Otarion - Logos
 

Otarion - Lógos
MellowJet Records (2023)
(12 Stücke, 73:42 Minuten Spielzeit)

Rainer Klein, der als Otarion seit vielen Jahren seine Musik veröffentlicht, hat sein Spektrum von anfänglicher elektronischer Musik seit einiger Zeit in Richtung Rock und Postrock verschoben. Elemente aus traditioneller Elektronikmusik sind aber auch weiterhin in seiner Musik zu finden. Auf den letzten Alben befasste sich Otarion mit biblischen Themen. Dies führt er auch auf seinem neuesten Album, das den Titel „Lógos“ trägt und im Frühjahr 2023 veröffentlicht wurde, fort. Mit Lógos (das Wort) beschreibt Johannes in seinem Evangelium Jesus Christus, den Sohn Gottes, der als Mensch in diese Welt kam.

 

 


Den unglaublichen Weg von Jesus Christus, die reinen Gnade der Liebe zu den Menschen, hat Otarion musikalisch in 12 Kompositionen umgesetzt und im Alleingang eingespielt. Im Booklet hat Rainer die Passagen in der Bibel, auf die sich die Instrumentalstücke beziehen, gekennzeichnet. Er hat sich bei den Stücken seines neuen Albums von Bands wie Sleep Token, Pray For Sound, Mono und There’s A Light inspirieren lassen.

Das Album startet mit dem 9:21minütigen „Announcement Of The Savior“. Flirrende Synthiesounds bilden den Anfang und werden nach wenigen Momenten durch basslastige Synthstimmen ergänzt. Das wirkt zunächst bedrohlich und spannend zugleich. Nach gut anderthalb Minuten schält sich dann aber durch Schlagzeug und eine Melodielinie ein Postrockartiger Track heraus. Hier zeigt sich schon in welcher Perfektion Rainer Klein die elektronische Musik mit Postrock verbindet. Druckvolle Passagen wechseln sich dann mit ruhigeren, hymnischen ab und gleiten sanft dem Ende entgegen.

Das 4:03minütige „Birth Of The Lord“ beginnt zunächst leicht sakral, wechselt aber schnell in einen poppigen, wavigen Part mit eingängiger elektronischer Melodielinie. „John The Baptist And The Baptism Of Jesus“ besticht durch einen hohen Spannungsbogen, der durch rhythmische Elemente, melodische und dann wiederum atmosphärische Parts dominiert wird. Das hat was von Soundtrackmusik.

Mit gefährlich wirkenden, elektronisch erzeugten Sounds, die zum einen nach einem fauchenden wilden Tier klingen, sich dann aber auch nach einem Rauschen anhören, leitet Otarion in das 7:24minütige „Temptation In The Desert“ ein. Flächige Sounds wabern leicht, in die Rainer dann zunächst noch sanfte Klangtupfer streut, die aber druckvoller werden und sich ab Minute 2 dann in einen rockigen Part transformieren. Hier kommt nicht nur Schlagzeug, sondern auch die E-Gitarre zum Einsatz, was das Stück dann wieder in Richtung Postrock treibt. Dieser wechselt sich dann mit atmosphärischen, rein elektronischen Passagen ab. Das passt hervorragend zusammen und fesselt über die volle Länge.

Danach wird es im 3:53minütigen „The Spirit Of The Lord Is Upon Me“ wieder sehr ruhig und beschaulich. Das 7:25minütige „The Transfiguration“ wird über weite Strecken von sich nur leicht verändernden, synthetischen Klangschwaden und einer sanften Melodielinie bestimmt. Erst nach gut vier Minuten kommen dann Schlagzeug, Bass und Gitarre auf, die dem Ganzen einen sanften rockigen Anstrich verleihen.

„Jesus Prayer“ bietet mit seinen 5:30 Minuten Spielzeit einen erneuten Ruhepol, bei dem flächige Harmonien durch den Raum schweben, die einige Male mit perlenden Klängen verwoben werden. Im folgenden, 9:07minütigen „Exaltation On The Cross“ wird es wieder druckvoller und rhythmischer. In den ersten zwei Minuten wirkt das durch die repetitiven Rhythmen hypnotisch und bekommt später durch Schlagzeug, Gitarre und härtere Synthsounds wieder ein rockiges Gewand. Zum Ende hin lässt Otarion das Stück dann atmosphärisch ausklingen.

Nach dem sanften, atmosphärischen, 2:45minütigen „Sheol“ wird dann im 7:26minütigen „Resurrection Of Jesus Christ“ wieder eine Mischung aus atmosphärischer elektronischer Musik und sanft rockigen Klängen geboten, die im Verlauf an Druck zunehmen. Das verträumte, 4:49minütige „The Ascension“ und das wunderbare, zwischen sanften und druckvollen Passagen wechselnde, 8:42minütige „Pentecost“ beschließen dann das Album.

Rainer Klein aka Otarion versteht es auf perfekte Weise elektronische Musik und Postrock miteinander zu verknüpfen, so dass ein spannendes Werk entsteht, dem man sich einfach hingeben muss. Wie schon bei den Vorgängeralben ist auch „Lógos“ ein qualitativ starkes Album geworden.

Stephan Schelle, März 2023

 
   

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