Gert Emmens – An Artist’s Stroke
 

Gert Emmens – An Artist’s Stroke
Groove Unlimited (2012)
(7 Stücke, 78:32 Minuten Spielzeit)

Der Niederländer Gert Emmens hat sich bei seinem neuen Album, „An Artist’s Stroke“, das im Frühjahr 2012 erschienen ist, von den Werken des russischen Malers Yuri Pugachov inspirieren lassen. Pugachov wurde 1933 in Novosibirsk geboren und wusste schon im Alter von sechs Jahren, das er Maler werden wollte. Seine Passion für das Ballet brachte zahlreiche Zeichnungen hervor, in denen er Tänzer/innen portraitierte. So ist es nicht verwunderlich, dass das Cover von Gert Emmens CD auch eine Ballerina zeigt.

 


Neben zahlreichen Portraits hat Yuri Pugachov aber auch Landschaftsmotive gezeichnet. Seine Werke zeigen recht unterschiedliche Maltechniken, während die musikalische Technik des Gert Emmens mittlerweile einen hohen Wiedererkennungswert hat. Und so ist das auch auf dem neuen Album, das die vertrauten Sounds Emmens mit frischen Klängen vermischt.

Sieben Stücke mit Laufzeiten zwischen 3:07 und 16:44 Minuten (allein fünf Tracks sprengen die Zehn-Minuten-Marke) sind auf dem Album enthalten.

Den Einstieg bekommt der Hörer mit dem fast 14minütigen Stück „Cossack Temperament“, das mit den typischen Emmens-Sounds beginnt. Sequenzerrhythmus und herrliche Flächen (sie haben diesen warmen Sound eines Mellotron), kombiniert Gert mit unter die Haut gehenden Harmonien. Nach gut der Hälfte ändern sich die Harmonien, der Rhythmus und auch die Struktur. Der Track wird jetzt wesentlich druckvoller und auch ein Schlagzeugrhythmus fügt sich ein. Auch Klänge, die sich nach einem Theremin anhören, mischt Gert perfekt in den Track. Verträumt wehen die Harmoniebögen durch den Raum. Wer die Musik von Gert kennt, der weiß was ich meine wenn ich schreibe, man ist sofort in seinem Klangkosmos gefangen.

Nach diesem tollen Beginn geht es dann im 13minütigen „The Long Walk (Towards The Black Sea)“ weiter. Dieser Track hat einen hypnotischen, pulsierenden Rhythmus und die Klangfarben erinnern nun eine Spur an Jean Michel Jarre, was aber alles andere als ein Plagiat darstellt. Hier werden nur Ansätze genutzt und zu einer neuen Klangwelt aufgebaut. Nach gut fünf Minuten verstummt der pulsierende Rhythmus und es entwickelt sich eine erhabene, ruhig dahinschwebende Stimmung. Aber ab Minute acht wird die Nähe zu Jarre dann noch einmal deutlicher. Ein sehr schön gemachter Track, der immer Gert’s Handschrift trägt.

„Paintings - The Themes“ ist dann der längste Track des Albums. Auch hier beginnt Gert mit seinen unwiderstehlichen Harmonielinien, die auf den wunderbaren Flächen und Sequenzerrhythmen ihre Bahn ziehen. Das ist ein typischer Emmens-Longtrack, bei dem sich auch stilistische unterschiedliche Parts zu einem einzigen Track perfekt zusammenfügen. Mal sind es die Harmonien, die im Vordergrund stehen, dann wiederum erklingen etwas bedrohliche Sequenzerrhythmen, um im nächsten Moment wieder eine sehr positive Stimmung durch hellere Synthiesounds zu erzeugen.

Es folgt das etwas mehr als siebenminütige „Paintigs - The Spirituality Behind It“, das auch wieder so typisch Emmens ist, wie man ihn kennt und liebt. Das Stück „The Leningrad Years“ beginnt zunächst recht traurig - zumindest empfinde ich die Stimmung so -, doch sobald die Sequenzer ihre Arbeit aufnehmen, baut Gert wieder seine gefangen nehmenden Klangmuster auf. Ab diesem Zeitpunkt kann man wieder seine Gedanken fliegen lassen. „Darkness Unfolds“ ist der letzte Longtrack auf dem Album. Das Stück beginnt zunächst recht mystisch und auch im weiteren Verlauf kommen oft recht düstere Stimmungen auf, bei denen Rhythmik und Melodie fehlt. Gert macht das Stück aber dadurch spannend, in dem er verschiedene Elemente immer wieder einstreut.

Die CD endet mit dem kürzesten Track „Yuri Pugachov - In Memory“. Nach einem eher surrealen Beginn hat Gert hier ein etwas melancholisches Stück geschrieben, das Songcharaktere aufweist. Damit hat er einen gelungenen Track ans Ende der CD gestellt, in dem er den Maler noch einmal persönlich anspricht.

„An Artist’s Stroke“ bietet die gewohnter Qualität des niederländischen Elektronikmusikers Gert Emmens. Die CD ist von herrlichen Harmonien und warmen Synthieflächen, die auf fesselnden Sequenzerrhythmen gebettet sind, durchzogen. Ein klasse Album, das ich allen Freunden der harmonischen, melodischen Elektronikmusik empfehlen kann.

Stephan Schelle, Mai 2012

 
   

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