Otarion - Prayer From The Deep
 

Otarion - Prayer From The Deep
MellowJet Records (2020)
(10 Stücke, 70:53 Minuten Spielzeit)

Im Herbst 2020 erscheint das neue Album von Rainer Klein aka Otarion. Es trägt den Titel „Prayer From The Deep“. Was zunächst auffällt ist wieder das tolle Coverartwork, das ein Segelschiff in stürmischer See zeigt. Ähnlich wie der Amerikaner Neal Morse so vertont auch Rainer Klein immer mal wieder biblische Themen. Das hat er bereits im Jahr 1997 mit seinem Album „Es werde Licht“ gezeigt. Auch das neue Album ist in diesem Kontext erscheinen.

 

 


Die Geschichte von „Prayer From The Deep“ dreht sich um die Geschichte des Propheten Jona, und seinem widerwilligem Verhalten, seinem Auftrag zu folgen. Musikalisch hat sich Rainer in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und präsentiert eine Mischung aus Elektronikmusik und Progressive- und Postrock. Dabei finden sich auf „Prayer From The Deep“ auch recht heftige Passagen, was auf die „stürmische“ Geschichte hindeutet. Und da passt natürlich auch das Cover von der stürmischen See sehr gut ins Konzept.

Die Hörgewohnheiten von Rainer haben sich auch auf seine letzten Alben ein wenig abgefärbt. So hat er, während er das 2018’er Album „Under Surface“ produzierte, unter anderem sehr gerne Anathema’s „The Optimist“ gehört und bei dem 2019’er Album „Extensive“ waren es verschiedene CD’s von Collapse Under the Empire, welche ihn inspiriert haben. Während der aktuellen Produktion hat er besonders Mono und Playgrounded im Player gehabt und die Progressiverock-Elemente sind unter anderem auf Gazpacho zurückzuführen, die ihn ebenfalls inspirieren.

Die CDR weist zehn Stücke mit Laufzeiten von 4:02 bis 9:05 Minuten Länge auf. Allerdings empfiehlt es sich das Album in einem Stück zu hören, da sie sehr kompakt zusammengefügt wurden und eine Einheit bilden, auch ohne nahtlos ineinander überzugehen.

Mit Soundeffekten (hört sich ein wenig nach Wasserrauschen an) und leicht düsteren Klängen startet Otarion im neunminütigen Opener „Son Of Amittai“ in das neue Album. Langsam entwickeln sich weitere, hellere Klangfarben, die dann an Dynamik gewinnen. Nach drei Minuten setzt Rainer dann erste akzentuierte Punkte durch die E-Gitarre, während sich synthetische Harmonien bilden, die dann wenige Momente später in eine unverkennbare Otarion-Melodie mit leichtem Schlagwerk übergehen. Das hat bereits ein leichtes Flair von Postrock/Elektronik. Die Musik steigert sich im weiteren Verlauf immer mehr und sorgt durch das Schlagzeug und die Gitarren für einen druckvollen Part. Rainer schafft es den Hörer durch die leicht ansteigende Dynamik in einen hypnotischen Sog zu ziehen. Das ist wirklich klasse gemacht.

Auch das folgende „The Order“ beginnt zunächst sehr ruhig und die Harmonien lassen einen die Weite des Meeres spüren. Dann setzen nach anderthalb Minuten sehr schöne Harmonien ein, die sich in eine verträumte Melodielinie wandelt und nach wenigen Momenten durch das Schlagzeug wieder einen rockigen Touch bekommt. Hier trifft vor allem Elektronik auf Progressiverock. Auch in diesem Stück spielt Rainer mit der Dynamik, denn die nimmt im Verlauf immer weiter zu, um am Ende ruhig auszuklingen. In diesem Stil ist das komplette Album aufgebaut. Rainer schafft es immer wieder herrliche Melodien mit teils schwebenden, dann wiederum recht druckvollen Passagen zu kombinieren.

Der Beginn von „Towards Jafo“ zeigt zu Beginn leicht sakrale Klänge und wechselt dann in eine verträumte Passage, die unter die Haut geht. Auch wenn Rainer wieder zwischendurch die Dynamik etwas hochschraubt, zeigt sich dieser Track doch von einer eher ruhigen Seite. In „The Residence Of Nimrod“ zündet Rainer dann aber wieder ein rhythmisches Feuerwerk. Das abschließende „Salvation From The Lord“ ist dann ein Track, bei dem Percussion und Schlagzeug außen vor bleiben. Schwebende Flächen, gelegentliche Pianotupfer, leichte Gitarrenlicks und sakrale Chöre bestimmen hier dann das Bild.

Die Geschichte von „Prayer From The Deep“ soll auf dem nächsten Otarion-Album „No Time Was Lost“ fortgeführt werden. Dann soll es aber nicht so druckvoll, sondern ruhiger zugehen.

Rainer Klein, der als Otarion firmiert, entwickelt sich von Album zu Album kontinuierlich weiter. Hat er als reiner Elektronikmusiker begonnen, so sind seine aktuellen Alben aus einer Mischung von Elektronik- und Rockmusik aufgebaut. Dabei haben auf dem aktuellen Album „Prayer From The Deep“ neben Progressive Rock auch Postrock-Elemente den Weg in seine Musik gefunden. Eine sehr gelungene Mischung, die Rainer da zusammengebraut hat. Klasse Album.

Stephan Schelle, November 2020

 
   

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