Sampler – There Is More …
 

Sampler – There Is More …
Kissing Sounds (2016)

(
15 Stücke, 129:49 Minuten Spielzeit)

Der Elektronikmusiker Christian Gorsky, der als Kellerkind Berlin firmiert, hat mit Kissing Sounds ein eigenes Label gegründet. Die erste Veröffentlichung auf dem Label war 2016 seine CD „Songs For Travelling“. Bis dato war seine Musik im Internet zum Download erhältlich. Anfang 2017 erscheint nun ein Sampler, auf dem 15 Künstler der Elektronikszene versammelt sind, der von allen Musikern finanziert wurde und die ganze Bandbreite der elektronischen Musik aufzeigen will. Dabei sind neben schon bekannten Künstlern auch einige weniger bekannte anzutreffen.

 

 


Jeder Musiker / Act hat einen Track für den Sampler zur Verfügung gestellt. Die unterschiedliche Art zeigt sich auch in der Erstellung der Tracks, bei denen die einzelnen Musiker recht unterschiedliche Herangehensweisen an den Tag gelegt haben. So verwendeten einige ausschließlich ein IPad, andere wiederum bauten klassische Instrumente in ihre von Synthesizern bestimmte Musik mit ein. So hat jeder von ihnen seine ganz persönliche Visitenkarte abgegeben, deren Ursprung nicht immer die „Berliner Schule“ sein muss. Und genau das macht auch den Sampler so spannend.

Folgende Musiker sind mit Stücken auf dem Sampler vertreten:

Grauglanz – Electron Tongues 2017 Remix
Hagen von Bergen – Heartware
Wolfproject – Ikarus
Stan Dart – Molecule
Moeckesch – Okuma
Globotom – Red Horizon
Rocco Müller – Timeless
Ringhausen The Heavenly Gladness Of Digital Distortion
Martin Neuhold – The River Rolls On
Sven Blau – Quadrupol
FM.tronica – Embryo Calling
Realtime – Kilimanjaro 2017 Remix
Christian Fiesel – World Of Glas
WiesenBerg – The Yearning
Kellerkind Berlin – Not Raving

Auf dem ersten Silberling bietet Grauglanz auf seinem Track pumpende, technoide Rhythmen mit akzentuiert eingeflochtenen Harmonien, die in der zweiten Hälfte zunehmen. Sehr perkussiv, allerdings auch experimentell im Darkambient Bereich geht es dann bei Hagen von Bergen zu. Allerding ist dieser Track melodischer wie die Musik seines aktuellen Albums „Der dauernde Fluss“ von Darkest Hagen. Auch kommen in diesem Track einige ethnische (klingt teilweise wie balinesische Perkussion) Soundmuster auf. Ein sehr spannender Track. Flächen, die auf Rhythmusstrukturen von Sequenzer und Drumcomputer gelegt sind, empfangen einen dann bei Wolfproject. Das wirkt wie ein hypnotischer Trip. Der aus Österreich stammende Richard Hasiba aka Stan Dart hat in „Molecule“ herrliche Melodien mit angenehmen Rhythmus versehen das nach einer Abwandlung von Schiller klingt.

Mit „Okume“ vom Hamburger Tom Moekesch findet sich dann ein herrlich melodischer Track auf dem Album, der hymnische Sounds bietet. Der in Gütersloh geborene Globotom bietet mit „Red Horizon“ einen sehr ambienten Track, der mit einem leichten Rhythmus versehen ist und später durch Akustikgitarrensounds eine leicht loungige Note bekommt. Rocco Müller setzt wiederum in seinem Beitrag auf einen fetten Basssound, der mit Sequnzerrhythmen versehen ist und auf den er eine eingängige Melodie setzt. Hiermit macht er schon mal Appetit auf sein zukünftiges Album „Speed Of Town“, in dessen Kompositionsphase das Stück „Timeless“ entstanden ist. Ringhausen hat ebenfalls melodische Elektronikmusik zu bieten, die stilistisch an Stephan Kaske aka Mythos erinnert.

Die zweite CD enthält dann noch mit Martin Neuholds Track „The River Rolls On“ ein wunderschönes, sich langsam entwickelndes Stück, das sanft beginnt und an Rhythmik gewinnt und von eingängigen Melodiebögen durchzogen ist. Sven Blau, der seine Musik selbst „story-telling-music“ oder „moody electro“ nennt, bringt mit „Quadrupol“ eine Spur Düsseldorfer Flair in die Musik. FM.tronica hat seinen Track „Embryo Calling“ wiederum mit fetten Bassbeats ausgelegt, die dann mit Harmonien und Synthiechören versehen werden. Das klingt nach Techno.

Realtime dagegen zeigt eine eigene Variante der „Berliner Schule“ mit sehr schönen Sequenzer-Parts und eingängigen Harmonien die recht spacig wirken. Experimenteller wird es dann in Christian Fiesels „World Of Glas“. Anhand der Sounds, deren Variation sanft voranschreitet, hat man das Gefühl durch ein Spiegelkabinett zu wandeln. WiesenBerg hat ebenfalls einige spacige Sounds auf Lager, die sich langsam entwickeln und später irdischer, manchmal sogar sakral wirken. Zeitlupenartig schwebt seine Musik in „The Yearning“ durch den Raum um in der zweiten Hälfte in einen fröhlich, melodischen Part überzugehen. Den Abschluss hat sich dann der Hausherr des Labels, Christian Gorsky aka Kellerkind Berlin selbst vorbehalten. Er bietet noch einmal sehr melodisch/harmonische Elektronikmusik, die sanft durch den Raum zieht und sich im weiteren Verlauf immer mehr steigert.

„There Is More …“ ist ein guter Sampler, der einige verschiedene Spielarten der elektronischen Musik aufzeigt und auch bestens für den Einstieg in dieses Genre geeignet ist. Sehr empfehlenswert.

Stephan Schelle, April 2017

 
   

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