Schiller - Morgenstund Der Klangästhet Christopher von Deylen aka Schiller beglückt mittlerweile schon seit 20 Jahren die Musikfreunde mit außergewöhnlichen Klanglandschaften. Sein Album „Weltreise“ ist bezeichnend, denn Christopher zieht es regelmäßig in alle Regionen unseres Erdballs um nach neuen Klängen zu suchen und Künstler aus aller Welt für sein Musikprojekt zu finden. Dabei schafft er es, dass seine Musik einen hohen Wiedererkennungswert besitzt. So einen eigenen Stil – bei all seiner Klangvielfalt – haben nur wenige Künstler. |
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Gut
drei Jahre sind seit dem letzten, eher durchwachsenen Studioalbum
„Future“ vergangen. Eine Zeit, die Christopher von Deylen nicht nur mit
seinen „Klangwelten“-Konzerten genutzt hat, sondern auch zur alten
Stärke zurückgefunden hat. Für „Morgenstund“ hat er neue Klänge mit
seinem typischen Sound verwoben und damit ein herausragendes Album
produzierte. Damit schließt „Morgenstund“ nahtlos an seine großen
Werke an. 16
neue Stücke im atemberaubenden, einzigartigen Schiller-Sound, entstanden
auf langen Reisen und an außergewöhnlichen Orten. In Metropolen wie
London, Toronto, Berlin und Tehran, aber auch in den Alpen und einem kleinen
Tal in Südtirol, der kasachischen Steppe oder im legendären Genesis-Studio
„The Farm“ in Südengland. „Für
das neue Album war ich sicher länger auf Reisen als für jedes andere Album
zuvor. Es sind oft ferne Landschaften und Städte, die mich faszinieren und
deren Klang ich aufspüre. Als Reisender nehme ich meine Stücke von Ort zu
Ort mit. Sie wachsen und werden in ihrer Struktur immer komplexer. Mal ist
es eine außergewöhnliche Stimme, die mich inspiriert, mal das
Instrumentenspiel im musikalischen Austausch mit anderen Künstlern, sei das
nun die sanfte, persische Dotar von Yalda Abbasi, die prägnante Gitarre von
Mike Rutherford oder die lässige Stimme von Nena. Jedes Stück ist immer
ein Neuanfang, ein Aufbruch“, so Christopher von Deylen über die
Entstehung von „Morgenstund“. Von
Deylen ist bekannt dafür, dass er immer wieder namhafte Künstler für
seine Alben verpflichtet. Beim Durchsehen der Musikerliste fallen sofort
einige bekannte Namen auf. So hat er dieses Mal - wie schon vor ihm die Band
Daft Punk - mit Giorgio Moroder, dem Erfinder des Munich-Discosound (wer
erinnert sich nicht an Donna Summer’s „I Feel Love“) und oscarprämierten
Soundtrack-Komponisten ein Stück komponiert. Es heißt „Lichtjahre“ und
vereinigt die Handschriften der beiden Künstler. Mit
Nena ist der Titelsong des Albums entstanden. Nie hat man die aus Hagen
stammende Musikerin so relaxt und unter die Haut gehend singen gehört.
Thorsten Quaeschning, der nach Edgar Froeses Tod die Elektronikinstitution
Tangerine Dream weiterführt, war dann beim Stück „Morgenstern“, von
dem auf dem Album eine Auszug enthalten ist, beteiligt. Auch hier fließen
die beiden Stile perfekt zusammen. Und im Stück „Harmonia“ hat kein
geringerer als Mike Rutherford (Genesis, Mike And The Mechanics) einen
Gitarrenpart beigesteuert. Neben
dem so beliebten und unverzichtbaren Willkommenstext von Franziska Pigulla,
der deutschen Stimme von Schauspielering Gillian Anderson Scully aus Akte X)
gibt es auch wieder weitere Wortbeiträge.
