Riechmann - Wunderbar Im Jahr 1978 sorgte Wolfgang Riechmann’s Debüt Soloalbum mit dem Titel „Wunderbar“ für Furore, verband er in seiner elektronischen Musik doch die Stile der „Berliner Schule“ (Tangerine Dream, Klaus Schulze) mit der „Düsseldorfer Schule“ á la Kraftwerk, Neu! und La Düsseldorf. Vor allem der tragische Vorfall, bei dem Wolfgang Riechmann kurz vor dem Albumrelease durch Zufall Opfer einer Messerattacke in der Düsseldorfer Altstadt wurde, bei dem ihm ein Betrunkener aus Wut über seine Stammkneipe ein Messer in die Brust rammte und er an seinen Verletzungen starb, macht aus dem Werk ein Unikat und Vermächtnis zugleich. |
|
|||
Am 24.07.2009 erscheint bei bureau b die Wiederveröffentlichung des Albums als CD und in einer Vinylfassung. Die CD, die mir vorliegt, enthält die sechs Stücke des Originals. Leider sind keine Bonusstücke enthalten, das ist wohl auch verständlich, blieb es doch bei diesem einzigen Soloalbum von Riechmann. Die CD beginnt mit dem fast sechsminütigen Titelstück, bei dem Wolfgang neben den schon oben erwähnten Stilen zwei weiter Spielarten ins Rund wirft. Das Stück beginnt zunächst mit einem Rhythmus wie bei Kraftwerk’s „TEE“, dieser hält aber nur wenige Sekunden an und wechselt in einen Stilmix aus Eroc’s Wolkenreise und der Musik des schwedischen Elektronikmusikers Bo Hansson. Wolfgang legt so viel Melodie, Rhythmus und Herzblut in diesen Titel, das schon allein wegen dieses Titels der Kauf des Albums lohnt. Ein wirklich unwiderstehliches Stück. Nach diesem sehr beschwingten Anfang folgen eher ruhige, meditative, dahin fließende Stücke, beginnend mit „Abendlicht“, das die Flächen von Schulze / Tangerine Dream besitzt und einen Grundrhythmus, der eher an die Düsseldorfer Fraktion erinnert. Bei „Weltweit“ zündet Riechmann einen flirrenden Sequenzer. Die elektronischen Geräusche klingen dabei wie Wind, der gegen ein Mikro fegt. Dazu bietet Riechmann Synthiesounds und Melodiebögen, die nahe an Klaus Schulze’s Musik herankommen und doch einen ganz eigenen Stil aufweisen. „Silberland“ hat streckenweise etwas bedrohliches, so wie die Soundtrack-Musik von John Carpenter, gemischt mit Flächen á la „Berliner Schule“ und Kraftwerk’schem Stil. Und auch hier trifft das zu, was ich schon bei „Weltweit“ schrieb, Riechmann hat seine eigene Handschrift, bei der zwar einige Anleihen hörbar sind, diese aber nicht so dominant wirken. Weit öffnen sich die Synthiebögen beim fast neunminütigen Stück „Himmelblau“. Man möchte fast meinen, der Himmel reißt auf und zeigt sich von seiner allerbesten Seite. Hier klingt Riechmann ein wenig nach La Düsseldorf. Den Abschluss stellt dann dass nur etwas über eine Minute lange „Traumzeit“ das. Wenn man die recht kurze CD durch hat, wünscht man sich mehr von diesem Stoff. Leider hat aber die Realität dafür gesorgt, dass Wolfgang’s Karriere schon beendet war, bevor sie überhaupt richtig starten konnte und das ist mehr als bedauerlich. Laut Pressetext enthalten die CD und die LP-Version einige bisher unveröffentlichte Fotos sowie Linernotes von Asmus Tietchens, die in meiner Pressekopie aber fehlten. Es tut gut, dass nun endlich dieses wunderbare Kleinod von Riechmann als CD erhältlich ist. Wer in den 80’ern Winfrid Trenkler’s Sendung Schwingungen gefolgt ist, der kommt an dieser CD nicht vorbei. „Wunderbar“ ist eine CD, die ein Freund elektronischer Musik haben muss. Stephan Schelle, Juni 2009 |
||||