Johannssohn – Minoan
Encounters Johannssohn nennt sich der aus Norden stammende Günter Grünebast. Der Musiker hat sein Debütalbum, das er mit analogen und digitalen Instrumenten bzw. Software eingespielt hat, „Minoan Encounters“ betitelt. Benannt hat sich der Musiker, der eine musikalische Ausbildung im Bereich Klavier, Kirchenorgel, Akkordeon sowie Harmonielehre, Tonsatz sowie zum D-Kirchenmusiker im Fach Orgel absolvierte, nach seinem Vater Johann Grünebast. Das Album hat er dann auch seinen verstorbenen Eltern Hedwig und Johann gewidmet. |
|
|||
Im Booklet beschreibt
Johannssohn die Thematik des Albums wie folgt: Die
minoische Kultur wird als älteste Hochkultur Europas bezeichnet und zählt
zu den bedeutendsten der Menschheit. Ihre Blütezeit in der Bronzezeit mit
der Errichtung einzigartiger Paläste und Siedlungen erstreckt sich etwa von
1900 v. Chr. bis 1450 v. Chr. Insbesondere auf den griechischen Inseln Kreta
und Santorin konnten von den Archäologen viele minoische Stätten mit unzähligen
Fundstücken freigelegt werden und sind der Öffentlichkeit weitestgehend
zugänglich. Minoische
Paläste waren Sitz einer religiösen und politischen Elite, vermutlich mit
einer priesterlichen oder königlichen Herrscherfamilie, die über einen
Stadtstaat bzw. Bezirk regierte. Die genaue politische Regierungsform ist
jedoch unbekannt. Die Paläste dienten der Verwaltung, der Lagerung und dem
Umschlag von Gütern. Zudem dienten sie auch religiösen Kulthandlungen, um
die sich viele Mythen ranken, wie z.B. dem Mythos um den König Minos als
Sohn des Zeus und dem Stiermenschen Minotauros. Die minoischen Paläste
waren einzigartig in ihrer Architektur. Während zur gleichen Zeit in
Nordeuropa unsere Vorfahren noch Keulen-schwingend durch die Wälder zogen,
wiesen die Paläste der Minoer bereits ausgefeilte Bewässerungs- und
Abwassersysteme auf. Die Paläste waren so gestaltet, dass eine Art Belüftungssystem
stets für ein angenehmes Klima sorgte. Ein ausgeklügeltes System von Öffnungen
in Wänden und Dächern bewirkte eine ausgewogene Lichtdurchflutung. Die Räume
waren teilweise mit großflächigen und farbigen Fresken versehen. Der Grund für die
musikalische Umsetzung dieser Thematik liegt darin, dass Günter Grünebast
mit seiner Frau schon mehrfach Urlaub auf Kreta gemacht hat und bei der
Besichtigung von Grabungsstätten der minoischen Paläste überlegte, wie
man dies in Musik umsetzten könne. Das Ergebnis sind vier Longtracks, die
jeweils die 16-Minuten-Marke sprengen. Die vier minoischen Paläste,
für die Johannssohn eine musikalische Führung vertont hat, sind die Paläste
in Malia, Phaistos, Knossos und Zakros auf der griechischen Insel Kreta. In
den vier Stücken wandelt man förmlich durch die Ruinen der Grabungsstätten.
Dazu hat Johannssohn die Stücke unterteilt und auch mit Zeitangaben zu
deren Beginn in dem jeweiligen Stück im Booklet aufgeführt. Einzeln anwählen
kann man die Parts aber nicht, daher ist eine detaillierte Beschreibung der
vier Tracks auch nicht sinnvoll. Johannssohn hat in die
Stücke unglaublich viele Ideen hineingebracht, aus denen man gleich mehrere
Alben hätte produzieren können. Die Parts in den Stücken reichen von 19
Sekunden bis hin zu mehreren Minuten Länge. Beispielhaft für das Album möchte
ich den Eröffnungstrack, das 17:15minütige „The Palace Of Malia“
beschreiben, der in zehn Parts unterteilt ist. Der Track beginnt zunächst
mit Meeresrauschen und entsprechend ist dieser erste Part auch mit „From
The Sea To The Palace Via The North Entrance“ betitelt. Daraus bilden sich
dann recht hymnische Sounds, die mit flirrenden Effekten versehen sind. Es
klingt als würde man in eine andere Welt eintreten. Kurz vor Ende kommen
Rhythmusmuster auf, die dann ab Minute 2:10 in einen Dubartigen Part übergehen,
der mit „Walking Past The Storerooms To The North Court“ betitelt ist.
