Michael Brückner – All The Pieces Fit Forever
 

Michael Brückner – All The Pieces Fit Forever
Eigenvertrieb (2017)
(
8 Stücke, 150:39 Minuten Spielzeit)

Der Ursprung von Michael Brückner’s Album „All The Pieces Fit Forever“ liegt bereits im Jahr 2007. Dieses Werk erscheint nun zum 10. Jubiläum als CD und Download. Michael dazu: „Es handelt sich um ein Album, das ich ursprünglich 2007 eingespielt habe; damals hatte ich verschiedene befreundete Musiker/-innen (vor allem Sänger) um Gastbeiträge gebeten, allerdings ist das aus verschiedenen Gründen im Sande verlaufen, und das Album blieb daher - bis jetzt - instrumental.“

 

 


Michael stieß auf das Album, als er seinen Backkatolog durchforstete. Als dann Mitte letzten Jahres Suzannah Moon - eine Sängerin / Flötistin aus Australien - Michael um eine Zusammenarbeit bat, fiel ihm dieses alte Album ein, da er in dem Augenblick kein passendes Material zur Hand hatte. „Sie hat sich dann (zu meiner Überraschung) gerade das lange Titelstück ausgesucht.“, so Brückner.

Das war die Initialzündung, sich dem Material erneut zu widmen und - wie schon in 2007 geplant - weitere musikalische Mitstreiter für das Projekt zu suchen. Eine Anfrage über Facebook brachte ihm dann tatsächlich fünf weitere Musiker aus aller Welt, die sich an der Umsetzung beteiligen wollten. Neben der aus Wales stammenden Sängerin Clare Butterfield-Elséy aka Rosmerta wirkten noch der portugiesische Gitarrist Samuel Cadima, der bulgarische Gitarrist Mirian Kolev aka E.U.E.R.P.I. sowie die beiden Spezialisten für exotische Saiteninstrumente Kemal Deniz (er stammt aus der Türkei, lebt aber in Deutschland) und der Schweizer Beni Fuchs aka Ben I Sabbah.

Was ursprünglich in den Instrumentalfassungen im Stile von Chill-Out und Drone Ambient von Michael eingespielt wurde, hat durch den Einsatz der beteiligten Musiker nun einen deutlichen Worldmusic-Charakter mit New Age-Einflüssen bekommen.

Mir liegt zur Besprechung die CD-Version vor, die zwei bedruckte CDRs enthält. Darüber hinaus war noch eine gebrannte CD mit den fünf kürzeren Originalversionen aus 2007 sowie einem neuen 2017’er Mix des Titelstückes dabei. Bei Bestellungen kann angegeben werden, welche beiden der drei CDRs bedruckt sein sollen, die andere kommt dann als Bonus als handelsübliche CDR dazu. Eine schöne, persönliche Idee, wie ich finde. Die Downloadversion enthält ebenfalls alle Stücke der drei CDs. Bei meiner Besprechung habe ich mich auf die beiden ersten CDs fokussiert.

Fünf kürzere Stücke zwischen vier und fast sieben Minuten Länge eröffnen die erste CD bevor dann mit dem Titelstück der fast 51minütige Longtrack diese abschließt.

Das eröffnende „Jigsaw Riksha“ beginnt mit herrlichen basslastigen Sounds und einem atmosphärischen Schlagzeug, auf das Michael dann dezente Melodieformen platziert. Nach gut zweieinhalb Minuten kommt dann eine leicht jazzige Note von Gitarrist Samuel Cadima auf, die dem Track noch ein besonderes Flair verleiht.

Dem Track „Pole Connector“ fügt dann Rosmerta ihre Gesangstimme hinzu. zunächst kommen jedoch einige Synthieharmonien und -klangtupfer auf, die simpel durch den Raum ziehen. Sobald dann Rosmerta’s Stimme einsetzt, bekommt dieses Stück aber einen unheimlichen Schub. Ihre Stimme, mit der sie Lautmalereien hinzufügt, hat eine hohe Anziehungskraft und dominiert diesen Track. Das geht in die Nähe der Zusammenarbeit von Lisa Gerrard (Dead Can Dance) und Klaus Schulze.

