Nattefrost – Tracks From The Archives
 

Nattefrost – Tracks From The Archives
SynGate Records (2009)
(13 Stücke, 67:14 Minuten Spielzeit)

Der aus Dänemark stammende Bjørn Jeppesen verbirgt sich hinter dem Pseudonym Nattefrost. Spätestens mit seinem Auftritt beim zweiten Ambient Experience in Wuppertal (2008) bzw. mit seinem Album „Transformation“ schlug er in der Elektronikszene ein, was ihm unter anderem bei der Verleihung des Schallwelle-Preises eine Nominierung in der Rubrik „Bester Künstler“ einbrachte. Das letztjährige „Transformation“-Album war die bereits fünfte Veröffentlichung (zwei EPs und drei CDs) unter dem Namen Nattefrost, Zeit also mal die Archive nach weiterem Material zu durchforsten.

 


Genau das hat Bjørn gemacht und auf der hier vorliegenden CDR (Cover und Inlay sind professionell gedruckt) „Tracks From The Archives“ einige bisher unveröffentlichte Stücke sowie Live- und remixte bzw. alternative Tracks auf einer CD versammelt.

Nicht ganz chronologisch hat Bjørn die Stücke, die zwischen 2:24 und 9:06 Minuten lang sind, auf dem Silberling platziert, das tut der Gesamtstimmung aber keinen Abbruch. Mit einer alternativen Version von „The Magic Of Forgotten Times“ von der EP „Vejen til Asgárd“ startet das Album im typischen Nattefrost-Stil. Hauptbestandteil ist der Sequenzer, der hier den Takt vorgibt und auf dem Bjørn seine Harmonien legt. Durch einen reinen rhythmischen Mittelteil werden die beiden unterschiedlichen Parts dieses Openers getrennt.

Mit „Einkaufen“ (Bjørn scheint hauptsächlich bei schlechtem Wetter einkaufen zu gehen, denn der Track beginnt mit Donner) aus dem Jahr 2005 und „Nightfall“ aus 1999 stehen dann die ersten bisher unveröffentlichten Tracks an. „Einkaufen“ gefällt mir klar besser, da „Nightfall“ eine etwas härtere Struktur hat und für meinen Geschmack noch etwas holprig klingt, aber trotzdem schon den typischen Nattefrost-Stil zeigt. „Vejen til Asgárd“ von der gleichnamigen EP liegt dann als Mix von Carsten Ji vor. Das Stück hat einen großen Raumklang.

Sehr sphärisch/futuristisch – wie ein Gang durch eine zerstörte Einöde – klingt der Beginn der Demo „Valhal“ (von „Absorbed In Dreams And Yearning“) im ersten Teil. In der zweiten Hälfte kommen Harmonien und schöne Melodien hinzu. Allerdings klingt das noch wie eine Aneinanderreihung von Ideen. Als nächstes folgt das dritte bisher nicht veröffentlichte Stück, es trägt den Titel „Technological Revenge“ und der passt ganz gut, klingt er doch etwas technisch und unterkühlt.

Die Alternativversion von „Underneath Another Nightsky“ von „Underneath The Nightsky“ ist zum einen um mehr als zwei Minuten verlängert worden und hat einen wärmeren Klang sowie einige zusätzliche Harmonien und Instrumentierungen (z. B. Flöten- und Gitarrensounds). Diese Version ist eindeutig die bessere. Mit „Norrøn“ ist ein weiterer Remix auf dem Album, der von einer EP stammen muss. Vor allem die Gitarrensounds machen diesen Track sehr reizvoll und lassen ihn in die Nähe von „Transformation“ rücken. „Hjertestop“ ist der einzig gesungene Titel auf dem Album. Die Synthies klingen in diesem Stück wie bei den Pet Shop Boys.

Der Remix von „Transformation“ klingt durch die harten Drumrhythmen sehr technolastig, ohne dass einem aber die Bässe um die Ohren gehauen werden. Vielmehr wird der Titel dadurch in die Nähe zu Kraftwerk gerückt. Es folgen mit „Decadence“, „Searching For A Distant Planet“ und „Descending From The Stars“ drei Livestücke, die in Wuppertal und Kopenhagen mitgeschnitten wurden. Obwohl „Decadence“ eine absolute Faszination ausstrahlt, hätte ich mir als Livetrack das unwiderstehliche, mit Robert Schroeder zusammen gespielte „Kopenaachen“ gewünscht. Der Klang der Liveaufnahmen fällt etwas gegenüber den Studiotracks ab. Sie klingen, als seien sie mit einem Außenmikro aufgenommen worden. Das gibt allerdings die Atmosphäre bei den Konzerten gut wieder.

„Tracks From The Archives“ ist ein guter Einstieg für Elektronikfreunde, die bisher Nattefrost nicht kennen. Für Fans bietet die CDR auch einige Schmankerl, da neben drei bisher unveröffentlichten Stücken auch drei Liveversionen und zwei alternative Versionen auf dem Silberling zu finden sind. Und der Remix von „Transformation“ schlägt das Original um Längen. Klanglich steht die CDR den bisherigen Veröffentlichungen in nichts nach. Das Album ist eine gute Ergänzung zu den bisher erschienenen Alben von Nattefrost.

Stephan Schelle, September 2009

 
   

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