Gert Emmens & Ruud Heij – The Sculpture Garden
 

Gert Emmens & Ruud Heij – The Sculpture Garden
Eigenvertrieb (2011)
(6 Stücke, 71:01 Minuten Spielzeit)

Die beiden niederländischen Elektronikmusiker Gert Emmens und Ruud Heij (letzterer ist auch Mitglied der Formation Free System Projekt) sind schon seit Jahren eine Kollaboration eingegangen und veröffentlichen in regelmäßigen Abständen gemeinsam CDs. Ihre letzte Veröffentlichung liegt schon drei Jahre zurück, es war die 2008’er CD „Silent Witnesses Of Industrial Landscapes“. Das neue Werk nennt sich „The Sculpture Garden“ und ist in der Zeit zwischen November 2008 und Februar 2011 entstanden.

 


Die sechs auf der CD enthaltenen Stücke, deren Laufzeiten zwischen 8:04 und 15:19 Minuten liegen, wurden von einem Besuch im Kröller Möller Museum des National Parks Hoge Veluwe (Niederlande) inspiriert. Versteckt in Waldgebiet des Parks besteht ein Teil des Museums aus einem großen Skulpturengarten. Sechs der Stücke auf dem Album sind den Skulpturen gewidmet. Diese sind im Innenteil des Booklets auch abgebildet, so dass man sich ein Bild von ihrer Struktur machen kann.

Den Einstieg in das Album bekommen wir mit dem Track „Rocky Lumps“. Hierbei handelt es sich um weiße Felsbrocken, die auf einer Wiese verteilt sind. Das Stück ist mehr als zehn Minuten lang und beginnt mit zischenden Synthies, an die sich sehr zügig ein Sequenzerrhythmus anschließt. Das kennt man so auch von den Produktionen von Gert Emmens. Einschmeichelnde Synthiesounds schieben sich unter die Haut, während der Sequenzer seine stetige Arbeit verrichtet. Das ist Musik, wie ich sie mag.

Als zweites ist dann der „Needle Tower“ an der Reihe. Hier wird eine gänzlich andere Stimmung von den beiden erzeugt. Ruhiger, aber nicht minder rhythmisch ziehen die Synthies über fast zwölf Minuten ihre Bahnen durch den Raum. Das wirkt erhaben und man schwebt förmlich, wie die verschachtelte, aus Stäben bestehende Skulptur in der Luft. Ich habe das Gefühl diese Skulptur schwebend zu umkreisen und sie von allen Seiten beobachten zu können, während sich das Stück stetig steigert und ich immer weiter in die Höhe drifte.

Mit seinen acht Minuten ist „Pallisade“ das kürzeste Stück des Albums. Es handelt von einer aus Stäben bestehenden halbrunden Skulptur, die wie ein Wall am Rande einer Lichtung steht. Bei diesem Stück kommen wieder die Sequenzer zum Einsatz und – ähnlich wie im Eingangstrack – geht dieses Stück stilistisch in Richtung Gert Emmens’ Solomaterial.

Die Skulptur zum Stück „Jardin d’email“ kann ich nicht wirklich erkennen. So mystisch, wie sich das Bild zeigt, so mystisch ist zunächst auch die Musik von Emmens/Heij. Es dauert ganze anderthalb Minuten, bis der 14minütige Track durch den Start des Sequenzers an Fahrt aufnimmt. Dann hauen die beiden aber wieder einen treibenden und faszinierenden Track aus den Boxen, in den man sich fallen lassen kann. Auf den Sequenzerrhythmen liegt eine herrliche Harmonielinie, die wieder stark an Emmens’ Soloveröffentlichungen erinnert.

Mystisch und von Stimmungen – ohne Harmoniebögen durchzogen – stellt sich dann „Concetto Speziale Natura“ dar. Das ist Spacemusik der atmosphärischen Art, die sich nur langsam entwickelt. Der längste Track mit dem Titel „Phyllotaxis“ beschließt dann das Album. Auch hier werden in den ersten Minuten eher mystische Stimmungsbilder erzeugt. Doch zum Glück startet dann nach etwas mehr als drei  Minuten der Sequenzer und leitet in einen treibenden Track im Stile der „Berliner Schule“ á la Tangerine Dream ein. Auch einige Effekte, wie sie Jean Michel Jarre benutzt sowie ein Thereminsound halten Einzug in diesen Track.

Mit „The Sculpture Garden“ führen Gert Emmens und Ruud Heij ihre gelungene Kollaboration fort. Die beiden passen stilistisch sehr gut zueinander. Allerdings ist Gert Emmens Sound sehr dominant, so dass die kompositorischen Fähigkeiten von Ruud Heij nicht sofort zu erkennen sind. Das ist aber nicht schlimm, kann das Werk doch in sich überzeugen. Wer also den Stil von Gert Emmens mag, der kann sich diese CD blind kaufen.

Stephan Schelle, Oktober 2011

 
   

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