Hagen von Bergen & Christian Fiesel - Sperrgut Die Idee zu einer Zusammenarbeit zwischen Hagen von Bergen und Christian Fiesel reifte Ende 2016, nachdem die beiden ihre Doppelalben „Der dauernde Fluss“ und „Hagen’s Delight“ auf Hagens BiZa-Records-Label veröffentlichten. Beide Musiker stehen für einen etwas sperrigen Elektroniksound, da passt der Titel der CD „Sperrgut“ sehr gut, denn ihre Sperrigkeit ist auch auf dem gemeinsamen Werk Programm. |
|
|||
Ausgangspunkt
waren zahlreiche Samples, die Hagen überwiegend
auf Flugreisen aber auch im heimischen Kontext aufgenommen hatte und
die beide Musiker nach eigenem Gusto verarbeiten und in einen musikalischen
Kontext stellen sollten. Die Musik ist voller Brüche, voller Samples (vor
allem aus dem Flugbereich) und ist ein Trip via Kopfhörer, daher auch der
Titel. Die
beiden Titel tragen die Namen „Anschnallzeichen“. Der 36:32minütige
Part 1, mit dem die CD beginnt, stammt von Christian Fiesel. Zunächst hört
man ein schlagendes Geräusch zu dem sich einige synthetische Sounds
gesellen. Das klingt anfangs bedrohlich, da die Lautstärke zunimmt. Man hat
das Gefühl. als komme etwas auf einen zu. Dann aber werden hellere Klänge
und Flächen beigemischt. Von Anfang an werden verschiedene Sounds
miteinander kombiniert, die nicht melodische sind, aber doch auf eine unerklärliche
Art und Weise harmonisch wirken. Das wirkt auf mich wie ein musikalisches Hörbuch,
bei dem kein Text, dafür die Story durch die unterschiedlichen Klänge erzählt
wird. Der
Track entwickelt sich immer weiter und wechselt in Rhythmik und Sounds und
spielt darüber hinaus auch mit der Dynamik und Lautstärke. Eingestreut
werden immer mal Klänge, die einem bekannt vorkommen. Im letzten Teil setzt
Christian dann noch einige melodische Elemente ein, die aber abgehackt
klingen. Sägende Gitarrensounds spielen dabei auch eine Rolle. Der erste
Track ist sperrig aber hochgradig spannend. Es wird auf eine nicht
beschreibbare Art eine fesselnde Stimmung erzeugt. Mit
einer Stimme, die auf den Ausgang hinweist und die sich in einigen
Echoeffekten und verschiedenen Sprachen zusammensetzt, beginnt dann Hagen
von Bergen seinen zweiten, 30:27minütigen Part von „Anschnallzeichen“.
In dieses scheinbar stimmliche Chaos spinnt Hagen dann einigen ungewöhnliche
rhythmische Synthieklänge ein. Das Stimmgewirr und die elektronischen Klänge
gehen eine Liaison ein, bei der man sich eine Kamerafahrt durch einen überfüllten
Flughafen vorstellt. Rockig
anmutende, dann wieder leicht verstörende Klangmuster, die recht chaotisch
wirken, aber trotzdem fesselnd sind, wechseln sich ab. Oftmals geht es hier
recht rhythmisch zu. Dazwischen setzt Hagen dann auch ruhige Passagen, die
beispielsweise wie eine Mixtur aus raschelnden Hölzern und einer
knisternden Vinylscheibe klingen. Danach gibt Hagen dann aber wieder Gas und
baut einen Rhythmus ein, der wie ein stampfender Zug wirkt. Auch dieser
zweite Part ist gespickt mit ungewöhnlichen Klängen. Mit
Hagen von Bergen und Christian Fiesel haben sich Zwei mit gleichem
musikalischen Verständnis gefunden. Ihre Musik ist außergewöhnlich und
setzt statt auf Melodien und Harmonien mehr auf Sounds, die auch schon mal
leicht verstörend wirken können. Und trotzdem schaffen es die beiden den Hörer
in ihren Bann zu ziehen (zumindest, wenn man sich auf Musik jenseits der
harmonischen Pfade einlassen kann). „Sperrgut“ wird seinem Titel
gerecht, ist aber eine berauschende Entdeckungsreise. Stephan Schelle, November 2017 |
||||