P’Faun – Live In 2018
Groove Unlimited (2023)

(
6 Stück, 76:34 Minuten Spielzeit)

P’Faun nennt sich das Musikprojekt von Schlagzeuger Tommy Betzler, Michael Brückner (Keyboards/Synthesizer) und Gitarrist Sammy David. Im Herbst 2018 wurde P’Faun eingeladen, an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden live auf zwei Veranstaltungen zu spielen - dem E-Live Festival, damals noch im De Enck in Oirschot, Niederlande, und dem Dinosaurier-Treffen in Bocholt, Deutschland. Bei beiden Gelegenheiten wurden Gitarrist Sammy David, Schlagzeuger Tommy Betzler und Keyboarder/Synthesizer Michael Brückner von ihrem guten Freund, dem Perkussionisten und Soundscaper Volker Lankow, unterstützt.

 

 


Während beide Konzerte vom Publikum wohlwollend aufgenommen wurden, wurde die Band von technischen Problemen geplagt, die das Auftreten (und die Aufnahme) zu einer Herausforderung machten. Ursprünglich war geplant, beide Konzerte - die unterschiedliche Setlists hatten - als Doppel-Live-CD zu veröffentlichen, aber nur etwa 60 % des Konzerts bei E-Live wurden ordnungsgemäß aufgezeichnet, so dass die ersten beiden Titel („The Trip“ und der „So Ham“-Teil des Medleys) von Probeaufnahmen übernommen wurden. Nichtsdestotrotz ist die Begeisterung, der Schwung und der Einfallsreichtum der Band in voller Länge gut erhalten...

Am 24.11.2023 erschien das Album „Live in 2018 – E-Live & elswhere …“ bei Groove Unlimited. Die CD erscheint in einem Jewelcase mit sechsseitigem Booklet, in dem sich einige Livefotos der Protagonisten befinden. Bei den sechs enthaltenen Stücken handelt es sich um vier Livemitschnitte vom Konzert beim E-Live-Festival in Oirschot sowie zwei Tracks, die während Liveproben entstanden sind.

Außer fünf Kompositionen von P’Faun findet sich mit dem 10:39minütigen „House In The Storm – Part 2“ auch noch ein Track von Tommys Band P’cock vom 1981’er Album „In’cognito“ (war auch schon als Studioversion auf dem P’Faun-Album „The Golden Peacock“ enthalten) im Liveset. Das Album ist dem verstorbenen Michael Renzel, Gründer des Dinosaurier-Treffen, bei dem P’Faun ebenfalls 2018 live auftraten, gewidmet.

Gestartet wird mit dem bisher unveröffentlichten Stück „The Trip“. Das 15:33minütige Stück beginnt zunächst mit der kurzen Ansage von Ron Boots. Dann setzen sanfte Keyboardklänge ein. Nach einer Minute kommen Mellotronsounds und nach etwas mehr als zwei Minuten dann auch Gitarre und akzentuiertes Schlagwerk hinzu und vermischen sich mit perlenden Synthesizerklängen. Ab Minute Vier setzt dann ein Sequenzerrhythmus ein und es entwickelt sich langsam eine hypnotische Stimmung. Jetzt agiert das Quartett traumwandlerisch und zieht die Hörer in einen Mahlstrom. In der Hälfte des Stückes setzt Sammy David zu einem herrlichen Gitarrensolo an, das leicht rockige Züge aufweist, aber perfekt in den Gesamtsound passt. Ein unglaubliches Stück, das zwischen traditioneller Elektronik und Krautrock wandelt.

Weiter geht es mit einem Medley aus „So Ham“ und „Gaia“. Bei diesem Mitschnitt aus den Rehearsals gingen P’Faun etwas sphärischer vor, als es die druckvolle Studioversion vom Album „The Golden Peacock“ wiedergab. Das ist eine perfekte Mischung aus Rock und Elektronik. Während Tommy mit seinem Schlagzeug den Takt vorgibt und Michael herrliche Keyboardflächen, Harmonien und Pianomelodien einbringt, sind vor allem die Soli von Sammy David an der E-Gitarre grandios gespielt.

Nach Vorstellung der Band geht es dann mit dem Stück „House In The Storm - Part 2“ weiter. Michael Brückner erklärt, dass dies eine Coverversion des gleichnamigen P’cock-Stückes ist. Der Liverversion wurde dann ein etwas anderer Beginn hinzugefügt, bei dem Sammy an der Akustikgitarre ein wenig improvisiert und gleich zu Beginn ein kurzes Blitzlicht der Titelmelodie von „Pipi Langstrumpf“ einbaut. Nach gut zwei Minuten setzt dann der Sequenzer ein und jetzt wird es sehr elektronisch, während Tommy und der Sequenzer einen Rhythmus heraushauen, der sich wie eine schnelle Fahrt mit einer Dampflok anhört. Darunter legt Michael dann seine Flächen und Harmonien. Sammy setzt dann herrliche Gitarrensoli darauf. Das Stück wurde ein wenig umarrangiert, ohne den Spirit zu unterdrücken.

Danach stand dann das Stück „Only One Life“ vom P’Faun-Debüt „sp’roque“ auf dem Programm. Sammy beginnt mit einer atmosphärischen Gitarrenpassage in die sich nach etwas mehr als einer Minute Keyboardsounds mischen. Das hat zunächst etwas von Klaus Schulzes Stil. Sanft zieht dieser Track zunächst durch den Raum. Nach gut zweieinhalb Minuten mischen sich Perkussion und elektronische Rhythmusmuster hinein. Dazu kommt ein Bass der nun eine Harmonie spielt. Das klingt verträumt und hypnotisch zugleich. Wenn dann noch Sammy in die Saiten seiner E-Gitarre greift, kommt Gänsehaut-Feeling auf. Nach etwas mehr als fünf Minuten setzt dann auch Tommy am Schlagzeug ein und verleiht dem Stück einen rockigen Charakter. Zum Ende hin haut Sammy dann noch mal ein druckvolles Solo raus.

Das Quartett spielte dann eine Variante des Improvisationsstückes Die „P’Quences“ (vom Album „The Golden Peacock“. Dieser 11:42minütige Track war der elektronischste im Set. Das Stück zeigte sich etwas ruhiger als in der Studioversion und klang so ein bisschen nach dem Sound der niederländisch/deutschen Formation MorPheuS.

Abgeschlossen wird die CD mit einer Liverversion von „Blue Pearls Part 1 & 2“, deren Studioversion ebenfalls auf dem „The Golden Peacock“-Album zu finden ist. In dieser Version eröffnete Volker Lankow das Stück mit einigen akzentuierten Rhythmen an den Perkussioninstrumenten. Dann kommen nach wenigen Momenten flächige elektronische Sounds auf. Sammy setzt dahinein einige Gitarrenlicks die einen leicht floydigen Touch aufweisen. Dann nimmt das Stück Fahrt auf und wird rhythmischer und auch rockiger. Eine tolle Kombination aus Elektronik und Rock, wobei der Fokus hier mehr auf den rockigen Elementen liegt. Für mich das Highlight des Albums.

„Live in 2018“ ist ein sehr schönes Livedokument der Formation „P’Faun, die sich für das Konzert um den Perkussionisten Volker Lankow verstärkt hat. Die Stücke wurden in den Liveversionen in umarrangierten Fassungen dargeboten und stellen so eine gelungene Erweiterung zu den Studioalben dar. Darüber hinaus findet sich mit dem 15:33minütigen „The Trip“ noch ein neues Stück auf dem Album.

Stephan Schelle, Februar 2024

 
   

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