Mike Hans Steffl – Calaboose Islands
 

Mike Hans Steffl – Calaboose Islands
MHS Music (2023)

(
7 Stücke, 74:52 Minuten Spielzeit)

Mike Hans Steffl veröffentlichte am 16.07.2023 sein fünftes Elektronikalbum, das den Titel „Calaboose Islands“ trägt und sich mit dem Thema verlassene Gefängnisinseln befasst. Sieben Stücke mit Laufzeiten von 4:44 bis 17:48 Minuten Spielzeit hält das Werk bereit. Er selbst schreibt über das Thema:

Die Vorstellung eines „perfekten“ Gefängnisses auf einer Insel ist in der ganzen Welt verbreitet. Doch keines dieser Gefängnisse war jemals perfekt, sondern, je nach geografischer Lage, ein Ort mit schrecklichen Erfahrungen für alle, die dort leben mussten. 

 

 


Nicht nur Kriminelle, sondern oft auch politisch verfolgte oder Kriegsgefangene waren Misshandlungen, Folter und entsetzlichen Lebensbedingungen ausgesetzt. Heute gibt es auf den meisten dieser Inseln keine aktiven Gefängnisse mehr. Der Sand der Zeit hat die Gräber und Verliese gnädig zugedeckt. Die Natur ist auf die Inseln zurückgekehrt und hat ihnen ihre eigene Schönheit und Ruhe zurückgegeben. In meiner Musik kann man diese Welt hören, aber inmitten der friedlichen Umgebung kann man auch den Abgrund der Vergangenheit spüren. Unter der neuen Decke höre ich immer noch die stummen Schreie der verzweifelten Menschen. Unvorstellbarer Schmerz und Angst, aber auch unendliche Tristesse und Einsamkeit sind noch immer spürbar. Auf diesem Konzeptalbum habe ich versucht, den bitteren Nachhall der Vergangenheit zu spüren, aber auch die unschuldige Schönheit der Inseln zu vermitteln.

Herrlich flächige Harmonien eröffnen den ersten, 8:54minütigen Track „Makronisos“. Sehr sphärisch offenbart sich nach wenigen Minuten eine Melodie, die sich in Richtung Vangelis & Co. ausbreitet. Ein wunderschöner Track, dem nach etwas mehr als vier Minuten noch ein Sequenzerrhythmus spendiert wird und der nun die Richtung ändert. Jetzt wirkt der Track etwas mysteriöser und wechselt nach einigen Momenten noch mal durch Arpeggios in Richtung Akikaze & Co.

„Gyaros“ ist 11:30 Minuten lang und startet mit perlenden Klängen, die zunächst etwas unkontrolliert durch den Raum zu wehen scheinen. Das ist aber alles andere als unkontrolliert. So entsteht aber eine merkwürdige Stimmung, die sich erst nach mehr als acht Minuten auflöst und dann in einen sehr melodischen Part mit Sequenzerrhythmus überführt wird.

Mit seinen 17:48 Minuten Spielzeit ist „Asinara“ der längste Track des Albums. Ruhige, flächige Sounds eröffnen dieses Stück, das nach etwas mehr als einer Minute eine sanfte, perlende Melodielinie bekommt und wieder eine Spur Vangelis in sich trägt. Nach weiteren Momenten kommt eine schöne Melodie/Harmonie auf, die sich mit etwas düstereren Klängen vermengt und dann in einen recht ruhigen, fast monotonen Part übergeht in den sich nach einiger Zeit dann eine schöne Melodiefolge einbringt. Das klingt für mich sanft aber auch nach einem verlassenen Ort. So als würde man durch eine verlassene Ruine gehen. Nach etwas mehr als elf Minuten kommt dann ein Sequenzerrhythmus auf, der etwas unheimlich wirkt. Dazu kommt noch ein Synthsound, der sirenenartig wirkt. Das Stück klingt dann aber wieder heller mit einer Melodie aus.

Mit bedrückenden Sounds startet Mike dann in das 8:22minütige „San Lucas“. Langsam schält sich dann aber eine Melodielinie heraus, die ein helleres Licht abgibt. Insgesamt bleibt der Track aber sehr mysteriös. Auch die restlichen Stücke halten diesen Charakter aufrecht und erzeugen beim Hören Kopfkino.

Mike Hans Steffl hat den Soundtrack für Lost Places auf seinem neuesten Album „Calaboose Islands“ geschaffen. Das Thema dreht sich um verlassene Gefängnisinseln und Steffl hat dies perfekt umgesetzt, denn man kann einige von diesen Plätzen vor dem geistigen Auge entstehen sehen.

Stephan Schelle, August 2023

 
   

CD-Kritiken-Menue