Harald Nies - Earthcreator
 

Harald Nies - Earthcreator
MellowJet Records (2010)
(5 Stücke, 63:47 Minuten Spielzeit)

Harald Nies ist in der Elektronikszene kein unbekannter mehr, hat er doch schon einige CDs herausgebracht. Das neue Werk nennt sich „Earthcreator“ und erscheint im Frühjahr 2010 in einem Amaray-Case beim Elektroniklabel MellowJet Records. Auf der Homepage des Labels ist zu lesen, dass es sich bei diesem Werk um Haralds bestes Album handelt. Bei solchen Äußerungen bin ich immer recht skeptisch, sagt jeder Künstler doch von sich, dass das neueste Album immer das Beste ist. Allerdings muss ich dieses Mal unumwunden zustimmen.

 


Harald, der in einer sehr gelungenen Kombination Synthies und E-Gitarre miteinander vereint, hat auf dem Album nur fünf Stücke platziert, die es aber alle in sich haben. Entgegen den Ansätzen, die beispielsweise Maxxess in seiner Musik verfolgt, geht Harald nicht so rockig sondern mehr sphärisch mit seiner E-Gitarre zu Werke und tummelt sich damit eher im Umfeld von F. D. Projekt (man höre sich beispielsweise das Solo im Opener an).

Waren auf den bisherigen Veröffentlichungen die Stücke eher kürzer, so lässt sich Harald auf „Earthcreator“ wesentlich mehr Zeit für die Entwicklung der Stücke. Das macht sich auch gleich im Opener, dem fast zwölfminütigen „Seven Features In One Dream“ bemerkbar. Herrliche synthetische Melodiebögen treffen hier auf einen rhythmischen Untergrund (wird da etwa auch eine Bassgitarre gespielt?), auf den sich abwechselnd Soli von E-Gitarre und Synthie legen. Ein Stück zum fallen lassen. Sehr gut gefällt mir auch das sehr organische Schlagwerk, das sich nicht synthetisch anhört.

Orientalisch mit einem Hauch Tangerine Dream der frühen 90’er kommt im Titelstück auf. Hier werden auch Perkussionsounds in der Art von Tablas eingesetzt, die mit Piano (übernimmt die Melodieführung), Bass, Flötensound und Flächen angereichert werden. In der Mitte des Stückes ändert sich der Stil und es kommen ambiente Soundgemälde ans Tageslicht. Zum Ende hin holt Harald dann noch einmal seine E-Gitarre raus und es entwickelt sich eine Stück, das auch gut in die gemäßigte Krautrockära gepasst hätte, ohne die elektronischen Elemente zu vernachlässigen.

Mit dem fast 20minütigen „Dividing Waters“ führt uns Harald unter die Wasseroberfläche. Schon die ersten Flächen ziehen den Hörer in ein tiefes Blau. Man hat beim Hören das Gefühl immer tiefer zu sinken. Dann kommen Sequenzen hervor und Harald entwickelt das Stück stetig, aber langsam voran bis es in einen fast majestätischen Part wechselt, der recht orchestral und symphonisch á la Vangelis-Soundtrack klingt. Da stellen sich sofort wieder die Körperhaare vor Freude auf. Das ist einfach nur traumhaft. Aber auch diesen Stil behält er nicht bei und wechselt später in einen unwiderstehlichen Part, der eine sanfte rockige Atmosphäre bekommt, um zum Ende hin sanft auszuklingen. Wow.

In „Interaction Of Elements“ kommen für mich Sounds in einer Mischung aus Tangerine Dream und Ashra aus den Boxen. Diese warmen Synthieklänge erzeugen bei mir ebenfalls ein wohliges Gefühl. Den Abschluss bildet dann das zunächst recht sphärische „Earth Core“, das aber nach drei Minuten Sequenzer bietet, die einfach nur mitreißen und stetig an Dynamik gewinnen. Zum Ende hin kommt dann eine Akustikgitarre hinzu, die dem Ganzen einen weiteren Anstrich verleiht. Mit den letzten Klängen entschwebt der Hörer dann in weite Sphären bzw. wird sanft in die Wirklichkeit zurückgeführt.

Ja es stimmt wirklich, Harald hat mit „Earthcreator“ sein bisher bestes Album an den Start gebracht. Wer melodische Elektronikmusik mag, der kommt mit dieser CD voll auf seine Kosten. „Earthcreator“ ist eine CD, die noch oft ihre Runden in meinem Player drehen wird.

Stephan Schelle, Februar 2010

 
   

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