Spyra - Staub
 

Spyra - Staub
Butterfly Collectors & Spyra (2014)
(
6 Stücke, 50:12 Minuten Spielzeit)

Gut drei Jahre hatte man von Wolfram Spyra nichts mehr in der Elektronikszene gehört. Am 27.09.2014 trat er dann im Bochumer Planetarium auf und präsentierte sein am 24. Oktober 2014 erscheinendes neues Album „Staub“. Passender hätte er sich den Ort für seine Premiere nicht aussuchen können, da das neue Werk doch Planetenstaub zum Thema hat. Bereits an diesem Abend hatte er einige Exemplare dabei, die schnell ihre neuen Besitzer fanden.

 

 


Die CD kommt im vierseitigen Papersleeve, so wie eine Vinylscheibe. Sehr schön dabei ist, dass die CD ebenfalls noch in einer Papierhülle verpackt ist. Das schützt zum einen den Silberling, zum anderen hat man in der Tat den Eindruck eine Mini-LP in den Händen zu halten.

Die Musik des neuen Albums zeigt zwar bekannte Klangmuster des Kasseler Soundtüftlers, auf der anderen Seite sind aber Sounds zu hören, die man so bisher von Wolfram Spyra nicht gehört hat. Sechs Stücke mit Laufzeiten von 6:13 bis 12:20 Minuten finden sich auf dem neuen Album, das recht ambient und spacig daherkommt.

Die ersten Klänge vom eröffnenden, fast siebenminütigen „Dusk“ sind zunächst recht ungewöhnlich. Sie vermitteln zum einen eine gewisse Bedrohlichkeit, auf der anderen Seite aber auch eine enorme Spannung, so wie bei einem guten Thriller. Dann kommt langsam ein Rhythmus zum Vorschein und hellere Klangskulpturen wehen durch den Raum. Dazu kommt noch ein weiterer Rhythmus, so wie von einem Geigerzähler. Das wirkt sehr verstörend und doch faszinierend zugleich. Dröhnende Synthiemuster kombiniert Spyra mit hellen Klangfarben. Nach fast drei Minuten kommen dann auch Sequenzer zum Vorschein, die an „Berliner Schule“ oder auch ihre britischen Vertreter erinnern, aber auch an die Wurzeln Spyra’s reichen. Ab jetzt wird es auch melodischer. Das ist schon mal ein ungewöhnlicher Stil und bisher ungehört. Man kann diese Musik wirklich nicht in eine Schublade stecken, es ist halt Spyra.

Sequenzer der Marke „Berliner Schule“ lassen dann den neunminütigen Titeltrack beginnen. Wunderbar perlende Synthieklänge rauschen am Ohr des Hörers vorbei. Nach etwas mehr als zwei Minuten kommen dann typische „Berliner Schule“-Passagen auf. Zunächst noch etwas düster gehen sie dann aber eine Liaison mit warmen Flächen und Harmonien ein. In diesem Stück ist er in der Tat nicht herauszuhören, sondern könnte ein Act der „Berliner Schule“ sein. Im weiteren Verlauf streut er auch noch einige perkussive Effekte ein.

Bei „Glacier“ nutzt Spyra dann Klänge, die einen Raum zu öffnen scheinen. Eine wunderschöne, glänzende Landschaft breitet sich dabei vor meinem geistigen Auge aus. Die leicht sakral wirkenden Orgelsounds unterstützen dies noch. In der zweiten Hälfte ändert sich das Klangbild und Wolfram scheint sich in eine Art Rausch zu spielen. Typische „Berliner Schule“-Sounds, dann wieder in „Etude“. Wunderbar einschmeichelnde Harmonien und sanfte Rhythmusmuster bestimmen hier das Bild. Auch nutzt Spyra einige analoge Klangformen, die unter anderem nach einem Mellotron klingen. Dazu kann man sich dahin ziehende Sternbilder gut vorstellen.

Dem schließt sich ein verträumtes 12:20minütiges „Ecce Homo“ an. Der Track schwebt förmlich durch den Raum und nimmt im zweiten Teil an Kraft zu. Mit dem mehr als siebenminütigen „Flur“ schließt dann das Album. Basslastige Synthieklänge wabern langsam zu Beginn vor sich hin. Sakral wirkende Harmonien gehen in nach einigen Momenten - gestützt durch Sequenzerrhythmen - in einen Part über, der wieder an die „Berliner Schule“ erinnert. Aber Spyra vermag es diesem Stück seine ganz eigene und besondere Handschrift aufzulegen.

Schön, dass die Pause, die sich Wolfram Spyra (in der er aber nicht untätig war) verschrieben hat, beendet ist. Mit „Staub“ hat er ein sehr spaciges und der „Berliner Schule“ nahes Werk geschaffen. Damit zeigt er einmal ein etwas anderes Gesicht, das ihm aber auch gut steht. Eine gelungen Veröffentlichung.

Stephan Schelle, Oktober 2014

 
   

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