Jazzcomputer.Org - Many Sides Of Music
 

Jazzcomputer.Org - Many Sides Of Music
Eigenvertrieb / www.jazzcomputer.org (2014/2017)
(
13 Stücke, 101:06 Minuten Spielzeit)

Hinter dem Namen Jazzcomputer.Org, das ist gleichzeitig die Internetseite des Künstlers, verbirgt sich der Franzose Yves Potin. Bereits seit 2006 betreibt er diese Plattform und veröffentlicht seither seine elektronische Musik, die eine Mischung aus Jazz, Prog und Ambient darstellt. Elf Alben sind so bereits herausgekommen. „Many Sides Of Music“ ist zwar bereits im Jahr 2014 erschienen, doch kann man von einem neuen Album sprechen, denn die Musik wurde neu remixt, zum Teil neu orchestriert und komplett remastered.

 

 


Das als Doppelalbum ausgelegte Werk unterscheidet zwei Seiten (mir lag eine CDR des Albums zur Besprechung vor). Während CDR 1 den Untertitel „The Jazzy Way“ trägt, hat Yves die zweite CDR mit dem Untertitel „The Ambient Way“ versehen. Beide CDRs haben in etwa die gleiche Länge von ca. 50:30 Minuten Spielzeit. Während die erste CDR rhythmischer und dynamischer daherkommt, zeigt sich die Zweite von einer eher ambienten Stimmung.

Mit dem 6:55minütigen „No Joe“ geht es los. Zunächst wirkt das Stück durch seinen Rhythmus recht rockig, doch schnell kommen jazzige und elektronische Elemente hinzu. Aufgrund der Art des Synthesizers, der durch den Raum perlt, hat die Musik an einigen Stellen auch Ähnlichkeiten zu Acts wie den Ozric Tentacles. Die jazzige Note hat hier aber eindeutig die Oberhand. Das klingt ungewöhnlich und hochgradig spannend, auch wenn Yves mal ein leichtes Chaos in seine Musik einwebt. Im Mittelteil kommt dann ein Gitarrensolo dazu, was die Vermengung von Prog und Jazz noch deutlicher zu Tage bringt. Auf diese Art der Musik muss man sich erst einmal einlassen, bevor man ihre Ausdruckskraft erkennt.

„Transponder 1037“ lässt die Synthies wieder richtig singen und flirren und versetzt das Ganze noch mit einer Note Funk. Leicht schräge Klangformen, die hier und da mal eingestreut werden, zeigen dann wieder den jazzigen Ansatz. Insgesamt aber ein sehr eingängiger und schöner Track. Ambient dagegen beginnt „Terrace Of Clouds“, das zunächst mit herrlichen Synthieschwaden durch den Raum schwebt. Sobald dann aber nach gut einer Minute der Rhythmus einsetzt, hier treffen dann Bass und Harfe aufeinander, wird es atmosphärisch mit eingängigen Harmonien. Hier kommen mir dann auch Erinnerungen an Andreas Vollenweider in den Sinn. Das bleibt aber nicht über die volle Länge von 8:17 Minuten so. Der markante Bass treibt weiterhin sein Spiel während ein Schlagzeug den Rhythmus vorgibt und die Synthies wieder zu singen beginnen. Das ist dann wieder recht jazzig. In „Sherkaner“ baut Yves dann sogar einen Reggaerhythmus ein, der hervorragend ins Gesamtbild passt. Xylophonartige Klänge sorgen dann für den jazzigen Touch. Ein klasse Track.

Ambiente Klangformationen bietet er dann im Track „Warp“. Diese werden dann nach einigen Momenten durch Percussion und jazzige Klänge sowie durch Worldmusic-Elemente ergänzt Elemente ergänzt. So leuchtet beispielsweise mal kurz eine Passage auf, die an Santana erinnert um wenige Momente später einen Synthiesound/-rhythmus zu kreieren der nach Kraftwerk oder auch Pink Floyd klingt. Darauf werden dann jazzige Motive gelegt.

Auf dem zweiten Silberling geht es dann mit „The Gravity Well Part 2“ weiter (Part 1 befand sich auf der ersten CDR). Der Elfminüter wirkt zunächst recht spacig und baut zu Beginn Stimmungsbilder auf, die keine Harmonien beinhalten. Erst nach drei Minuten schält sich dann eine Harmonie heraus und die Rhythmusmuster aus dem Sequenzer verbinden sich mit Percussion, was zu einem sehr ambienten, hypnotischen Track mutiert. Yves verändert einige Male die Struktur. Vom Klangbild hat das an einigen Stellen auch Ähnlichkeiten mit Gert Emmens Musik. Und doch ist sie völlig anders.

Das 7:45minütige „Chew Z“ verbindet dann Ambient mit psychedelischem Rock und bringt auch hier eine leicht angejazzte Note mit hinein. Die E-Gitarre in diesem Stück bringt ein leichtes Crimsoneskes Flair in die Musik. Auch die restlichen Tracks sind sehr ambient angelegt und zeigen wie beispielsweise das abschließende „Soavre“ mehr Stimmungsbilder, ohne das Melodien in den Vordergrund treten.

„Many Sides Of Music“ von Yves Potin aka Jazzcomputer.Org ist ein Album, das nicht ganz so leicht zu konsumieren ist. Während Freunde der elektronischen Stimmungsbilder mit dem zweiten Silberling ihre Freude haben werden, bietet die erste CDR recht rhythmische und jazzige Tracks, die von schönen Harmonien durchzogen sind, aber teilweise von disharmonischen Einschüben oder sehr jazzigen Passagen unterbrochen werden. Hier sollte man zunächst erst einmal hineinhören.

Stephan Schelle, Januar 2018

 
   

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