Grauglanz – Elected Pieces (2011-2019)
 

Grauglanz – Elected Pieces (2011-2019)
MellowJet Records (2020)

(
10 Stücke, 74:35 Minuten Spielzeit)

Grauglanz ist ein Musikprojekt aus Essen. Wer sich genau hinter dieser Bezeichnung verbirgt, ist nicht ganz klar, da der Musiker nur seinen Vornamen Ralf auf seiner Homepage nennt. In 2020 ist das Album „Elected Pieces (2011-2019)“ auf dem deutschen Label MellowJet Records erschienen. Die CDR enthält eine Zusammenstellung von zehn Stücken, die in der Zeit zwischen 2011 und 2019 auf mittlerweile zwölf Grauglanz-Alben herausgekommen sind. Diese waren bisher nur in digitaler Form erhältlich.

 

 


Der Sampler „Elected Pieces (2011-2019)“ stellt den Startschuss für die Veröffentlichung aller bisherigen Alben auf dem MellowJet-Label dar. Dort sind sie nun als CDR und Download erhältlich.

Ralf wurde bereits Mitte der 70’er Jahre von der elektronischen Musik infiziert. Fasziniert haben ihn seither die Musik von z. B. Klaus Schulze, Tangerine Dream, Ash Ra Tempel, Kraftwerk, Kitaro und Jean Michel Jarre. Aber auch Bands wie Pink Floyd und Archive haben ihn beeinflusst. Es formte sich früh der Wunsch, selbst Musik in dieser Form zu machen. Ein Organist der Kirche in seinem Heimatort, in der Ralf aktiv die Jugendarbeit begleitete, gab ihm dann erste Unterrichtsstunden auf der Kirchenorgel. Später spielte er dann auf einer Hammondorgel von Dr. Böhm. (Die kenne ich auch noch ganz gut, da mein Vater damals eine zusammenbaute.) In einem VHS-Kurs, konnte er dann an Synthesizern weiterarbeiten. Dann kam aber eine Phase, in der er sein Equipment verkaufte und erst 2008 wieder zu eigener Elektronikmusik kam. Die Stücke, die er aufnahm waren eigentlich nur für den Eigengebrauch gedacht, fanden aber bei Freunden Anklang und so produzierte er sein erstes Album im Jahr 2011 mit dem Titel „Spurensuche“. Die positiven Reaktionen führten dann dazu weitere Alben zu erstellen und bis heute das Dutzend voll zu machen.

Auf „Elected Pieces (2011-2019)“ kann man sich einen Überblick über das Schaffen des Essener Elektronikmusiker machen. Die Stücke auf dem Sampler sind nicht chronologisch angeordnet, sondern so angelegt, dass sie mit nahtlosen Übergängen ein kompaktes Werk darstellen.

Den Anfang macht das sechsminütige Stück „Am Anfang irgendwo“ aus seinem Debütalbum „Spurensuche“. Was zunächst auffällt sind die ungewöhnlichen Klänge, die frisch daher kommen. Vergleiche zu anderen Acts sind quasi nicht möglich. Die ersten, rhythmischen Sounds erinnern ein wenig an Peter Gabriel, doch sobald dann Harmonien hinzukommen entwickelt das Ganze eine Eigendynamik. Nach etwa 45 Sekunden geht es dann richtig gut los. Ralf legt mehrere Rhythmus- und Klangmuster übereinander was in der Summe einfach faszinierend wirkt. Dann kommt eine Melodielinie auf und man ist von dem Sound gefesselt.

Dem schließt sich das fast zwölfminütige „Die Kreatur hebt den Blick zum Himmel“ aus dem Album „Zuflucht“ an. Ruhige Flächen bestimmen hier zunächst das Bild, auf denen sich Harmonien ausbreiten. Nach etwas mehr als zwei Minuten kommt dann ein sanfter Rhythmus auf. Weitere zwei Minuten später werden die Harmonien durch neu Klangmuster ergänzt und es entwickelt sich eine hypnotische Stimmung. Durch leichte Variationen erhält dieser Longtrack die Spannung.

Das 7:24minütige „Mantra“ vom Album „Übergänge“ schließt nahtlos an. Sounds, die an eine Unterwasserszenerie erinnern werden mit sanften Klängen überzogen und dann von einem pumpenden Beat abgelöst, dem eine leicht melancholische Melodielinie folgt. Ab jetzt strahlt der Track in vollem Glanz. Mit einem leicht pumpenden Trancebeat startet dann das 5:54minütige „Tao Of Night“ (von „Electric Mandalas“). Das ist alles sehr dezent angelegt und auch die Harmonien sind recht leise gehalten. Dahinein platziert Ralf dann einige Effekte und Rhythmuselemente. Gerade die Reduzierung der Dynamik macht die Spannung aus, der dann eine eingängige Melodielinie folgt.

„Piripiri“ ist ein Sequenzer orientierter Track. Hier kommt Ralf dann in die Nähe von Künstlern der Berliner Szene. Auch die weiteren Titel des Albums halten den Spannungsbogen der vorangegangenen Stücke. Dabei zeigt Ralf aka Grauglanz ein breites Klangspektrum, das sich in seinen unterschiedlichen Atmosphären zeigt.

„Elected Pieces (2011-2019)“ ist eine gelungene Werkschau aus zehn der bisher zwölf erschienenen Alben des Essener Elektronikprojektes Grauglanz. Der Sampler macht definitiv Appetit auf mehr. Kaum zu glauben, dass Ralf ursprünglich die Musik nur für sich machen wollte. MellowJet hat mit Grauglanz eine echte Perle der Elektronikszene gehoben.

Stephan Schelle, Dezember 2020

 
   

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