M.A.S.S. - Mysteria
Membran Music (2006)

Hinter dem Kürzel M.A.S.S. verbirgt sich der Berliner Elektronikmusiker Stephan Kaske, der neben diesem Pseudonym und seinem bürgerlichen Namen auch als Mythos seine Musik veröffentlicht. Nach seiner letzten Mythos-Veröffentlichung „Edgar Allan Poe“ die in 2004 als DoppelCD herauskam und elektronische Musik mit Stilen von Alan Parsons, Orchestersounds, Rockmusik und Musical versehen war, ist sein neuestes Werk „Mysteria“, es ist bereits seine 40. Veröffentlichung, eine 3CD-Box im Digipack. Die Laufzeit der Silberscheiben schrammt mit insgesamt 160,04 Minuten zwar nur knapp an der einer randvollen DoppelCD vorbei, bietet dafür allerdings auch eine HybridCD, da die Scheiben auch über einen SACD-Player abgespielt werden kann und so noch einen volleren Sound liefert.

Dem achtseitigen Digipack, das vom Layout komplett in grün gehalten ist, ist neben den drei CDs auch noch ein 28seitiges Booklet spendiert worden. Das Booklet bietet zwar nur wenig Informationen zur CD selbst, dafür erfährt man aber einiges über Stephan Kaske und seine beiden Projekte in einer Biografie.
 

 

 

Insgesamt 15 Tracks hat Stephan gleichmäßig auf die drei Discs verteilt. CD Nummer 1 beginnt mit sehr schönen Harmonien im Opener „Karakuri“. Die unter die Haut gehenden Flächen werden von einer Art japanischer Geige getragen und entwickeln so einen unwiderstehlichen asiatischen Flair. Dieser Track ist sehr melodisch und zieht mich sofort in seinen Bann. Ein toller Track, der irgendwo weit im Hintergrund auch einen Zauber von Tangerine Dream der 80’er entwickelt. Das folgende „Metrosexual Zone“ ist eine sehr rhythmische Nummer, die mit einer Frauenstimme ein erotisches Feeling á la Software’s „Modesty Blaze“, das etwas unaufdringlicher gestaltet ist, erzeugt.

Der Zwölfminüter „You Are Evil“ ist gar nicht so böse, wie es der Titel zu vermitteln mag. Eine rhythmische Midtemponummer, bei der man gut mitwippen kann. Das Grundthema wird ständig wiederholt, variiert aber in Klang, Lautstärke und Rhythmus. Es folgt mit „Hawai Iniki“ der mit fast 15 Minuten Spielzeit längste Track der CD. Ein sehr fröhlicher Eingangspart, der leicht durch die Gehörgänge treibt und durch einen leicht stampfenden Beat vorangetrieben wird, bestimmen das erste Drittel diese Nummer. Dann ändert sich das Klangbild und man hat den Eindruck, dass hier ein neuer Track angehängt wurde. Es wird etwas düster/sakraler, auch durch die eingesetzten Glockenschläge. Zum Ende hin wird es wieder rhythmischer. Was dieser Track mit Hawai zu tun haben könnte, erschließt sich mir jedoch nicht so ganz. Eine pulsierende Sequenz und flirrende Synthiesounds gehören zum abschließenden „Ev’rybody Out There“. Hier webt Stephan auch wieder einige Sprachfetzen in seine Musik ein.

Die zweite CD beginnt mit „Adrenalin Hunters“, das durch seine druckvolle Spielweise und seinen stampfenden Rhythmus einen rockigen Touch bekommt. Mit diesem sehr schönen Track setzt Stephan gleich ein Zeichen. Durch Tempowechsel hält er dabei die Spannung des Titels während der gesamten Spielzeit von fast neun Minuten aufrecht. Sehr rhythmisch (ein stetig voranschreitender Tropfen ähnlicher Rhythmus bestimmt den Tack) geht es auch auf „Ceep Kool Tonite“ (Jawohl, das ist kein Schreibfehler, der Titel heißt so) weiter. Und hier erklingt dann auch wieder die weibliche Gesangsstimme an einigen Stellen. Bei „Dynamic Relaxation“ geht es dann etwas ruhiger und entspannender zu. So ganz ohne Rhythmik geht es aber auch hier nicht. Einige Passagen dieses Titels erinnern ein wenig an die Arbeiten des Klaus Schulze. Kastagnetten eröffnen den Track „Easys Rotations“ der zunächst sehr rhythmisch beginnt und dann im weiteren Verlauf jazzige Elemente – durch Trompetensounds - bekommt. Mit „Flightseeing“ endet dann die zweite CD. Der Drumcomputer macht aus diesem Titel eine sehr poppige Nummer. Sehr gut gefällt mir auch dieser Flötenähnliche Sound, den Stephan bei der Melodielinie einsetzt. Ein Stück zum mitwippen, der Spaß macht.

Wie es auf den vorangegangenen CDs begann, so führt Stephan Kaske es auch auf der 3. CD fort. Wieder sehr rhythmisch und mit Gesangsstimme beginnt „Passione Totale“. Allerdings wiederholt sicht mittlerweile der Rhythmus. Für meinen Geschmack wäre es besser gewesen, die Veröffentlichung auf zwei CDs zu reduzieren, das hätte dem Werk ganz gut getan. Zwar hat das folgende „Mythomorphosis“ etwas von Electropop, weil hier ein sehr technologischer Rhythmus geboten wird, aber hier trifft ähnliches wie beim ersten Track dieser CD zu, es wird mittlerweile etwas viel von den gleichartigen Sounds. Das zunächst sehr Schulze-ähnliche, dann aber sehr druckvolle und vulominöse „Pimp Your Guitar“, bei dem die E-Gitarre recht spät einsetzt, gefällt mir wieder recht gut, weil es aus dem bisher gehörten wieder etwas hervorsticht. Das folgende „Fouthreetwoone“ versucht sich als elektronischer Gassenhauer, will bei mir aber nicht so ganz zünden. „Kirikaeshi“ ist dann der letzte Titel dieses CD-Packs und gehört mit 14:20 Minuten zu den längeren des Albums. Ein gemächlicher Rhythmus bestimmt über weite Strecken das Tempo. Zwar gibt es wieder einige Variationen, aber dieser Track ist mir ein wenig zu eintönig, wie ein Kamelritt durch eine trostlose Wüste. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass sich alle 15 Songs des Albums doch stilistisch recht ähnlich sind und es zum Ende hin (auf CD 3) bei mir eine gewisse Sättigung einstellt.

Als Zielgruppen hat Stephan, wie er selbst sagt, neben den Fans der elektronischen Musik auch Verantwortliche für TV- und Film sowie Trainer im Fitness-Bereich definiert. Und schon beim Hören der CDs wird deutlich, das seine Musik zu Film- oder TV-Produktionen oder auch im Sportbereich funktionieren wird. Gemeinsamkeiten bei den Stücken von M.A.S.S. sind vor allem Variation in Melodien, Rhythmus, Lautstärke und Tempo. Freunde der elektronischen Musik sollten unbedingt in die CD hineinhören, auch wenn sie nach kompletten durchhören bei mir einen durchwachsenen Eindruck hinterlässt.

Stephan Schelle, Januar 2007

 

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