Ian Boddy & David Wright – Shifting Sands
 

Ian Boddy & David Wright – Shifting Sands
AD Music / New World Music (2009)
(5 Stücke, 62:33 Minuten Spielzeit)

In Großbritannien hat sich schon vor Jahren ein eigener Elektronikstil entwickelt, der sich langsam aus der „Berliner Schule“ kristallisierte. Zwei der wichtigsten Musiker der britischen Szene sind Ian Boddy und David Wright. Die beiden haben eine ganz besondere Handschrift, die ihre Musik so einzigartig macht und die die elektronische Musik in den letzten Jahren stark geprägt hat. Nun sind die beiden eine Kollaboration eingegangen und haben mit „Shifting Sands“ ihr erstes gemeinsames Album im September 2009 herausgebracht. Gleichzeitig haben sie zusammen mit dem deutschen Elektroniker und Gitarristen Klaus Hoffmann-Hoock einige Konzerte bestritten.

 


Lediglich fünf Stücke bieten die beiden auf ihrem Album, allerdings bringen es die einzelnen Tracks auch auf 6:00 bis 15:30 Minuten Länge. Die fünf Titel stammen alle aus der gemeinsamen Feder von Ian und David. Beim Eröffnungstrack komponierte und spielte auch noch Dave Massey mit, der mit David zusammen das Elektronikduo Callisto bildet.

Wer jetzt aber die knackigen und hypnotischen Rhythmen, die viele von Ian Boddy’s Produktionen auszeichnen erwartet, der wird etwas enttäuscht sein, denn auf „Shifting Sands“ geht es sehr atmosphärisch zu, so als ob David Wright’s Stil dominieren würde. Aber auch das ist ja nicht die schlechteste Variante.

Gleich der Opener „Halycon“ weist eine unter die Haut gehende Stimmung auf. Diese tollen Synthieharmonien, die von einem sanften Rhythmus durchzogen werden und an einigen Stellen von einer E-Gitarre begleitet werden (oder kommt der Sound aus dem Synthie?), lassen die Gänsehaut hervortreten, die nicht so schnell wieder verfliegen will. Der Rhythmus erinnert mich ein wenig an die Code Indigo-Alben. Sobald die Melodie erklingt werden bei mir tiefe Sehnsüchte offenbar und ein wohliges Gefühl stellt sich ein.

„Still Motion“ ist eine Spur rhythmischer, aber klingt immer noch verhalten. In diesem mehr als 15 Minuten langen Stück wechseln Rhythmus, Struktur und Melodien, so dass es spannend bleibt. Das klingt wie eine Reise durch das eigene Ich. Verträumt, mit Sounds die wie von einem Theremin erzeugt klingen, geht es dann im Titelstück weiter. Auch dieser Thereminhafte Klang erzeugt eine träumerische Stimmung, der man sich nicht entziehen kann. Nach wenigen Momenten kommt ein Rhythmus auf, der eine gewisse hypnotische Wirkung ausübt. Rhythmus und Theremin scheinen meine Sinne zu vernebeln, so dass ich nicht mehr klar denken kann und meine Gedanken in alle Richtungen abdriften.

„Endless Terrain“ wird vom Piano-Sound bestimmt und mit einem Sequenzerrhythmus verbunden. Dazu kommt nach wenigen Momenten ein sanft stampfender Rhythmus. Auch in diesem Stück wechseln die beiden Stimmungen und Melodieführung und zum Ende hin wird es dann etwas trostlos, was die endlosen Landschaften unterstreicht. Mit „Comets“ geht es dann ins All. Hier starten gleich zu Beginn die Sequenzer. Das hat schon eine gewisse Ähnlichkeit zu Tangerine Dream, die Melodie hat aber eine unglaubliche Leichtigkeit und geht sehr schnell ins Ohr.

Wer die Produktionen von David Wright mag, der wird diese neue Kollaboration lieben. „Shifting Sands“ ist ein tolles, atmosphärisches Album geworden, das mit seinen traumhaften Melodiebögen von der ersten Minute an gefangen nimmt. Das Album kann ich daher vorbehaltlos empfehlen.

Stephan Schelle, September 2009

 
   

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