Liese Spyra Vikaluk – In[SPYRA]tion III
 

Liese Spyra Vikaluk – In[SPYRA]tion III
Eigenvertrieb (2024)

(6 Stücke, 72:25 Minuten Spielzeit)

Am 24.06.2023 traten Hajo Liese, Wolfram Spyra und Roksana Vikaluk unter dem Projektnamen in[SPYRA]tion bei der E-Circus Summer Edition im nordrheinwestfälischen Borgholzhausen auf. Wie unschwer zu erkennen ist, ist der Projektname ein Wortspiel, in dem der Name Spyra enthalten ist. Während das Album „In[SPYRA]tion“ noch von Roksana und Wolfram allein eingespielt wurde, war „In[SPYRA]tion II“ eine Liveaufnahme, an der auch Hajo Liese mitgewirkt hatte. Jetzt also der dritte Teil. Das Album wird voraussichtlich zum Superbooth Mitte Mai veröffentlicht.

 

 


Das Album beinhaltet alle sechs Stücke des Auftritts, ohne die Zugabe „Melting Mountain“, die voraussichtlich auf der nächsten Schallplatte (Sampler des Schallwende-Vereins) veröffentlicht wird. Das Set bestand damals vorwiegend aus Improvisationen.

Gestartet wird mit dem 17:08minütigen Track „InspYration III”, das zunächst mit sehr schönen, perlenden Klängen und weiten Flächen beginnt. Das wirkt alles sehr sphärisch. Roksana bringt dann nach etwa vier Minuten leicht arienhafte Gesangsmotive mit ein, die dem Track nun eine weitere Facette geben. Es wirkt wie aus dieser Welt entrückt. Dann startet das Trio aber nach etwa neun Minuten einen Sequenzerrhythmus und der Track bewegt sich nun in eine ganz andere Richtung. Freunde Sequenzer orientierter Musik kommen nun ganz auf ihre Kosten, denn die Drei bauen hierhinein herrliche Harmonien. Sanft klingt das Stück dann mit einem Pianomotiv aus.

Der zweite Track nennt sich „Weeping Walls“ und ist 15:06 Minuten lang. Dieser startet gleich mit Arpeggioklängen, die durch den Raum perlen. Dann kommen ein weiteres Rhythmusmuster, eine Pianomelodie und leicht zischende und fiepende Klangmotive auf. Das hat was von „Berliner Schule“. Nach etwa fünf Minuten wird es dann melodischer und intensiver. Ein sehr schöner Track der sich im Verlauf entwickelte.

Das 9:33minütige „Abprall“ startet mit Sequenzerrhythmen und wirkt zunächst sehr mystisch, hat aber auch wieder einen „Berliner Schule“-Einschlag. Nach etwa einer Minute schälen sich dann wundervolle Harmonien heraus, in die man sich fallen lassen kann und von denen man mitgerissen wird. Zum Abschluss erklingt dann erstmals Applaus, was die Liveatmosphäre verstärkt. Wolfram erklärt hier dann auch, das die ersten Stücke zusammenhängend und improvisiert waren.

Dann geht es auch schon mit dem 13:51minütigen „Aufprall“ weiter. Der Track basierte auf Sequenzerrhythmen, die Hajo Liese im Vorfeld erstellt hatte. Darauf wurde dann improvisierten. Ein rhythmischer, hypnotischer Track mit sehr schönen Harmonien. Roksana streut darüber hinaus in dieses Stück einige gesprochen Worte ein.

Das neunminütige „Tuman Yarom“ ist ein traditionelles Stück aus der Ukraine, Roksanas Heimat. Sie singt das Stück allein und loopt dabei ihre Stimme, was zu einem mehrstimmigen Gesamtbild führt. Ein sehr eindringliches und intensives Lied, das die Tradition der Ukraine widerspiegelt. Auch wenn das nicht Elektronikmusik im herkömmlichen Sinne ist, so kann es doch begeistern.

Das 7:43minütige „Future Of The Past (live)” ist die Liveversion des Titelstücks von Spyras gleichnamigem, 1997’er Album. Gänsehaut treibende Harmonien sowie ein sanfter Rhythmus bildeten die Grundlage für dieses wunderbare Stück auf dem wunderbare Synthsounds und gänshautmäßige Flächen das Bild bestimmen. Das wirkt nach wenigen Momenten symphonisch. Nach einer Minute setzt dann eine Pianomelodie ein, die nach wenigen Momenten von einem trompetenhaften Sound abgelöst wird. Nach ein paar Minuten kommt dann ein knackiger Rhythmus auf, gefolgt von einem melodischen Einschub, der an „Akte X“ denken lässt und der dann wieder in die Ursprungsmelodie übergeht. Eine tolle, modernisierte Version von Wolframs Klassikers.

Mit „In[SPYRA]tion III“ haben Hajo Liese, Wolfram Spyra und Roksana Vikaluk ihren hypnotischen Auftritt beim 2023’er E-Circus Summer Edition dokumentiert. Ein sehr schönes Album, das das Konzert sehr gut wiedergibt, da auch die Ansagen und der Zwischenapplaus mit eingefangen wurden. Musikalisch ist das Album darüber hinaus Top und schon allein für die tolle Liveversion von „Future Of The Past” eine Kaufempfehlung.

Stephan Schelle, Mai 2024

 
   

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