Rudolf Heimann - Tide
 

Rudolf Heimann - Tide
Spheric Music (2010)
(8 Stücke, 63:56 Minuten Spielzeit)

Der Name Rudolf Heimann sollte den Elektronikfreunden, die in den 90’ern die Schwingungen-Sendung mit Winfrid Trenkler im Radio verfolgt haben, ein Begriff sein. Bereits mit dem Debüt „Strange Delight“ (damals noch auf Vinyl) konnte er bereits Einzug in die Sendung halten. In der Folge veröffentlichte er noch bis 1997 weitere vier CDs, die bei Bernd Kistenmacher’s Label Musique Intemporelle erschienen sind. Durch seine Musik konnte er sich mehrfach in den Schwingungen-Wahlen platzieren so 1992 und 1993 auf Platz drei der Newcomer und mit dem Stück „Coral Island Memories“ schaffte er es 1996 gar auf Platz zwei in der Rubrik „Bester Titel“.

 


Lange Zeit war es in der Elektronikszene ruhig um Rudolf geblieben. Das bedeutet aber nicht, dass er die ganze Zeit über musikalisch untätig gewesen ist. Vielmehr hat er sich auch in anderen Gefilden aufgehalten, so zum Beispiel als Keyboarder einer aus dem Raum Iserlohn stammenden Gothic-Band.

Im letzten Jahr besann er sich dann wieder seiner musikalischen Wurzeln und begann in seinem Wohlklang Studio im sauerländischen Iserlohn neue instrumentale Stücke zu komponieren und aufzunehmen. Man sah ihn bereits im letzten Jahr auch wieder mal auf einigen Veranstaltungen als Besucher. Hier war dann auch schon eine erste Kostprobe in Form einer CDR, die das Stück „Absorbed In Thought“ enthielt, das auch auf der neuen CD enthalten ist, zu bekommen.

Im Frühjahr 2010 ist es endlich so weit, die neue, mittlerweile fünfte CD (die LP „Strange Delight“ und die 2006’er CDR des 93’er Albums „Trancefusion“ nicht mitgerechnet) erscheint unter dem Titel „Tide“ beim Essener Elektroniklabel Spheric Music. Hatte Rudolf in der Vergangenheit auch oft mit weiteren Musikern zusammen gearbeitet und in seine Musik u. a. Gitarre, Bass, Violine, Flöte und Saxophon eingewoben, so agiert er auf „Tide“ allein. Das bedeutet aber nicht, dass sein Markenzeichen von Rock orientierter, melodischer Elektronikmusik vernachlässigt wird, ganz im Gegenteil.

Rudolf hat es mit den Albumtiteln, beginnen doch bis auf sein „Strange Delight“ alle mit dem Buchstaben „T“, so auch das neue Werk, das, wie im Pressetext zu lesen ist, von der Ostseeküste beeinflusst wurde. „Die Titel und Stücke beziehen sich auf Bilder und Eindrücke von Strand und Küste. Doch nicht ferne Südseestrände inspirierten den 40jährigen Vollblutmusiker zu seinen Kompositionen: ‚Die deutsche Ostseeküste mit ihrer entspannten Atmosphäre und den vielfältigen visuellen Eindrücken ist für mich zu meiner zweiten Heimat geworden.’ sagt Rudolf selbst über seine Musik.“ Bei diesem Text liegt es nahe, das man an seichte, vielleicht sogar schlagerartige Musik denkt, doch das ist zum Glück auf „Tide“ nicht der Fall.

Den Einstieg in das Album bekommt der Hörer mit dem sehr eingängigen, fast Ohrwurmartigen „Up & Down The Waves“. Sounds wie von Akustikgitarren, die auf Flächen gelegt sind und ein stampfender, fast tanzbarer Beat bestimmen „Driftwood“. Das hat durchaus Ähnlichkeiten zu Veröffentlichungen von Robert Miles & Co. Mit einem Sound wie aus einem John Carpenter-Soundtrack startet „Staring At The Sea“, das aber alles andere als düster ist. Hierbei handelt es sich um eine romantisch, verträumte Nummer, bei der die Gedanken über die weiten Wasserflächen der Meere fliegen.

 „Awaiting The Tide“, bei dem E-Gitarren-Klänge zusammen mit den Synthies die Melodielinie spielen, ist ebenfalls so ein Ohrwurm, der sich direkt im Hirn festsetzt (mit Anleihen an Tangerine Dream und Alan Parsons). Und dann kommt das Gänsehaut treibende, mehr als zehnminütige „Offshore“, das ein bisschen von Robert Schroeder’s Stil innehat. Nach dem gleichförmigen „Stranded On Your Shore“ kommt der ein wenig an Tangerine Dream und Schiller erinnernde Abschlusstrack „Morphologic Resonance“.

Mit „Tide“ ist Rudolf Heimann ein sehr schönes Comeback gelungen. Wer die bisherigen Veröffentlichungen von Heimann mochte, der bekommt hier neues, harmonisches Futter für die Ohren. Mir gefällt dieser melodische, Songorientierte Stil sehr gut, daher  kann ich die CD nur empfehlen.

Stephan Schelle, April 2010

 
   

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