Johannes Schmoelling – Time And Tide
 

Johannes Schmoelling – Time And Tide
Viktoriapark (2011)
(9 Stücke, 59:19 Minuten Spielzeit)

Ende 2011 erschien das neue Soloalbum von Johannes Schmoelling. Johannes ist in der Zeit von 1979 bis ca. Ende 1985 Mitglied der Elektronikpioniere und Mitbegründer der „Berliner Schule“ Tangerine Dream gewesen. Während dieser Zeit hat er den Stil der Berliner Elektronikinstitution maßgeblich beeinflusst. Im Jahr 1986 erschien sein erstes Sololabum „Wuivend Riet“, dem weitere folgen sollten.

 


Auch auf dem neuen Album „Time And Tide“, bei dem er allerdings nicht komplett Solo agierte, sind die Klänge von Tangerine Dream deutlich herauszuhören. Neben Johannes wirkt noch ein gewisser Jonas Behrens mit, den ich bisher nicht kenne. Von Jonas stammt das Stück „The Gift“, das er allein performed. Daneben hat er an vier Stücken zusammen mit Johannes Schmoelling gearbeitet.

Das Werk scheint ein ganz persönliches der beiden Musiker zu sein, denn im Booklet ist zu lesen, das Johannes das Werk seiner Mutter und Jonas das Stück „The Gift“ seiner Großmutter widmet.

Neun Stücke finden sich auf dem Silberling. Die Laufzeiten der einzelnen Tracks liegen zwischen 3:48 und 8:25 Minuten. Los geht es mit „Splendid Isolation“, einem Track der von Johannes komponiert wurde. Eine helle Synthiestimme eröffnet das Stück und Flächen ziehen sanft durch den Raum, auf den dann hell klingende Sounds wie ein Echolot gelegt sind. Dann setzt der Sequenzer ein und Gänsehaut macht sich breit. Da kommen perlende Klänge zu gehör, so wie man das auch von zum Beispiel Brainwork her kennt und doch geht Johannes in diesem Stück wesentlich atmosphärischer vor, als sein jüngerer Kollege aus Köln. Irgendwie macht sich dieses wunderbare Tangerine Dream/Schmoelling-Gefühl aus den frühen 80’ern dabei breit.

Auch das folgende „Lone Warrior“ stammt aus der Feder von Johannes. Es ist ein rhythmischer Track mit einer herrlichen Melodie, die schnell ins Ohr geht. Daneben fügt Johannes noch symphonische Synthieflächen und nach Science Fiction klingende Sounds hinzu, die den Track noch mystischer und eingängiger machen.

Mit „The Gift“ folgt dann das Solostück von Jonas Behrens. Eine wunderbar verträumte Nummer, die ebenfalls einen hohen Gänsehautfaktor besitzt. Zu den herrlichen Synthieklängen kommt eine etwas kratzige E-Gitarre. Ähnlich wie Maxxess, nur nicht mit der straighten Rockart, zeigt sich hier Jonas an seinem Saiteninstrument. Er spielt die Gitarre recht atmosphärisch und setzt damit nur einen zarten Gegenpol zu den Synthies.

„The Answer“ ist eine klassisch anmutende Pianoballade, die direkt unter die Haut geht. Der Track verströmt eine eigenartige, wohlige Melancholie. Nach dem anfänglichen Pianosolo, kommen weitere Synthiestimmen hinzu. In diesem Stück verschwimmen die Grenzen von Klassik und Elektronik. „Zero Gravity“ ist der letzte Solotrack von Johannes, bevor es dann mit den vier gemeinsam erstellten und komponierten Stücke weitergeht. Auch „Zero Gravity“ hat etwas Schwebendes und lässt so die Gedanken des Hörers einfach in die unendlichen Weiten schweifen. So lasse ich mir gerne die Schwerkraft unter den Füßen wegziehen.

„Beacon Of Hope“ startet die Zusammenarbeit von Johannes Schmoelling und Jonas Behrens. Der Track wirkt wie ein Stück aus der guten alten Tangerine Dream-Zeit. Beim Hören kommt bei mir eine Spur Nostalgie auf. Doch schnell zeigt sich dass Johannes und Jonas nicht in der Vergangenheit verweilen sondern dem Stück durch weitere loungeartige Elemente einen modernen Anstrich verleihen. „Life In The Darkness“ ist durch den Einsatz des Sequenzers ebenfalls ein Stück nahe am Sound von Tangerine Dream. Aber was schreibe ich da, der Sound ist typisch Johannes Schmoelling! In diesem Track geht es aber sehr rhythmisch zu, was der Drumprogrammierung und der Einsatz der wabernden E-Gitarre zu verdanken ist.

Mit „Genetic Diverity“ entführen uns Johannes und Jonas in eine mystische Welt. Irgendwie habe ich das Gefühl mich schwerelos im All zu bewegen und im nächsten Moment - durch den Einsatz dieser mystischen und nach Weltmusik klingenden Rhythmik - mich in einem fernen Land inmitten eines Urwaldes wieder zu finden. Den Abschluss bildet dann das Titelstück. Ein wunderbarer Track, der sich wieder direkt unter die Haut schiebt.

Mit „Time And Tide“ ist Johannes Schmoelling unter Mitwirkung von Jonas Behrens ein wirklich tolles Elektronikalbum gelungen. Wem die Musik von Johannes oder von Tangerine Dream gefällt, der wird um dieses Album nicht herumkommen.

Stephan Schelle, März 2012

 
   

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