Moonbooter – Still Alive
 

Moonbooter – Still Alive
MellowJet Records (2014)
(11 Stücke, 73:03 Minuten Spielzeit)

Bernd Scholl aka Moonbooter hat sein neuestes Album, das im Frühjahr 2014 erschienen ist, „Still Alive“ betitelt. Lebendig fühlt man sich nicht nur, wenn es einem besonders gut geht, auch in Momenten, die einem Schicksalsschläge bereiten oder wenn man zu sich selbst findet und den Sinn des Lebens hinterfragt, ist die Intensität, mit der man das eigene Leben spürt, sehr ausgeprägt. Bernd hatte im Jahr 2013 einige dieser schicksalhaften Momente zu überstehen unter deren Einfluss die Musik auf dem neuen Werk entstanden ist.

 


Da es sehr persönliche Dinge sind, die Bernd auch im Booklet und auf seiner Page veröffentlicht hat, möchte ich diese hier an den Anfang stellen.

Das Schicksal ist allgegenwärtig. Irgendwann trifft es einmal jeden von uns, und das umso stärker man selbst liebt oder geliebt wird. Zu viele Sekunden unseres Lebens vergehen ohne einen wirklichen Sinn. Man verliert sich in belanglosen Dingen und übergeht dabei die Momente die wirklich wichtig sind oder es hätten werden können. Und dann, wenn sich plötzlich alles und ohne Vorwarnung ändert, beginnt man nachzudenken, eigene Fehler zu sehen, sich an das Schöne der Vergangenheit zu erinnern, eben an die Momente zu denken, die wirklich wichtig waren. Zum Glück hatte ich diese Zeit. Und wir haben sie gemeinsam genossen.

Seit dem Tod meiner Mutter im August 2013 ist es mir nicht mehr möglich an einen Gott zu glauben, von dem ich immer dachte, dass wir und vielleicht auch ich ihm wichtig sind. Vielmehr ist es vermutlich das Schicksal selbst, das nimmt aber auch gibt. So überlebten mein Sohn und ich den Blitzeinschlag im Juni 2013 in unserem Haus unverletzt. Zufall, Fügung, Glück, Schicksal oder vielleicht doch der Engel? Wer kann das mit Sicherheit sagen?

Vermutlich ist jeder von uns nur ein Blatt im Wind, das unwillkürlich irgendwann, irgendwo niederfällt und still und leise vergeht. Die Songs auf diesem Album erstanden alle aus diesen und vielen weiteren meiner Gedanken und Gefühlen des letzten Jahres.

Wer nun meint, dass Bernd auf seinem neuen Album schwermütige Klänge und Melodien eingespielt hat, der irrt. Die neue CD von Moonbooter ist alles andere als schwermütig oder depressiv. Er ist vielmehr seinem rhythmischen Stil treu geblieben.

Gestartet wird mit „Until Eternity“, das zunächst sphärisch mit einigen mystischen Flächen beginnt. Nach gut einer Minute kommen dann hellere Klänge auf und so langsam sind auch Harmonien und Rhythmen zu vernehmen. Das klingt anfangs noch etwas verträumt bzw. melancholisch, hat aber etwas von „Berliner Schule“-Flair der Marke Tangerine Dream. Spätestens aber nach drei Minuten Spielzeit kommen dann die für Moonbooter typischen Rhythmen und Melodien auf. Die Verträumtheit und Melancholie bleibt aber erhalten und kann darüber hinaus in ihren Bann ziehen. Je länger das Stück andauert, umso mehr gewinnt die Dynamik an Fahrt.

„Don’t Move“ ist dann wieder ein typischer Moonbooter-Track mit deutlichen Schiller-Anleihen. Ein klasse Stück, das auch zum Tanzen verleitet. Da passt aus meiner Sicht der Titel nicht, denn man möchte sich zwangsläufig bei diesem Stück bewegen. Unheilschwanger beginnt dagegen „Number 43“. Nach einigen Momenten kommen symphonische Klangmuster auf. Alles wirkt zunächst wie ein Soundtrack zu einem Mystery-Thriller. Dieser Track ist der verstörendste des Albums, auch wenn in der zweiten Hälfte Melodielinien und Rhythmen das Bild etwas erhellen.

Ein wunderschöner Titel, der unter die Haut geht und Gänsehaut bereitet ist das melancholische „Eternized In Crystal“. Sofort machen sich bei mir Sehnsüchte breit und die Gedanken fliegen in die unterschiedlichsten Richtungen. Ab gut der Hälfte des achtminütigen Tracks lässt Bernd dann die Sequenzer etwas heftiger ihren Rhythmus schlagen und ein pulsierender, wummernder Beat treibt die Melodie nach vorn. Auch das ist wieder typisch Moonbooter.

„Impact Of Mind“ ist so ein Stück, das perfekt ins Planetarium passt. Zunächst lässt Bernd den Synthie seine stupide Arbeit machen, in dem eine Tonfolge immer wieder und wieder wiederholt wird. Dann aber verziert er durch Effekte, rhythmische Einschübe und Flächen das Stück. Damit schafft er es zu fesseln. Von Minute zu Minute steigert er den Track immer weiter. Bei mir machen sich sofort wieder Bilder breit, die an der Kuppel eines Planetariums vor meinem geistigen Auge ablaufen.

Mit „Transistion“ hat er dann ein sehr schwebendes und melancholisches Stück auf das Album gepackt. Es klingt in seiner Monotonie wie eine traurige Erinnerung. Nur leicht verändern sich die Klänge. Im Hintergrund sind Chöre zu hören, die den Track in eine sakral/mystische Ecke bewegen. Hier kommen mir in der Tat Engel in den Sinn.

Das Titelstück ist wieder so ein pulsierender, rhythmischer fast tanzbarer Track. Der Rhythmus hat was von Techno/Trance. Wieder ein klasse Stück. Dem lässt Bernd dann durch Klangfarben und Melodieführung wieder einen sehr melancholischen und etwas traurigen Track mit dem Titel „Automode“ folgen. Aber schon mit dem folgenden „Born“ kommt durch den Rhythmus und die herrlich eingängige Melodie wieder eine positive und lebensbejahende Stimmung auf. Das ist wieder so einer von seinen klasse Tracks. Das mystische „Tranquility“ und das durch seine Effekte an Jarre erinnernde „Adieu“ beschließen dann das neueste Werk von Bernd „Moonbooter“ Scholl.

Auch wenn es traurige Ereignisse waren, die das neue Album „Still Alive“ von Moonbooter beeinflusst haben (es ist seiner verstorbenen Mutter gewidmet), so enthält es doch wieder die für ihn so unverkennbar herrlichen Melodien und Rhythmen. Zwischendurch lässt es Moonbooter dann auch mal beschaulicher und melancholischer angehen. Aber wer will ihm das auch verdenken. „Still Alive“ ist ein typisches Moonbooter-Album geworden (wie immer auf hohem Niveau), dass seinen Fans gefallen wird.

Stephan Schelle, April 2014

 
   

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