Remy & My Breath, My Music – Sessions 2012
 

Remy & My Breath, My Music – Sessions 2012
Deserted Island Music (2013)
(4 Stücke, 61:27 Minuten Spielzeit)

Viele sprechen immer von der Integration behinderter Menschen. Der niederländische Elektronikmusiker Remy Stroomer zeigt uns an einem praktischen Beispiel, wie das bestens funktionieren kann. Zusammen mit dem Projekt My Breath, My Music hat er mit behinderten jungen Menschen eine Platte mit dem Titel „Sessions 2012“ eingespielt. Während Remy an seinen Keyboards und Synthesizern agiert, steuern die im Rollstuhl sitzenden Jugendlichen, die durch ihre Behinderung in ihrer Bewegung stark eingeschränkt sind, Klänge hinzu, die mit der Magic Flute erstellt wurden.

 


Bei der Magic Flute handelt es sich um ein eigenständiges Blasinstrument, das ohne Hände gespielt werden kann. Die Magic Flute besteht aus zwei getrennten Teilen: der Flöte und einem Steuermodul mit Display. Das Mundstück, die Flöte, ist auf einem Stativ fest angebracht und lässt sich darüber hinaus mit dem Mund bewegen. Über dieses Mundstück bläst man hinein und der Ton wird je nach Dynamik bzw. Stärke des Blasens in der Lautstärke verändert. Die Bewegungen des Mundstückes sorgen dann für die Veränderung in der Tonhöhe. Außerdem kann ohne weitere Hilfe einer anderen Person der Spieler den Klang wechseln oder die Benutzereinstellungen bzw. das Menü des Steuermoduls bedienen.

Unter Mitwirkung des Entwicklers der Magic Flute und Gründer der My Breath, My Music-Stiftung, Ruud van der Wel entstand die CD „Sessions 2012“. Neben Remy Stroomer waren die vier Mitglieder der Stiftung Karin van Dijk, Christian Gouweleeuw, Korneel Oskam und Glenn Nugteren an der musikalischen Umsetzung beteiligt.

Stilistisch bewegen sich die vier enthaltenen Stücke, die allesamt mehr als 13 Minuten Spielzeit aufweisen, im typischen Remy-Stil, der sich am Sound der „Berlin Schule“, so wie sie von Klaus Schulze gespielt wird, orientiert. Mit „Temptatio“, das eine Mischung aus Klaus Schulze und Ron Boots darstellt, beginnt die CD. Schon hier ist nicht zu erkennen, dass neben Remy auch behinderte Musiker am Werk sind. Qualitativ lässt sich da nun wirklich kein Unterschied erkennen.

Das 17minütige „High Places“ bietet herrliche Klangcollagen (erinnert hier in einigen Passagen eine Spur an den atmosphärischen Vangelis-Stil - wie zu „Bladerunner“-Zeiten). Ein sehr atmosphärischer Track der im weiteren Verlauf an Rhythmik zunimmt. „Hunter“ wird von elektronisch erzeugten Akustikgitarrenklängen, so wie man sie auch von Schulze her kennt, bestimmt. Im zweiten Teil kommen auch schräge Synthieklänge dazu, die aus dem Track etwas Besonderes machen. Den Abschluss bildet dann das durch Saxophonsounds leicht jazzig angehauchte „Full Moon“.

Das Musik keine Grenzen kennt, das beweist uns einmal mehr die Zusammenarbeit von Remy Stroomer mit Behinderten Menschen der My Breath, My Music-Stiftung. Remy beweist damit, dass es möglich ist gesunde und behinderte Menschen zusammenzubringen. Wer die Musik von Remy mag und wer vor allem diese wunderbare Idee unterstützen will, der sollte unbedingt zu der CD greifen und somit für eventuell weitere Kollaborationen sorgen. Hohe Empfehlungsstufe (allein schon wegen der Idee).

Stephan Schelle, Oktober 2013

 
   

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