Mutagénèse - Microcosm
 

Mutagénèse - Microcosm
SynGate Records (2023)

(5 Stücke, 53:10 Minuten Spielzeit)

Mutagénèse nennt sich ein Musikprojekt aus Kanada. Das Wort bedeutet soviel wie die Erzeugung von Mutationen im Erbgut von Lebewesen. In der biologischen und medizinischen Forschung sowie in der Züchtung wird die Mutagenese eingesetzt, um erwünschte Eigenschaften zu erreichen. Anfang 2023 erschien das Album „Microcosm“. Mutagénèse ist in Kanada bereits ein etabliertes elektronisches Projekt mit einer beachtlichen Anzahl an regelmäßigen Hörern etwa auf Spotify.

 

 


Die musikalischen Wurzeln von Mutagénèse liegen hauptsächlich in der Berliner Schule, aber auch von Künstlern wie Jean-Michel Jarre, Steve Roach, Brian Eno, Future Sound of London und Autechre. Zwischen Ambient, Atmospheric und Electronic erforscht die Musik von Mutagénèse Klangstrukturen.

Und genau das bieten Mutagénèse auch auf dem Album, das fünf Longtracks beinhaltet. Mystisch und ambient zeigt sich der 7:24minütige Opener „Biosynthesis“. Es wird dabei kein Wert auf Melodien gelegt, vielmehr werden Stimmungsbilder erzeugt, die aber sehr atmosphärisch und harmonisch klingen. Immer wieder werden ungewöhnliche rhythmische Elemente eingestreut.

Das folgende „Homeostasis“ ist 13:16 Minuten lang. In diesem Stück gehen Mutagénèse ähnlich wie im Opener vor. Allerdings wirkt das Stück durch flirrende Synthstimmen, die das Stück durchziehen, recht spacig und mir kommen komischerweise alte Science Fiction-Filme dabei in den Sinn. Der Sound verbreitet sich wie in einem fiebrigen Traum.

Als nächstes steht dann das 8:06minütige „Inside Proteus“ auf dem Programm. Flächen und Synthchöre bilden in diesem Stück den Gegenpol zu unterkühlten Sounds. Dann ändert sich nach gut zweieinhalb Minuten das Bild und es bleiben sanfte Flächen zurück. Insgesamt wirkt das Stück aber surreal.

Mit dem 12:56minütigen Stück „Biowaves“ folgt ein weiteres, recht surreales Stück, das durch rauschende Sounds bestimmt wird und eine eigenartige Stimmung verströmt. Vor meinem geistigen Auge kommen dabei Bilder einer verlassenen Raumstation auf. Das Album endet dann mit dem 11:28minütigen „Morphogenesis“. Das Stück wirkt ebenfalls recht unwirklich und surreal.

Man kann die Musik nicht wirklich beschreiben, da sie im stetigen Wandel ist und doch homogen wirkt. Mit der „Berliner Schule“ hat das Album aber nichts zu tun. Alles wirkt recht surreal und teils experimentell. Die Stücke strahlen, auch wenn sie recht ambient daherkommen und lediglich Stimmungsbilder erzeugen, doch eine gewisse Faszination aus, der man sich kaum entziehen kann. Die Musik muss man dabei in Ruhe auf sich wirken lassen. Man sitzt vor den Boxen bei der Musik wie das Kaninchen vor der Schlange.

Stephan Schelle, April 2023

 
   

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