Marcanus - Silva
 

Marcanus - Silva
Prudence (2021)

(
12 Stücke, 45:55 Minuten Spielzeit)

Marcanus ist für mich in der Elektronikszene ein neuer Name. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich der in München lebende Multiinstrumentalist Markus Reiser. Der größte Erfolg zu Beginn seiner musikalischen Karriere war der bayerische Rockpreis, den er 1994 mit seiner Band „Beyond Pleasure“ gewann. 2001 tourte er als Live Keyboarder mit der Band „Heinrich Beats the Drum“ und gründete dann mit deren Frontmann die Rockband „IFF“.

 

 


Kurze Zeit später erschien das Album „Insane“, bei dem er als Co-Produzent mitwirkte. „IFF“ spielte als Vorband von „Eisbrecher“ und nahm mit Alexander Wesselsky den Song „Königin der Nacht“ auf. Bei weiteren Auftritten stand „IFF“ mit „Unheilig“, „Letzte Instanz“ und „Knorkator“ auf der Bühne. Markus Reiser ist Gründungsmitglied der Didgeridoo- und Percussion-Band „D-JAM-BE“, deren Album „Energetic Tribal Music“ von ihm aufgenommen und produziert wurde. Zusammen mit Ganga Giri, Alan Dargin und Stephen Kent schaffte es „D-JAM-BE“ auf die Setlist international renommierter Festivals. Am 05.02.2021 ist das Solodebütalbum mit dem Titel „Silva“ erschienen.

Marcanus führt nicht nur den lateinischen Kriegsgott Mars (Marcus), sondern zugleich das Geheimnisvolle im Namen (arcanus). Der Name ist Programm. Marcanus vereint Tribal und Gothic Rock, Mittelalter und Metal zu einem außergewöhnlichen Musik- und Tanzprojekt. Harte Gitarrenriffs treffen auf erdige Didgeridoo-Töne, indische Tablas harmonieren mit der türkischen Saz. Zusammen mit sphärischen Melodien und Elektroklängen bilden sie eine kraftvolle Soundfront.

Ein Dutzend Instrumentaltrack mit Laufzeiten von 3:12 bis 4:18 Minuten Spielzeit finden sich auf dem Album. Schon zu Beginn des Openers „Seraph“ zeigt er, wohin die Reise auf dem Album geht. Kraftvolle Didgeridoo-Klänge dröhnen aus den Boxen, untermalt von Flächen und Harfen ähnlichen Klängen, die nach wenigen Momenten von druckvollen, schweren Schlagzeugrhythmen vorangetrieben werden. Das klingt ungewöhnlich, übt aber eine gewisse Faszination aus. Während das Schlagwerk und Didgeridoo im Vordergrund stehen, hat er in den Hintergrund noch eine Melodie gesetzt. Das fegt einen so richtig weg.

Zu Beginn des zweiten Stückes „Adventus“ sorgen rhythmische Streichersounds für eine Soundtrack artige Atmosphäre. Dahinein setzt Markus dann wieder recht fette Metalrhythmen, die sich aus Schlagzeug und Didgeridoo zusammensetzen. Schnell wird klar, dass das Hauptinstrument das australische Didgeridoo ist. Das kann oft auf Dauer sehr ermüdend klingen, Markus schafft es aber durch die harten Rhythmen dem Sound eine besondere Note zu verleihen.

Im dritten Track „Dei“ legt Markus dann sofort mit dem Didgeridoo los, das hier sehr rhythmisch angelegt ist. Dann kommt nach wenigen Momenten ein Tribal-artiger Rhythmus auf der mit Industrialelementen versehen ist. Das geht mal mächtig ab. Hypnotisch wird es dann im Stück „Ex Oriente“ bei dem nun orientalisches Flair durch Tablas und weitere Instrumente aufkommt. Da hat so eine bisschen was von Hippie-Atmo, auch wenn der Track doch sehr rhythmisch angelegt ist. Ein klasse Track, bei dem es auch sehr elektronisch zugeht.

Auch „Festum“ zeigt sich zunächst von einer sehr elektronischen Seite. Da zirpt zu Beginn der Synthie und geht dann in eine Wall OF Sounds über, in der kraftvolle Rhythmen, satte Gitarrenriffs und ein dröhnendes Didgeridoo, dem später auch noch ein kerniger Schlagzeugrhythmus untergelegt wird, für mächtig Dampf im Kessel sorgen. Pumpende Beats und harte Gitarrenriffs, verziert mit einem rhythmischen Didgeridoo-Spiel sind die treibenden Elemente in „Venatrix“. Diese Beispiele zeigen den ungewöhnlichen, aber hypnotischen Stilmix, den Markus Reiser aka Marcanus auf seinem Solodebütalbum darreicht.

„Silva“ von Marcanus ist eine treibende, hypnotische Mixtur, die einem fast die Sinne raubt. Unglaublich druckvoll und rhythmisch geht Marcanus in den Stücken zu Werke und verbindet Goa, Industrial, Tribal, Metal, Gothic mit ethnischen Elementen, bestehend aus Instrumenten wie australisches Didgeridoo, indische Tablas und türkischer Saz. Die Mischung macht es und so ist ein außergewöhnliches und fesselndes Album entstanden.

Stephan Schelle, Februar 2021

 
   

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