Krystian Shek - War
 

Krystian Shek - War
FAX Records (2008)
(11 Stücke, 58:12 Minuten Spielzeit)

Krystian Shek nennt sich der Elektronikmusiker aus dem Frankfurter Raum und mit der CD „War“ am 15.20.2008 sein neues Album bei FAX herausbringt. Soweit ich ermitteln konnte, handelt es sich bei „War“ um die zweite Veröffentlichung bei FAX. Krystian bringt aber mindestens seit 2003 Musik im Bereich Ambient / Techno / Elektronik heraus.

Das Titelbild zeigt die Silhouette eines Sturmgewehres, was mit dem Albumtitel zusammen eine sehr brutale oder orchestrale Musik erwarten lässt. Aber weder die musikalische Ausrichtung noch die Thematik, die das Album umgibt ist in dieser kriegerischen Umgebung beheimatet.

 


Der Pressetext schildert zur Albumthematik: „Das Album wird nicht von den schrecklichen Kriegen unserer Zeit inspiriert, sondern von der Art wie Menschen miteinander umgehen wenn sie sich zufällig in alltäglichen Umgebungen treffen wie auf Flughäfen und Bahnhöfen. Krystian Shek sammelte diese Eindrücke und wandelte sie in musikalische Ideen um. Er beschreibt nicht das Aufeinandertreffen, sondern zeigt die verschiedenen Perspektiven, auf ihre eigne, schöne Art und schafft es sie friedlich koexistieren zu lassen.“

Auf der CD hat Krystian elf Klangbilder zwischen 2:40 und 7:08 Minuten Länge aneinandergereiht, die irgendwo zwischen Ambient, Techno, House, Pop und Elektronik liegen. Dabei fällt es mir schwer das oben zitierte Aufeinandertreffen von Menschen in den einzelnen Tracks zu identifizieren. Das ist aber auch nicht weiter von Bedeutung, denn die Musik, die Krystian hier bietet sollte in den Vordergrund gestellt werden.

Los geht es mit dem kurzen „Startbahn West“, das mit Vogelgezwitscher beginnt und eine sehr naturverbundene Ausstrahlung vermittelt. Leise Flächen und ein Donnerschlag untermalen die Vogelstimmen. Unterbrochen wird diese Idylle durch ein startendes Flugzeug. Nach etwas mehr als der Hälfte befinden wir uns im selbigen Flieger über den Wolken. Die wenigen elektronischen Elemente in diesem Track erinnern mich ein wenig an Peter Mergener (z. B. an sein Album „Take Off“).

Ein direkter Übergang, in dem auch die Vogelstimmen wieder zu hören sind, folgt zum nächsten Stück „Cherry Girl“, das gleich mit einem schönen Rhythmus beginnt und zunächst wie ein Stück von Spyra anmutet, um dann aber durch eine sehr schöne Melodie sowie Veränderung des Sounds in die Nähe von Schiller zu rücken. Sehr schönes Stück. Als nächstes bietet uns Krystian mit „From Russia With Love“ ein unterkühltes, perkussives Electronical. Das hat nichts mit dem Bondstreifen aus den 60’ern zu tun, sondern rückt vom Rhythmus vielmehr in die Nähe von Kraftwerk. Vielleicht ist mit diesem Titel ja auch der TEE gemeint. Neben dem Rhythmus bietet das Stück noch eine minimalistische Melodielinie.

Sehr schöne Stereoeffekte finden sich in „Cheese & Rice“. Der Rhythmus klingt etwas reduziert (hat was von einer Mischung aus Tischtennismatch und dem Track „Flat Beat“ von Mr. Oizo), dazu eine weibliche Stimme, die mich wieder stark an Kraftwerk erinnert. Ein völlig abgedrehter, aber auch fesselnder Track, der sich im Mittelteil stilistisch noch ändert. „Nuh In The Ark“ ist auch so ein mystischer Track, der zunächst durch seine außergewöhnliche Rhythmik (hört sich am Anfang wie verfremdete Wassertropfen an) besticht und mit tollen Synthiesounds, die hier wieder sehr melodisch sind, aufwartet.

Das Titelstück „War (The Tranny Meltdown)“ beginnt sehr rhythmisch, fast schon wie eine Nummer aus einer Disco. Das erinnert mich zunächst an Frankie Goes To Hollywood im Technostil. Zunächst bestimmt der Rhythmus in den ersten beiden Minuten das Geschehen, bis dann eine sich wiederholende Harmonie und eine einsetzende Melodie in den Vordergrund treten. Aber der Rhythmus bleibt hier das bestimmende Element. Dann kommt wie aus heiterem Himmel ein Trompetenartiger Sound, der wie ein Elefantenruf die Harmonien durchbricht. Irgendwie kann ich mich dieser Stimmung nicht entziehen, die auch etwas von Schiller zu haben scheint, aber doch viel rhythmischer angelegt ist. „Tree Of Conscience“ mutet etwas futuristisch an.

Als nächste steht „War“ im Originalmix an. Hier klingt das Stück etwas anders, unterkühlter. Mir gefällt die andere Version allerdings besser. „Back Tag“ hat harte, kühle Beats, denen Krystian eine Basslinie entgegensetzt. Dann folgen harmonische Akkorde, die den Track etwas weicher klingen lassen. Das ist schon fast tanzbar und gefällt mir gut. Rhythmisch und trotzdem ruhig zeigt sich „Ocean Interlude Zero“, das für mich gut zu einer mitternächtlichen Fahrt durchs Neon beleuchtete Frankfurt passt, da es eine gewisse Melancholie nicht unterdrücken kann. „Splashin“ beschließt die CD in einer Form, die mich atmosphärisch unter die Wasseroberfläche zu drücken scheint. Man hat das Gefühl einen Tauchgang in die tiefsten Bereiche des Ozeans zu unternehmen.

„War“ ist eine ungewöhnliche CD mit sehr melodischen, rhythmischen  aber auch vertrackten Passagen, denen man sich durch intensives Hören widmen muss. Ich finde, dass Krystians Musik eine Tür zu einer neuartigen Klangwelt geöffnet hat. Unbedingt Pobehören.

Stephan Schelle, Oktober 2008

 
   

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