Hargest Darken – Vom Winde verwohnt
 

Hargest Darken – Vom Winde verwohnt
Bi-za-records / Bandcamp (2024)

(6 Stück, 57:34 Minuten Spielzeit)

Hagen von Bergen musste sich im Jahr 2023 einer Herzoperation unterziehen. Mit seinem neuen Album, das er unter dem Pseudonym Hargest Darken veröffentlichte und das den Titel „Vom Winde verwöhnt“ trägt, versucht er teilweise seine Eindrücke und Erlebnisse kurz vor der Vollnarkose und unter den Drogen der Intensivstation, musikalisch umzusetzen. Sechs Stück hat er auf dem Album versammelt.

 

 


Mit dem 6:20minütigen „Zipfelzapfen 2 (Völklinger Wasser Mix)“ beginnt das Album. Da hat Hagen von Bergen wieder seine Fantasie bei der Titelgebung spielen lassen. Flirrende Synthies und ein nicht verständliches Gebrabbel leiten in den Track ein, der nach wenigen Momenten mit hellen, Windspiel artigen Sounds und einer fast schon klassisch wirkenden Melodielinie weitergeführt wird. Das wirkt wie durch einen Nebelschleier betrachtet. Nach etwas mehr als einer Minute kommt dann aber ein herrlicher Rhythmus hinzu und das Ganze hat jetzt einen sehr ansprechenden Groove bekommen. Zum Ende hin klingt das Ganze durch ein Stimmgewirr, das zunächst wie durch einen Soundvorhang verdeckt ist und sich in einer Art Ansage mit anschließendem Wehklang wandelt, recht düster.

Als zweites hat Hagen das 8:56minütige Titelstück platziert. Hier hört sich der Beginn wie eine sich drehende metallische Scheibe an. Tropfende Geräusche schließen sich an. Nach gut 1:20 Minuten kommt dann eine etwas düstere Klangfarbe auf, wenn die Synthies einsetzen. Eingeschoben werden mysteriöse Klänge, die sich für mich nach einem Beatmungsgerät anhören. Das klingt alles etwas wirr und bekommt erst nach der Hälfte Struktur und gar eine leicht melodische und rhythmische Note.

7:21 Minuten lang ist der nächste Track „Fire“. Die ersten anderthalb Minuten ist ein rhythmisches Muster zu hören, das wie eine Maschine klingt und langsam aus dem Off nach vorn tritt. Dann kommen merkwürdige Stimmsamples auf, die sich in den Rhythmus gesellen. So als würde man an einer lebenserhaltenden Maschine angeschlossen sein und jemand zu einem sprechen, den man aber nur schlecht versteht. Leichte Harmonieansätze hat Hagen dahinein gewoben.

Es folgt das rhythmische, 7:44minütige „Grinsebacke“, das zu Beginn einen Marschähnlichen Rhythmus aufweist, der auch an Schottische Kapellen (was die Trommeln betrifft) erinnert. Nach etwa einer Minute wandelt sich der Rhythmus und es kommen noch Bläser artige Synthsounds auf. Das wirkt alles auch wie durch einen Nebelschleier betrachtet und mysteriös. Zum Ende hin gesellt sich noch eine eigenartige Melodie hinzu, die nach fernem Osten klingt.

„Zipfelzapfen (HvB mützenmix)“ bringt es dann auf 16:28 Minuten Spielzeit. Die ersten Klänge wirken, als würde jemand Messer schleifen. Darauf setzen sich dann flächige Sounds. .Nach nicht ganz einer Minute kommt aber ein sehr schönes Perkussionmotiv auf, das nach wenigen Momenten wieder von sehr mysteriösen Klanggebilden abgelöst wird. Der Mittelteil besitzt dann aber einen schönen Groove, auf den sich dann Harmonien legen.

Das Album endet mit dem 10:44minütigen „Augen zu, gleich geht eh das Licht aus“. Mysteriöse Klänge und eine verzerrte Stimme, so als würde man letzte Anweisungen vor dem Einsetzen des Narkosemittels bekommen, starten in den Track, der nach nur wenigen Momenten mit düsteren Klängen aufwartet. Dass kann man eigentlich gar nicht beschreiben. In den ersten dreieinhalb Minuten geht es da ziemlich wirr zu. Dann kommt ein pumpender Rhythmus auf, der sich dann mit anderen Sounds - wie zum Beispiel Schritte im Schnee oder einer zerknüllten Papiertüte - abwechselt.

„Vom Winde verwöhnt“, das neue Album von Hargest Darken aka Hagen von Bergen wurde teilweise unter anderem von Eindrücken bei einer Herzoperation beeinflusst. Das merkt man den Stücken auch an, denn sie klingen recht Nebel verhangen und wie durch einen undurchsichtigen Vorhang betrachtet, der nur schemenhaft die Umwelt darstellt. Das ist nicht ganz einfacher Stoff, den uns Hagen da präsentiert.

Stephan Schelle, März 2024

 
   

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