Michael Brückner & Cilia Di Ponte – Twenty-Five Light Years
 

Michael Brückner & Cilia Di Ponte – Twenty-Five Light Years
SynGate (2022)

(17 Stücke, 155:03 Minuten Spielzeit)

Der Elektronikmusiker Michael Brückner und die studierte Pianistin und Sängerin Cilia di Ponte machen bereits seit 25 Jahren Musik. Bisher ist aber noch kein gemeinsames Album erschienen, sondern es fanden sich immer mal wieder Stücke auf Michaels Alben, die sie gemeinsam komponiert und eingespielt haben. Jetzt war es an der Zeit ein gemeinsames Album mit Stücken aus den Jahren 2002 bis 2022 zu veröffentlichen.

 

 


Das gemeinsame Album trägt den passenden Titel „Twenty-Five Light Years“ und kann über Bandcamp oder als CDR erworben werden. Während die Bandcamp-Variante mit einem anderen Cover und nur den Stücken des Albums erhältlich ist, hat die CDR-Version noch einen zweiten 77minütigen Silberling zu bieten, auf dem sich acht Stücke befinden, die im Jahr 2020 während des Lockdowns in Sessions entstanden sind. Die acht Stücke der ersten CDR besitzen Laufzeiten von 5:34 bis 14:52 Minuten Spielzeit.

Das Cover der CDR-Version zeigt ein Raumschiff in einer Berglandschaft und eine an Lara Croft erinnernde Frau. Das di Cilia und Michael Humor haben, das zeigt ein karikaturartiges Portrait der beiden im Booklet. Dort sind die beiden als Aliens dargestellt.

Die Arbeitsteilung stellte sich wie folgt dar: Michael Brückner (Synthesizer, Keyboards, Elektronik und bearbeitete Vocals bei „Dhuska“) und Cilia di Ponte (Gesang, gesprochene Worte, Klavier und Keyboards).

Bis auf ein Stück, dem Song „Are You Ready To Fly (Vocal Version)“, setzt Cilia di Ponte ihre Stimme als Instrument ein, indem sie mit ihrer Stimme für die Melodielinien sorgt.

Das Album beginnt mit dem längsten Track, dem 14:52minütigen „A Farewell To Distant Friends“. Sphärische Klänge, passend zum futuristischen Cover, starten in diesen Longtrack. Da lassen sie auch schon mal die Synthies rauschen und zirpen. Langsam schweben hier die Klangformationen durch den Raum und Cilia sorgt mit ihrer hellen Stimme für eine besondere Atmosphäre, die sehr gut zu den elektronischen Sounds passt. Das bewies ja auch schon Klaus Schulze, der mit Linda Gerrard auf „Farscape“ Stimme und Synthie verband. Apropos Klaus Schulze: Cilia und Michael bewegen sich auf dem Album nahe an der Berliner Schule. Was auch schon diesen ersten Titel betrifft, bei dem so manche Klangfarbe und Sequenz an den leider in diesem Jahr verstorbenen Pionier der elektronischen Musik erinnern. Nach sechs Minuten startet dann ein Sequenzer- und Schlagzeugrhythmus und bringt mehr Drive in diesen wunderbaren Track.

Mit 10:34 Minuten Spielzeit folgt dann der zweitlängste Track „Tender Memories“. Das Stück beginnt mit Cilias Stimme und dann einsetzenden Flächensounds und leicht rhythmischen Mustern. Ein sanfter, schwebender Track der Ruhe vermittelt.

An dritter Position kommt dann die instrumentale Version von „Are You Ready To Fly“. Ein sehr schönes, melodisches Stück. Am Ende des Albums kommt dann eine umarrangierte, gesungene Version des Stückes. Mit pulsierenden und rhythmischen Sequenzen zeigt sich in den ersten Minuten dann das achtminütige „Seeking Refuge“. Nach gut zwei Minuten wird es wieder sphärischer und Cilias Stimme schiebt sich erneut in den Vordergrund. Das hat etwas Erhabenes und Hymnisches. Im letzten Drittel wird es dann wieder rhythmischer und Cilias Stimme sorgt an der ein oder anderen Stelle auch mal für schräge außergewöhnliche Klänge. Das macht aber diesen Track aus.