Diesmal werden sie gesprochen von zwei Charakteren des Hörspiel-Klassiker
„Die drei ???“ – Oliver Rohrbeck alias Justus Jonas (Rezitation
auf „Dreamcatcher, „Avalanche“ und „Morgenstern“) und
Andreas Fröhlich alias Bob Andrews (Rezitation auf „Morgenstund“). „Willkommen“,
mit dem das Album beginnt und das den Hörer sofort in den Schillerschen
Klangkosmos aufnimmt, wird nahtlos in das darauffolgende Instrumental
„Harmonia“ angedockt, bei dem sich die sanften Klänge mit rhythmischen
Motiven von Schlagzeuger Gary Wallis (ein Bekannter von einigen Schiller-
und Pink Floyd-Touren) und Mike Rutherford’s atmosphärisch gespieltem
Gitarrenpart verbindet. Dem folgt mit dem Gesang von Tricia McTeague der
erste Popsong „Universe“. Dieses Stück steht ganz in der Tradition von
Schiller’s poporientierten Gesangsnummern. Wie in der Doku auf der
BluRay zu erfahren ist, wollte Christopher ursprünglich nur dass Scott
McKeon Rhythmusgitarre auf dem Album bei den Stücken „Universe“,
„Avalanche“ und „Love“ einspielt. Nachdem die Aufnahmen aber im
Kasten waren, spielte Scott ein mitreißendes Gitarrensolo, dass Christopher
so gut gefiel, dass er es aufnehmen ließ. Damit ist „Morgenstund“ das
erste Studioalbum von Schiller, auf dem ein Gitarrensolo zu hören ist. „Dreamcatcher“
besticht dann mit einem tollen Rhythmusmuster und einem fetten Beat. Der von
Jhyve gesungene Track versprüht ein unglaubliches Esprit und hat
Hitpotenzial. „Baum des Lebens“ bietet danach atmosphärische Sounds,
die nur Schiller so hinbekommt. Sanft beginnt „Avalanche“ (mit Schwarz)
um dann im Refrain einen treibenden Beat in den Vordergrund zu stellen.
Wieder so eine eingängiger Popsong, der vor allem im Refrain mitreißt. In
den Stücken „Das goldene Tor / Berlin Teheran“ baut Christopher dann
ethnische Klänge ein. Der
Santur-Meister Pouya Sarai lud Deutschlands Elektronik-Künstler Nr. 1 in
sein Tehraner Studio ein, weitere Musiker kamen dazu. Das Ergebnis: „Das
Goldene Tor“ und „Berlin Tehran“, in denen sich die Klänge
klassischer persischer Musik wie selbstverständlich ins Elektronische
verweben. Gesungen wird „Das goldene Tor“ von der Sängerin Yalda
Abbasi. In diesen beiden Stücken verbinden sich kulturelle Element aus
Europa und nahem Osten auf sehr einfühlsame Weise. Mit
Jan Blomqvist entstand ein sehr schöner Clubsong mit dem Titel „In
Between“. Und wie schon oben erwähnt bietet Nena im Titelstück eine sehr
relaxte Performance, die gut zu dem Song passt. Ruhig und sanft zieht dann
„Shangri La“ durch den Raum, bei dem von Deylen bekannte Flächensounds
mit schönen Rhythmusmustern versieht. „Lichtjahre“ mit Georgio Moroder
ist ein treibendes Instrumental, das einfach Spaß macht. Die Melodie ist
hierbei typisch für Moroder. Der zweite Song mit Schwarz, „New Day“
zeigt sich dann als atmosphärischer Popsong. Nach
dem wunderbaren Song „Over You“ und dem mit Thorsten Quaeschning
(Tangerine Dream) eingespielten Instrumental „Morgenstern“ endet das
Album dann mit dem von Rebecca Ferguson eingesungenen „Love“, in das
Christopher wieder ethnische (durch den Santur-Spieler Pouya Sarai) und auch rockige Elemente eingebaut hat. Mit
Rebecca Ferguson hat er wieder eine Sängerin mit einer außergewöhnlichen,
ausdrucksstarken Stimme an Bord geholt. Die
BluRay hat zahlreiches Material zu bieten. Sie beinhaltet neben dem
Audioalbum in den Formaten Stereo, Dolby Atmos und 5.1 Surround Videoclips
zu fünf Stücken des Albums, eine siebenteilige Dokumentation zur
Entstehung des Albums sowie eine halbstündige Aufnahme des Kopfhörerkonzertes
mit dem Titel „Voyage: Panta Rhei“. Als
zusätzliche Extras enthält sie noch eine fast neunminütige Dokumentation
zu den „Klangwelten“-Konzerten mit dem Titel „Klangwelten: Behind The
Scenes“, bei dem Christopher einiges zu den Tourvorbereitungen erzählt
und Bilder von den Vorbereitungen gezeigt werden. Daneben gibt es noch zwei
Fotoalben und eine 6:34minütigen Doku mit dem Titel „Reise, Reise“, in
der in Bildern die Reise nach Teheran gezeigt wird, wo Schiller ein Konzert
vor über 30.000 Fans spielte. Mit
„Morgenstund“ ist Christopher von Deylen aka Schiller wieder ein
herausragendes Album im Elektronik- / Popbereich gelungen, das sowohl
klanglich als auch kompositorisch voll überzeugt. Die beiden Ton- bzw.
Bildträger der Deluxe-Edition, die ich all denen empfehlen kann, die nicht
gleich zu den limitierten Versionen greifen wollen, sind randvoll mit
Material. Mehr geht nicht. Stephan Schelle, März 2019 |
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