra Tempel und Ashra, mit Manuel Goettsching, Lutz Ulbrich und Harald Grosskopf. Steve ist ein Musiker, der sich vorwiegend in den Dienst anderer Künstler stellt. Da wurde es Zeit, dass er mal wieder seine eigene Musik präsentieren kann. Am 13.07.2013 trat Steve im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Sound Of Sky“ im Planetarium in Bochum auf. „Bochum Sky“, das im Sommer 2014 bei MellowJet Records veröffentlicht wurde, ist ein Mitschnitt dieses Konzertes.

 

 


Ganze 14 Jahre hat es gedauert, bis Steve Baltes mal wieder eine Soloveröffentlichung auf den Markt bringt. Allerdings ist Steve nicht ganz allein am Werk, denn einige Keyboardsoli hat der „Sound Of Sky“-Initiator und bekannte Elektronikmusiker Stefan Erbe beigesteuert. Zudem untermalen herrlich sanfte Gitarrensounds von Oliver Franken den hypnotischen Sound von Steve Baltes.

Mit atmosphärischem Rauschen und Klanggebilden, die nicht ganz zuzuordnen sind – einiges klingt wie Gläser und Metallstäbe, die vom Wind aneinander geschlagen werden – beginnt das 35minütige „Bochum Sky 1“. Steve erzeugt zunächst mystische Stimmungen, die wenig mit Melodien gemein haben. Das wirkt auf der einen Seite entspannend, auf der anderen Seite wirkt es auch in einer eigentümlichen Art sehnsuchtsvoll. Nach fünf Minuten bilden sich dann erste leichte Rhythmusmuster, die sich aber noch im Hintergrund, hinter dem Schleier der Soundskulpturen bewegen. Erst ganz langsam kann sich dieser eindringliche Rhythmus von seinem Ballast befreien und in den Vordergrund treten.

Dann sorgt eine sägende Gitarre für einen Break ohne die Situation aber grundlegend zu verändern. Der Rhythmus bleibt und langsam kommen Harmonien nach gut acht Minuten ins Spiel. Ab jetzt breitet sich eine eigentümliche Faszination aus, der man sich als Hörer nicht entziehen kann. Es ist schwierig zu beschreiben was da passiert, aber es fesselt ungemein. Der Geist löst sich beim Hören dieser Musik langsam vom Körper und entschwindet in weite Fernen und Galaxien. Nach elf Minuten kommt ein glasklares, schneidendes weiteres Rhythmusmuster auf, und eine Pianomelodie legt sich darauf. Spätestens jetzt ist man als Hörer in der Musik von Steve Baltes, die mit zahlreichen Effekten durchtränkt ist, gefangen.

Die eingestreuten Sprachsamples erhöhen den Mystik-Faktor um einiges. Man scheint bei der Musik in einer Endlosschleife gefangen zu sein, um dann immer wieder von Steve mit neuen Elementen, Rhythmen oder Effekten überrascht zu werden. Eine tolle Nummer, die außergewöhnlich und fesselnd zugleich ist.

„Bochum Sky 2“ beginnt ebenfalls mit atmosphärischen Sounds. Das 25minütige Stück ist ebenfalls von Effekten durchzogen und zirpt und zischt zu Beginn, was das Zeug hält. Nach gut vier Minuten startet es dann mit rhythmischen Sequenzern und Harmonien. Dieses Stück ist ähnlich wie Part 1 aufgebaut und übt eine gleiche Faszination aus. Mir fällt dabei nur der Vergleich des Kaninchens, das vor der Schlange sitzt ein, denn so fasziniert harre ich vor den Boxen aus.

Mit wesentlich sanfteren Klängen wartet „Bochum Sky 3“ auf. Hier sind es schon zu Beginn weite, harmonische Flächen, die allerdings von unterkühlten, industriell wirkenden Synthiesounds konterkariert werden. Gemächlich schreitet dieser Track dahin, ohne die Stimmung der vorangegangenen Stücke aufzuheben. Auch die atmosphärische Gitarre von Oliver Franken passt hervorragend zu diesen Sounds. Ich kann nicht sagen, was den Reiz der Musik ausmacht, aber Steve hat hier ein Händchen für hypnotische, fesselnde Sounds bewiesen.

Es dauert hoffentlich nicht wieder 14 Jahre, bis sich Steve Baltes entscheidet ein weiteres Album auf den Markt zu bringen. Steve vermag es den Hörer trotz seiner recht monoton angelegten Grooves und entspannten Grundmuster zu fesseln. Ambiente Klangformationen treffen auf sanfte Harmoniemuster, die durch eingestreute Sprachsamples eine mystische Atmosphäre bilden. Ein tolles Werk.

Stephan Schelle, Oktober 2014

 
   

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