Joerg Dankert - Messages Erst Ende Juli ist das letzte Album von Elektronikmusiker Joerg Dankert erschienen, das den Titel „Between The Meantime“ trug, da legt er am 26. November schon mit einem weiteren Album nach. Das neue Werk nennt sich „Messages“. Thematisch geht es um Nachrichten, die über die Kurzwelle versendet werden. Das Cover, das Zahnräder der Verschlüsselungsmaschine Enigma sowie Antennen aller Art miteinander verknüpft, hat Joerg Dankert selbst entworfen. Das passt perfekt zur Thematik. |
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Im
Alter von zehn Jahren faszinierte es ihn, bei seiner Oma über ein altes Röhrenradio
exotische Musik, komische Geräusche und manchmal Stimmen zu hören.
Letztere stammten von Funkverkehr, wie er später herausfand. Später wurde
diese Faszination auch beruflich für ihn wichtig, denn er bekam ein Angebot in der Armee und zwar in der elektronischen Kampfführung
zu arbeiten. In
der Freizeit hörte ich damals mit einem Weltempfänger der Welt zu. In den
80er Jahren war sehr viel auf der Kurzwelle los. Nicht nur militärischer
Funk- und Morseverkehr, sondern auch unzählige internationale Radiosender
von allen Kontinenten. Dort konnte man Synthesizer-Musik aus Frankreich,
England und der Sowjetunion hören. Im Verlaufe der Jahre, im Zuge der
technologischen Entwicklung, verlor die Kurzwelle jedoch massiv an
Bedeutung. Immer mehr Sender stellten den Betrieb ein und immer mehr Dienste
wichen auf Satelliten aus. Eine
Form der Nachrichten auf der Kurzwelle gibt es auch heute noch.
Zahlensender, die in unterschiedlichen Sprachen, codierte Nachrichten
aussenden. Früher gab es unzählige davon und manche mit interessanten
Kennungen, beispielsweise Melodien und Tonfolgen. Ja, es sind wenige
geworden, aber sie sind noch da. Neben dem sprachlichen Funkverkehr gibt es
unzählige andere Techniken, die genutzt werden. Fernschreiber, Morsecode,
Telefax, … und verschlüsselte digitale Datentransfersysteme geben
unterschiedliche Geräusche, Sounds und Nachrichten in den Äther. Einige
der aktuell in den Zeiten des Ukraine-Krieges ausgesendeten Nachrichten habe
ich gehört, aufgenommen und in die Musik eingebaut. Manche Melodien und
Sounds sind das Ergebnis der Inspiration durch das Zuhören. Es ist unklar,
welche Nachrichten inhaltlich übersendet werden, da der Code nicht geknackt
ist – zumindest hat niemand das öffentlich bekannt gegeben -, aber es
werden persönliche Nachrichten an echte Spione oder aber für ein
bestimmtes Land agierende Menschen gesendet. Auf
wenigen Frequenzen weiß man, dass es sich um die Kommunikation von
strategisch wichtigen Einheiten handelt. Seien es Transport-Einheiten oder
Bomberstreitkräfte mit nuklearen Waffensystemen. Mögen sie niemals in
Echtzeit aktiv und genutzt werden, denn dann würde unsere Welt untergehen.
Das Trainieren dieser Kommunikation auf diesen festen Frequenzen kann man
jeden Tag hören. Die im Album eingearbeiteten Nachrichten sind alle echte
Nachrichten. Im letzten Stück ist ein Funksignal zu hören, welches die
Ukrainer eingesetzt haben, um russischen Funkverkehr zu überlagern und
damit zu stören. Die
neun Stücke auf dem Album hat Joerg in der Zeit von März bis November 2022
eingespielt. Gestartet wird mit dem vierminütigen „Korsar Is Calling“.
Hier hat Joerg Dankert sehr mysteriöse und düstere Klänge mit
gesprochenen Textfetzen einer weiblichen Stimme verbunden. Das hat etwas
Bedrohliches und zugleich Flehendes, da es wie ein Hilferuf wirkt. Im
weiteren Verlauf kommen einige Harmonien auf, die dann soundtrackartig
wirken. Dem
folgt das 4:21minütige „Fading Contact“. Das beginnt mit atmosphärischen
und auch wieder recht düsteren Synthklängen. Joerg baut hier
Stimmungsbilder auf, die Melodien vermissen lassen. Erst ab der Hälfte
kommen flächige, teils schwebende Harmonieansätze auf. Das hat wieder sehr
viel von einem Soundtrack. Auf
6:21 Minuten Spielzeit bringt es dann „Sad Sounds“. In der ersten Minute
baut Joerg zunächst wieder Stimmungsbilder auf, die wieder etwas bedrohlich
wirken. Danach schält sich aber eine leicht melancholische Harmoniefolge
heraus, die sanft dahinschwebt. Ein wunderbarer Track. Das
3:38minütige „Urgent Utility Message“ wird dann von Sequenzerrhythmen
bestimmt und ist eine Mischung aus proggigen Sounds und John
Carpenter-Feeling. Das gefällt mir sehr gut. Mit
einer weiblichen Stimme und Rauschen startet Joerg dann in den 5:18minütigen
Track „Nice Voice“. Schnell kommen herrliche Synthflächen auf und
bieten schwebende Musik, die wie für einen Flug durch das All gemacht ist.
Ein sehr erhaben klingender Track. Das 3:10minütige „Humerous“ zeigt
sich dagegen wieder etwas rhythmischer und hat etwas von einem John
Carpenter-Soundtrack. „A
Little Melody“ bietet Arpeggios und eine schöne, sanfte Melodieführung.
Dahinein baut Joerg dann Sprachfetzen ein. Das hat Flair und gehört zu den
Highlights des Albums. Kollagenartig zeigt sich dagegen „Emergency Action
Message“. Das
Album endet mit dem 16:14minütigen Track „Mil Comms But Hope“. In
diesem Stück hört man Rauschen, Stimmen, bedrohlich wirkende Sounds und im
Mittelteil eine sehr schöne Harmoniefolge mit Sequenzerrhythmus. Und auch
noch eine Spur Vangelis-Sound ist in dem Stück zu finden. Joerg
Dankert geht auf dem neuen Werk „Messages“ nicht so melodisch vor, wie
er es auf „Between The Meantime“ gemacht hat. Hauptsächlich werden
Stimmungsbilder erzeugt und diese mit den Aufnahmen aus dem
Kurzwellenbereich ergänzt. Das klingt teilweise ungewöhnlich, dann
wiederum sehr spannend und wird immer mal wieder von Harmoniebögen unterstützt.
Das ist Musik, die man in Ruhe auf sich wirken lassen muss, dann entfalten
sich die harmonischen Momente besonders stark. Stephan Schelle, Dezember 2022 |
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