Marboss - Electrotherapies
 

Marboss - Electrotherapies
Dreaming Music (2008)
(13 Stücke, 70:34 Minuten Spielzeit)

Hinter dem Namen Marboss verbirgt sich der Franzose Stéphane Marchal, der mit seiner CD „Electrotherapies“ bereits sein zweites Album auf Dreaming Music, einem Sublabel des Proglabels MUSEA, veröffentlicht. Schaut man sich das Cover des Albums an, so hat man das Gefühl, als wollte sich Marboss schon optisch an der deutschen Mensch-Maschine Kraftwerk orientieren. Die Schaufensterpuppe mit dem bleichen Gesicht auf dem Cover ähnelt in ihrem schwarzen Hemd mit roter Krawatte schon sehr dem Cover von Kraftwerks „Mensch Maschine“ (dort waren die Düsseldorfer in roten Hemden und schwarzer Krawatte abgelichtet).
 

 

Und tatsächlich gehören Kraftwerk auch zu den Bands, die Marboss inspiriert haben. Neben den Düsseldorfern zählen aber auch Acts wie Jean Michel Jarre, Depeche Mode oder Moby zu den Einflüssen des Franzosen und das hört man auch, denn die Musik auf „Electrotherapies“ ist nicht nur im Stile der traditionellen Elektronikmusik gehalten, sondern weist darüber hinaus auch Elektropop, Wave und Techno auf. Eine gelungene Mischung, wie ich finde.

Mit „Astral Projection“ startet Marboss seine Therapie noch recht verhalten mit einer eingehenden Melodie und einem fast stampfenden Rhythmus, der ein bisschen an den Elektropop der 80’er erinnert. Übergangslos geht es dann recht rhythmisch und mit technischen Sounds in „Anxiogene“ weiter (hat etwas Jarre-Flair). Bei „Autoroute“ startet ein Auto, ganz im Stil von Kraftwerks „Autobahn“, doch nur wenige Momente später ändert sich das Bild, sobald ein technoartiger Rhythmus beginnt und eine französische Frauenstimme einen Text spricht. Das hat einen ordentlichen Beat, ohne aufdringlich zu wirken. Ein Teil, bei dem man auch abtanzen kann.

Das „Mediomatrice“ eine Hommage an Jean Michel Jarre sein soll, hört man schon beim ersten Ton. Obwohl Marboss dieses Stück dem 30. Jubiläum von „Oxygene“ gewidmet hat, ist es kein „Oxygene“-Clone geworden, sondern ein eigenständiger Titel im typischen Jarre-Stil mit allen elektronischen Stilelementen des großen Franzosen. „Out Of Memory“ bietet Rhythmus pur, der in seiner Ausführung und den Vocodergesang eine Mixtur aus Kraftwerk und Depeche Mode bietet. Könnte so die Musik klingen, hätten die Engländer und Düsseldorfer ein Stück gemeinsam gemacht?

Hypnotisch und mit verschachteltem Rhythmus ist „Ankaa“ angelegt, während „Latex“ wieder Elektropop á la Depeche Mode und New Order in sehr elektronischer Weise zu Gehör bringt. Sehr eingängig, wieder was für die Tanzfläche. Auch „Shoot Out The Stars“ geht gut los und hat eine eingängige Melodie. „Beat Conductor“ beginnt mit tollen Glockensounds, dann wird aus dem Stück ein Poptitel, denn er ist mit weiblichem Gesang versehen. Der Song hat aber eine etwas monotone Melodie und fällt für meinen Geschmack etwas ab.

An OMD mit Kraftwerk-Einschlag erinnert „Synopsie“, während „Train Grande Vitesse de l’Est“ neben Kraftwerk-Vocoder und Gesang auch ein wenig Atmosphäre von Enigma aufweist. Sehr schön ist dieser Rhythmus, der den Hörer in einen dahinfahrenden Zug versetzt. „Les Larmes de Cupidon“ ist ein eher ruhiger Track, der wieder etwas von Jean Michel Jarre hat. Mit dem letzten Track „Alpha Omega“ erinnert Maboss an einen weiteren großen französischen Musiker. Diesen Track hat er dem zeitgenössischen Komponisten und Pionier der Musique concrète, Pierre Henry, gewidmet. Hier wird ein französisch vorgetragener Text über die rhythmisch/melodische Musik gesprochen. Nach den angegebenen 6:00 Minuten Spielzeit, die in dem vorgenannten melodischen Stil gehalten sind, ändert sich der Sound (eine Art Hiddentrack) und es kommen sowohl experimentelle wie auch Clubsounds zum Vorschein, die an Acts wie Moby erinnern. Und zum Schluss kommt noch ein Schuss „TEE“ von Kraftwerk mit ins Spiel. Insgesamt bringt es dieser letzte Track auf eine Laufzeit von 17:20 Minuten.

„Electrotherapies“ ist eine tolle Mischung aus traditioneller Elektronik und Elektropop mit teilweise technoartigen Rhythmen, deren Stile ja nicht so weit auseinander liegen. Marboss hat damit eine sehr empfehlenswerte CD auf den Markt gebracht, es macht Spaß sich von dieser Art Musik therapieren zu lassen. Wer sich von seinen Songs überzeugen will, der sollte mal bei myspace unter www.myspace.com/electrotherapies einige Tracks Probehören.

Stephan Schelle, August 2008

 
   

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