Hagen von Bergen – Ei Allemol
 

Hagen von Bergen – Ei Allemol
BI-ZA Records (2014)
(
4 Stücke, 72:49 Minuten Spielzeit)

Frank Schüßler, der sich hinter dem Pseudonym Hagen von Bergen verbirgt, war mir erstmals vor einem Jahr aufgefallen, als er mir sein Album „Jetzt“ (2009) zuschickte. Vor allem seine abwechslungsreiche Musik, die nicht wirklich in eine Schublade passen will (außer halt in die der elektronischen Musik), hatte es mir angetan. In 2014 legt er nun das Album „Ei Allemol“ nach. Wie immer sind der Albumtitel sowie die Titelbezeichnungen äußerst ungewöhnlich – hier vor allem durch regionale umgangssprachliche Wortfindungen geprägt.

 

 


Den Beginn macht das achtminütige Titelstück, das mit knarrenden Geräuschen beginnt und dann in einen Rhythmus übergeht, der an Alan Parsons erinnert. Dem schließt sich dann noch ein Schlagzeugrhythmus an, was zunächst alles zusammen recht eigenartig klingt. Doch sobald ein Beat einsetzt und Melodielinien darauf gesetzt werden, geht das Stück gut los und bietet einfache, aber eingängige Melodien. Immer wieder unterbricht Frank diese Atmosphäre in dem er kurze Passagen einflechtet. Auch variiert er den Sound, in dem er die Klangfarben und Effekte verändert, ohne dass sich die Melodie des Stückes wesentlich verändert. Diese Klangorgie ist vergleichbar mit der Musik von Eroc, der auf seinen Soloalben auch immer für Experimente ein gutes Händchen hatte.

Wie eine Reise durch einen Raum mit Gläsern, Glocken und Metallschalen so beginnt der nächste, elfminütige Track „Bohzhämmel“. Assoziationen zu Spieluhren, Windspielen oder Klangschalen aus Metall werden bei den ersten Tönen dieses Stückes bei mir wach. Da klappert, rattert und flirrt es durch den Raum und steigert sich dann in eine Kakophonie aus einer Unmenge an Klängen, die sich dann nach etwa drei Minuten langsam auflösen und erste Harmonien sichtbar werden lassen. Das Stück wirkt aber äußerst befremdlich und erst nach mehr als sechs Minuten kommt ein Sequenzer zum Einsatz, der nun ein wenig mehr Harmonie in das Stück bringt. Trotz dieser Klangvielfalt und des geordneten Chaos vermag es Frank ein eindringliches Stück Musik zu produzieren. Das ist allerdings kein einfacher Stoff und dieser muss sich erst erarbeitet werden.

Mit seinen 46 Minuten ist das Stück „Mautzemacher“ das Kernstück des Albums. Es beginnt wieder mit recht eigenwilligen Klängen und Samples. Nach einigen Momenten hat man das Gefühl in einem Kellerraum zu stehen, bei dem eine Wasserleitung leckt und stetig tropfend ihr Wasser auf dem blanken Boden verteilt. Darauf setzt Frank zunächst recht düstere Klänge und Soundeffekte. Perkussiv wird es dann ab Minute Vier. Ab jetzt schichtet Frank zahlreiche Klänge übereinander, die einen rhythmischen Klanggarten darstellen in dem von allen Seiten die unterschiedlichen Töne und Muster auf den Hörer hernieder prasseln. So nach etwa sechs Minuten werden Rhythmus und Sound hypnotisch. Frank schafft es dabei eine Musik zu entwickeln, die in dieser Form ungehört und nicht beschreibbar ist. Über die volle Länge von 46 Minuten lässt er den Hörer nicht mehr aus dieser perkussiven Umklammerung los. Das ist ebenfalls nicht ganz leicht zu konsumieren.

Im abschließenden „Schluri“ geht Hagen von Bergen dann wieder etwas harmonischer vor, auch wenn die Zusammensetzung der Klänge wieder außergewöhnlich ist. Die Rhythmik behält er bei, hat aber darüber hinaus in diesem Stück einen houseartigen, loungigen Ansatz. Dieses Stück geht dann auch wieder wesentlich leichter ins Ohr.

Wer mal wieder Musik jenseits der gewohnten Hörformen erforschen möchte, die darüber hinaus sehr rhythmisch und perkussiv ist, der sollte sich das neue Werk von Hagen von Bergen mit dem Titel „Ei Allemol“ zu Gemüte führen. Es ist eine unbeschreibliche Entdeckungsreise in einen bisher unerforschten Klangkosmos.

Stephan Schelle, November 2014

 
   

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