Moonbooter – World Of Apes 2
 

Moonbooter – World Of Apes 2
MellowJet Records (2011)
(13 Stücke, 75:35 Minuten Spielzeit)

Vor einem Jahr veröffentlichte Bernd Scholl sein Moonbooter-Album „World Of Apes 1“, bei dem er sich mit der Thematik des atomaren Wettrüstens musikalisch auseinandersetzte. Im Herbst 2011 folgt nun die Fortsetzung auf der CDR „World Of Apes 2“. Lagen die Themen auf der ersten CD noch im Zeitraum vor Bernd’s Geburt, so widmet er sich auf der neuen CD aktuelleren Ereignissen wie etwa Titel wie „Fukushima“ aufzeigen. Und im Innenteil der CD sehen wir Bernd enttäuscht auf dem Boden sitzen und den Schriftzug darüber prangen „The Madness Continues“. Ja, der Wahnsinn geht weiter, wenn auch auf eine andere Art und Weise. Haben wir Menschen eigentlich aus unseren Fehlern gelernt? Ich glaube das manchmal nicht.

 


Bernd sagt selbst zur Produktion: Ziemlich geschafft beendete ich bereits Anfang 2010 meine Arbeit am Prolog der „World of Apes“-Trilogie. „World of Apes 1“ kostete viel Kraft...weit mehr, als ich geglaubt hatte. Auf die Frage, ob es noch einen oder weitere Fortsetzung geben würde, wollte und konnte ich lange Zeit nicht antworten. Ich benötigte Abstand zum abgeschlossenen Album. Im Laufe der Zeit bemerkte ich aber, dass die Art, wie ich mich musikalisch mit dem Thema „nuklearer Wahnsinn“ auseinander gesetzt hatte, die Menschen interessiert und zum Nachdenken anregt, was auch durch die atomare Katastrophe im März 2011 in Fukushima unterstützt wurde. So sammelte ich musikalische Skizzen zu den Themen, die mir für eine Fortsetzung am Herzen lagen und die in meiner Kindheit und Jugend eine Rolle spielten. Pershing 2, Tschernobyl, StarWars, The Day after, Wargames, Anti-Atom-Bewegung und vieles mehr, waren die nuklearen Erinnerungen aus dieser Zeit. Nachdem ich im Dezember 2010 mein Album „Cosmologica“ abgeschlossen hatte entschied ich mich dafür das Thema „World of Apes 2“ anzugehen. Und: Die Arbeit machte von Anfang an richtig Spaß.

Während die meisten Themen auf „World of Apes 1“ aus einer Zeit vor meiner Geburt stammten (und so schwer zu erfahren waren), hatte ich die 70er bis 90er Jahre bewusst miterlebt. Und dies spiegelt sich letztendlich auch in der Musik wider, die weniger schwer zu klingen scheint. Zum ersten Mal seit Jahren war das Album plötzlich und ohne Vorwarnung fertig. 4 Songs habe ich schlicht aus Platzmangel nicht mit auf das Album nehmen können. Summa summarum: „World of Apes 2“ ist ein sehr abwechslungsreiches, manchmal rhythmusbetontes, aber insgesamt verspieltes Werk voll mit aktueller elektronischer Musik geworden. Pop-Tupfer waren gewollt. Gesungen habe ich diesmal selbst.

Das erneute Konzeptalbum beginnt mit dem Stück „Tamed In Apeland“. Es beginnt mit einem amerikanischen Radiotrailer und startet dann in den typischen Moonbooter-Sound, der wieder keine Wünsche übrig lässt. Klanglich haut einen das Album vom ersten Ton an wieder mächtig um. Wie Bernd oben selbst schreibt, klingen die Stücke wesentlich offener und freundlicher, was gleich bei diesem Eröffnungsstück deutlich wird. Bernd bringt zwar wieder seine bekannten Sounds, kombiniert und variiert sie aber auf eine neue Weise. So enthalten die Stücke genug bekannte Substanz und klingen doch frisch und neu. Der erste Track geht sehr gut ins Ohr – typisch Moonbooter.

Es folgt das stampfende „1985“, bei dem man beim Hören das Problem hat die Füße still zu halten. Toller Track. „The Message“ wirkt zunächst bedrohlich, kommt dann mit Morsezeichen ähnlichen Rhythmen, um dann aber in einen wiederum tanzbaren Track überzugehen. Auch hier ist der Rhythmus unwiderstehlich. Das hat eine Spur von Kraftwerk, obwohl der Vergleich hinkt, denn Moonbooter klingt nicht ganz so kühl und viel frischer als die Düsseldorfer Urgesteine. In diesem Track kommt erstmals Bernds durch Vocoder verfremdete Stimme zum Einsatz.

Mit dem tragischen Atomunfall im japanischen Fukushima befasst sich Bernd auf dem Titel „Fukushima“. Dieser Track ist ein wenig melancholisch und klingt so als sei Bernd dabei von Enttäuschungen getrieben worden. Das macht die bedrückende und hilflose Situation, die durch den Tsunami Anfang des Jahres das Kernkraftwerk in Japan zerstörte, deutlich. Den Track lässt Bernd durch einen rauschenden Geigerzähler ausklingen.

„Pershing Meets SS-20“ ist ein treibender Track, der abgeht wie Schmitz Katze. Bernd lässt hier den Sequenzer ordentlich arbeiten und haut nach gut zwei Minuten einen pumpenden Beat dazu raus. Sollte ein Stück für die Szene-Disco sein. Dagegen ist das Stück „Tschernobyl“ eher wieder nachdenklich und melancholisch. Hier kommen Stimmsamples, die an Chöre erinnern, auf. Im zweiten Teil wandelt sich das Stück aber in einen treibenden Track. „fun fun fun“ ist ein an Kraftwerk erinnerndes Stück. Hat was von „Autobahn“, ist vielleicht auch eine Anspielung darauf. Bei „Epigone“ kommt eine kleine Passage auf, die mich an Yazoo’s „Don’t Go“ erinnert und mit einer für Kraftwerk typisch verzerrten Sprachverzerrung kombiniert wird.

Auch die restlichen Stücke halten diesen hohen, für Moonbooter bekannten Standard aufrecht. Tolle Melodien mit teils treibenden Beats, das sind die Zutaten, die Bernd in seinem „atomaren Mix“ zusammengestellt hat.

Moonbooter hat mit seiner neuen CDR wieder Maßstäbe in der Klangqualität gesetzt. Wer seine CDs kennt, der weiß was ich meine. Daneben hat er wieder herrliche Melodien mit tollen Rhythmen vereint und so ein fesselndes Werk zusammengestellt. Wer Moonbooter’s Musik mag, der kommt an diesem Album nicht vorbei.

Stephan Schelle, Oktober 2011

 
   

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