„Sunturn Tune“ bringt es auf 9:31 Minuten. Mystische Klänge leiten in den Track ein, der sich nach etwa einer Minute erhellt und nach etwas mehr als drei Minuten zu einem melodischen, mit sanftem treibendem Groove versehenen Stück entwickelt. Eine hypnotische Nummer.

Flirrende Synthies ziehen dann im 7:10minütigen Titeltrack auf. Dieser Rhythmus ist dann auch der Motor des Stückes auf den die beiden dann eine Melodielinie platzieren. Futuristisch geht es dann wieder im 5:34minütigen „Dhuska“ zu. Hier kommen dann – aufgrund der bearbeiteten Stimmen - Erinnerungen an Klaus Schulze digitale Samplephase auf.

Das 6:23minütige „Vor einem geheimen Wort“ ist ein teils surreal wirkender elektronischer Track mit Pianoeinschüben und zum Ende hin sehr schöner Melodielinie. An dessen Ende rezitiert Cilia das Gedicht „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren“ des deutschen Frühromantikers Novalis (mit bürgerlichem Namen Georg Philipp Friedrich von Hardenberg). Im Booklet findet sich eine sinngemäße englische Übersetzung des Gedichtes.

Das Album endet dann mit der Vocal Version von „Are You Ready To Fly“. Die beiden haben diese Version umarrangiert und so bekommt das Stück zu Beginn eine nachdenkliche Note durch Piano und gesprochenem Text. Das erinnert mich stimmungsmäßig an Vangelis „Blade Runner“. Sobald dann aber nach gut 40 Sekunden der Rhythmus anzieht und Cilia singt, hat das Ganze auch sanftes Popappeal.

Der zweite Silberling bietet dann acht Bonusstücke mit Laufzeiten von 1:52 bis 27:40 Minuten Länge. Michael sagt dazu: Aus 2020 stammen auch die Sessions, die den Bonus-Teil der Veröffentlichung bilden. Die sind einfach so, wie sie spontan entstanden sind und weitestgehend unbearbeitet - aber ich finde, es sind viele schöne „Szenen“ dabei, und zum Teil kann man immer mal wieder Passagen anklingen hören, die dann später auf dem eigentlichen Album auftauchen - oder aber Seiten von uns beiden, wo es auch mal leicht bluesig oder jazzig wird, die sonst eher selten von uns zu hören sind.

Die Stücke sind dann auch mit „The 2020 Lockdown Session Part 1“ bis „Part 7“ und „Cilia’s Piano Improvisation 2020“ betitelt. Da finden sich wunderbar schwebende Klänge wie in „Part1“ oder rhythmisch, melodische wie in dem grandiosen „Part 2“. Auch sind sich sehr schöne, vom Piano bestimmte Nummern wie „Part 5“ und der Piano Improvisation von Cilia auf der Bonusdisk enthalten. Jazzig wird es dann im 23minütigen „Part 7“.

Da es verschiedene Varianten gibt, hier noch einmal die Zusammenfassung:

Per Download des Albums vom Cyclical Dreams-Label bekommt man das Album plus die Bonustitel, Die CD-Version beim amerikanischen Label ist kürzer und es fehlen die Bonusstücke. Beide haben ein anderes Cover. Bestellt man die Doppel-CD direkt bei Michael Brückner, bekommt man die hier beschriebene Version inklusive der BonusCD.

Gut dass Michael Brückner die Archive nach Stücken, die er zusammen mit Cilia di Ponte eingespielt hat, durchgesehen und diese auf „Twenty-Five Light Years“ veröffentlicht hat. Ich empfehle aber auf jeden Fall die CDR-Version bei Michael zu erwerben, da man so in den Genuss der Lockdown Sessions kommt.

Stephan Schelle, Juli 2022

 
   

CD-Kritiken-Menue