Stephan Whitlan – Second Site
 

Stephan Whitlan – Second Site
Groove Unlimited(2018)
(
7 Stücke, 78:28 Minuten Spielzeit)

Nach dem 2009’er Album „Tringulation“ und der letztjährigen Zusammenarbeit mit Ron Boots, die in der CD „Seven Days“ mündete, meldet sich Anfang 2018 der irische Elektronikmusiker Stephan Whitlan mit einem neuen Album zurück. Doch Moment, so neu sind die Stücke nicht, denn bei den Tracks auf „Second Site“ handelt es sich um Material, das bereits in die 90’er Jahre zurückgeht. Zwar sind vier der Stücke bereits bei Livekonzerten (u. a. zusammen mit Ron Boots, Harold van der Heijden und Frank Dorittke) aufgeführt worden, bisher sind diese aber noch nicht auf einem Album erschienen.

 

 


Sechs Songs, die einen Titel tragen, sowie ein unbetitelter Track finden sich auf dem randvollen Album. Die Laufzeiten der Stücke liegen zwischen 5:00 und 14:24 Minuten Länge, wobei allein fünf jenseits der Zehn-Minuten-Marke liegen. Die Stücke sind in der Zeit zwischen 1993 und 1999 von Stephan eingespielt worden.

Auch in den Stücken seines neuesten Outputs kommt die Fingerfertigkeit von Stephan Whitlan seinen Tracks zu Gute. Da merkt man, dass hier ein Profimusiker am Werk ist (beruflich ist er Kirchenorganist).

Den Opener macht wahrscheinlich das älteste Stück „Odyssey ‘93“, was ich mal von seinem Titel ableite. Sofort macht sich dieser wunderbare Sound breit. Die Akkorde und Klangfarben kommen einem bekannt vor, weisen sie doch so ein bisschen in Richtung John Dyson. Und genau dieses Flair verbreitet auch der 12minütige Track. Spinett artige Synthieklänge und wunderbare Flächen gehen hier eine tolle Liaison ein. Nach gut zwei Minuten kommt dann noch eine ans Herz gehende Melodie hinzu, unterstützt von Sounds, die nach einer Bassgitarre klingen aber aus dem Synthie stammen. Hier sage ich nur: Augen zu und in Gedanken davonfliegen. Stephan hat diesen Track sehr schön aufgebaut, so dass keine Langeweile aufkommt.

Den Sinn vernebelnde Klangformationen lässt Whitlan dann im folgenden Stück „Leitrim“ auf den Hörer los. Das Stück atmet die gleiche Atmosphäre wie der Opener. Die Hauptmelodie ist vom Klang einfach betörend und sorgt für Gänsehaut.

Xylophonartige Sounds eröffnen dann das mit fünf Minuten kürzeste Stück „... Too Much Time“. Schnell kommen aber weitere Klangmuster auf und Whitlan schichtet immer weitere Sounds aufeinander auf. Das hat so ein bisschen auch einen folkloristischen Anstrich, der dem Track aber gut zu Gesicht steht. Ein sehr fröhliches, eingängiges Stück. Und wenn man dann glaubt es gibt keine Steigerung mehr, dann haut Whitlan mal eben ein wunderbares „Spacetime“ raus. Sequenzer treiben im Hintergrund ihr Wesen während im Vordergrund die Melodien tanzen. Verträumt und leicht melancholisch zeigt sich dagegen „Sad Day“. Das könnte auch gut als Soundtrack-Musik eingesetzt werden. „Pulstrain“ und der unbetitelte Track (hier kommen dann auch gesprochene Passagen vor) beschließen dann dieses wunderbare Album. Vor allem mit dem letzten, fast 14minütigen Track haut er noch mal so richtig einen raus. Das Stück ohne Namen hört sich an, als wäre es bei einem Livekonzert mitgeschnitten worden, so mitreißend geht Stephan Whitlan hier zu Werke.

Schön das sich Stephan Whitlan entschieden hat seine bereits in den 90’er Jahren entstandene Musik noch nachträglich zu veröffentlichen. „Second Site“ ist ein wunderbares Elektronikalbum das nicht nur in den 90’er Jahren in den Schwingungen-Wahlen auf den vordersten Plätzen zu finden gewesen wäre, auch heute macht es durch seine zeitlose Musik eine ausgesprochen gute Figur. Sehr empfehlenswert.

Stephan Schelle, Februar 2018

 
   

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