Im Stück „Broken Mirrors“ bringt sich dann Kemal Deniz an exotischen Saiteninstrumenten ein, die eine deutliche asiatisch/orientalische Handschrift tragen. Zusammen mit der Percussion wurde diesem Stück am deutlichsten eine Worldmusic-Note verpasst, die ihm aber gut zu Gesicht steht.

Die neue Version von „The Big Division“ wurde dann vom Schweizer Beni Fuchs um eine weitere, asiatisch angehauchte Note ergänzt. Ungewöhnliche, leicht quietschende Synthiesounds, die sehr angenehme ins Ohr gehen werden mit fetten Bassläufen, Perkussion und Schlagzeug zu einem treibenden Titel aufgebaut. Beni lässt dabei ein ums andere Mal seine Saiteninstrumente flirren.

Vor dem abschließenden Longtrack ist dann „Puzzled“ an der Reihe, das mit Glockenähnlichen Klängen beginnt und mit herrlichem, akzentuiertem Schlagwerk unterlegt ist. Gitarrist Mirian Kolev sorgt mit einigen Effekten, die nicht nach Gitarre klingen, für neue Akzente.

Dann kommt mit dem Titelstück der Kern des Albums. Diesen tollen fast 51minütigen Track hat Suzannah Moon mit ihrer Flöte sowie ihrer Stimme veredelt. Schon in den ersten Sekunden spricht sie einen kurzen Text über die weiten Flächen von Michael Brückner und erhöht damit die Aufmerksamkeit des Hörers, denn dieser geflüsterte Text wirkt sehr spannend. Dann fügt sie einige Harmonien auf ihre Flöte hinzu und es entwickelt sich ein hypnotischer Track, in den man unaufhaltsam hineingezogen wird. Sanfte, ruhige Harmonien und Flächen bestimmen über weite Strecken das Bild. Immer wieder flechtet Suzannah ihre Flötensounds ein oder sorgt durch atmosphärischen Gesang für eine fesselnde Stimmung. Der Mittelteil stellt sich dann rhythmischer dar, ohne den hypnotischen Aufbau einzureißen. Durch den gesungenen Albumtitel und die anschließende Wiederholung des Wortes „Forever“ bringt sie darüber hinaus weitere Facetten in das Stück. Ihr Flötenspiel erinnert in diesen Momenten gar an Stücke von  Mind Over Matter.

Als Bonus bietet die zweite CD dann noch mit „Collecting The Shards“ einen neuen Drone Ambient Track mit einer Laufzeit von 21 Minuten Länge sowie die remasterte Fassung der Originalversion des Titelstückes, das aber nicht den Reiz versprüht, den die neue Version mit Suzannah Moon zu bieten hat. „Collecting The Shards“ fließt förmlich durch den Raum, um sich nur marginal zu verändern und sorgt so für eine ruhige, entspannte Stimmung beim Hörer.

Den meisten Stücken von Michael Brückner’s Album „All The Pieces Fit Forever“ hat die Zusammenarbeit bzw. Beteiligung von weiteren Musikern gut getan. Allen voran das Titelstück, das durch Suzannah Moon auf eine neue Ebene gehoben wird. Wer für die Kombination von elektronischer Musik und Worldmusic offen ist, der bekommt hier ein gutes Album. Alle anderen können sich auf die Originalversionen stürzen, die chillig und ambient durch den Raum schweben und - wie die neuen Versionen - klanglich hervorragend abgemischt wurden. Damit hat Michael Brückner mal wieder ein qualitativ hochwertiges Album eingespielt.

Stephan Schelle, April 2017

 
   

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