René Splinter - Almery
 

René Splinter - Almery
MellowJet Records (2010)
(5 Stücke, 56:03 Minuten Spielzeit)

Nach dem der Niederländer René Splinter Anfang des Jahres auf dem MellowJet-Label mit „Transit Realities“ mit Stücken, die er im Zeitraum 1992 bis 2009 eingespielt hat an die Öffentlichkeit ging, öffnet er nun sein Schatzkästchen und bringt auf dem Nachfolgealbum „Almery“ fünf Stücke heraus, die er bereits zwischen 1988 und 1989 produzierte. Das Album ist somit quasi mehr als 20 Jahre alt, die Musik aber in keinster Weise verstaubt und trocken.

 


Wenn man es nicht besser wüsste, man hätte beim Opener, dem fast achtminütigen „Tunnel Vision“ den Eindruck einen verlorenen Track von Tangerine Dream aus der Zeit der 80’er Jahre zu hören. Bereits dieses Stück atmet in vollen Zügen den Spirit der „Berliner Schule“. Langsam entwickelt sich, mit zunächst weiten Flächen, der zweite Track mit dem Titel „Encom“. Nach einem Intro von gut anderthalb Minuten geht es dann wieder rhythmisch, wie zu Tangerine Dreams 80’er Jahre Sound weiter. Ein mitreißender Track, der tatsächlich vom großen Vorbild stammen könnte. „Encom“ hat alles, was man damals von den großen Berlinern so geliebt hat. Und René hat auch die Strukturwechsel mit teils harten Rhythmusstrukturen (so als säße man in einem D-Zug) in den Track eingebaut. Wer also gerade die 80’er Phase von TD mag, der kommt hier voll auf seine Kosten.

Auch „The Flight Of The Pterodactyl“ ist ein TD-Clon par excellance! Ein Track der einfach so ins Ohr geht und so vertraut und doch neu klingt, das man nicht genug kriegt. Leider ist er mit 4:05 Minuten recht kurz geraten. Doppelt so lang ist dann das Titelstück, das zunächst so klingt als wolle uns René auf einen Trip ins All mitnehmen, denn das Klangbild, das sich hier dem Hörer zeigt, ändert seine Farbe so dass ich an einen steigenden Flugkörper denken muss. Doch nach wenigen Momenten kommen dann wieder diese herrlichen Sequenzer und Flächen, die TD so auszeichneten. Irgendwie überkommt mich bei diesem Sound und den Melodiebögen eine gewisse Melancholie und angenehme nostalgische Stimmung. Ein tolles Stück, das sich langsam immer weiterentwickelt und dessen Rhythmus eine absolut hypnotische Wirkung bei mir erzeugt.

Mit dem Kernstück des Albums, dem 28minütigen „The Laughing Magician“ endet dann dieses rundum gelungene Album. Zunächst hören wir eine weibliche Stimme die undeutlich einen Text spricht und förmlich aus den Boxen wabert. Dann kommen wieder TD-typische Sounds hinzu und der Track bewegt sich langsam aber stetig nach vorn. Nach etwas mehr als zwei Minuten wird es rhythmischer und zu dem TD-Sound mischen sich einige moderne Rhythmen, was den Track ein wenig mehr Eigenständigkeit verleiht, ohne aber die „Berliner Schule“ zu verlassen. Sehr spannend und abwechslungsreich, zum Teil mit ungewohnten Klangfarben, die aber sehr gut zu dem TD-Sound passen, geht es dann im weiteren Verlauf weiter.

René bietet nichts eigenständiges, sondern bewegt sich doch sehr eng am Sound des großen Vorbildes, das macht er aber wiederum so gekonnt, das man diese Scheibe einfach lieben muss. Dazu kommt die sehr gute Produktion, die der Musik ein besonderes Volumen verleiht und die eingestreuten Effekte, die so plötzlich und glasklar aus den Boxen springen, dass man sich als Hörer doch ein ums andere Mal richtig erschreckt. Tolles Album. Wenn René noch weitere derartige Schätze zu heben hat, dann immer her damit. Ein Album ganz nach meinem Geschmack.

Stephan Schelle, Oktober 2010

 
   

CD-Kritiken-Menue