Das ist alles sehr harmonisch und rhythmisch angelegt. Ab Minute 3:19
startet dann der Part „The Tower Court“, der neben den flirrenden Sounds
nun auch eine sehr schöne Melodielinie bereit hält. Das klingt nach dem
Sound der britischen Elektronikmusiker. Bei Minute 4:17 steigt
der Track dann in den Part „In The Central Court“ ein. Diesen Part hat
Johannsson mit einer betörenden Melodie und einem druckvollen Beat
versehen. Dabei zischen und zirpen die Synthies immer mal wieder und
verzieren diese herrliche Musik. Ein toller Track. Und ab Minute 5:46 ändert
sich das Bild im Part „Kernos“ schon wieder und es wird atmosphärischer.
Die zunächst sphärischen, mystischen Klänge werden dann nach wenigen
Momenten von einer sehr schönen stoischen Sequenzerharmonie abgelöst, in
die sich dann eine Melodie und Flächen mischen. Das wirkt teilweise wieder
recht hymnisch und wird dann von einem fetten Orgelsound - wie in einer
Kirche aufgenommen - ergänzt. So bekommt das Stück noch einen sakralen
Charakter. Ab Minute 8:29 geht es
dann mit „Sanctury“ weiter, in dem eine wohlige und auch spannende
Atmosphäre aufgebaut wird, die ab Minute 9:24 in den Part „The Grand
Staircase And Loggia“ übergeht. Dieses Stück bietet auf flächigen
Sounds eine verspielte Melodielinie, die sanft in einen Gänsehaut
treibenden Teil wechselt. Auch klingt hier eine Spur Prog-/Symphonicrock
durch. Mit „Eight
Granaries“ geht es dann ab Minute 12:16 weiter, das klanglich mit
perlenden Klängen und Streichersounds direkt anschließt. Das hat wieder
was Hymnisches und ist sehr eingängig gemacht. Ab Minute 14:39 geht es dann
wieder „Back To The Central Court“. Da zirpt und zischt es und wechselt
dann für Momente in die Melodielinie, die Johannsson schon bei „The Tower
Court“ gespielt hat. Das führt dann in den letzten Part ab Minute 16:39,
der mit „We Leave The Palace Of Malia“ betitelt ist. Hier wird der Track
langsam ausgefaded. Und so grandios und
abwechslungsreich, wie Johannssohn diesen ersten Track zusammengestellt hat,
so hat er auch die restlichen drei Tracks aufgebaut. Da kommen dann auch mal
griechische Klänge auf. Die Musik ist aber nicht mit der „Berliner
Schule“ oder anderen Künstlern zu vergleichen, dazu ist sie zu
abwechslungsreich und mit unterschiedlichen Facetten versehen. Günter Grünebast aka
Johannssohn hat mit „Minoan Encounters“ ein tolles Elektronikalbum veröffentlicht,
das als CD in einem sechsseitigen Digipak mit 16seitigem Booklet erschienen
ist. Musikalisch ist es nicht nur ein Rundgang durch alte griechische
Ausgrabungsstätten, sondern auch eine packende, von unglaublich vielen
Ideen strotzende Mischung der unterschiedlichsten Musikstile. Ein tolles
Album, dem hoffentlich noch weitere Veröffentlichungen folgen werden. Stephan Schelle, Dezember 2023 |
||||