Fratoroler – L.I.K.E.S.
 

Fratoroler – L.I.K.E.S.
SynGate Records (2024)

(5 Stücke, 70:50 Minuten Spielzeit)

Fratoroler, das sind Thomas Köhler (Synthesizer, Sequenzer) und Frank Rothe (Synthesizer, Sequenzer). Ihr neuestes Album, das im Herbst 2024 erschienen ist, nennt sich „L.I.K.E.S.“. Fratoroler nehmen das gesellschaftliche Phänomen der „Likes“ in den Fokus. Wie kommt es, dass „Likes“ fast alle Aspekte unseres Lebens in den sozialen Medien bestimmen? Eine musikalische Auseinandersetzung in bester Tradition der Berliner Schule! So beschreibt es der Pressetext.

 

 


Bemerkenswert ist, das Fratoroler die Titel der Stücke so benannt und angeordnet haben, dass die Anfangsbuchstaben in der Reihenfolge der Titel das Wort LIKES ergeben.

Den Start macht das 15:09minütige „Lukullus“. Nach einer ersten Melodielinie, die das Stück Fagott artig eröffnet, setzt ein weiterer Synthesizersound ein und es werden zudem Flächen untergemischt. Nach etwas mehr als anderthalb Minuten kommen Klänge auf, die nach flattrigen Insekten klingen. Langsam entwickelt sich das Stück und nach etwa vier Minuten kommen weitere Klänge auf, die dann aber nach fünfeinhalb Minuten von einem Sequenzerrhythmus unterfüttert werden. Jetzt ist man im Bereich der „Berliner Schule“ angekommen. Eine Melodielinie sorgt für Harmonien und alle Freunde der Sequenzer orientierten Musik kommen ab jetzt auf ihre Kosten. Das erinnert unter anderem an Tangerine Dream der späten 70’er/frühen 80’er Jahre.

Der zweite 14:42minütige Track nennt sich „Intense“ und beginnt zunächst mit flackernden Synthesizerklängen. Nach einigen Momenten wird es dann mysteriös und futuristisch und teils skurrile wirkende Klänge kommen auf. Es dauert etwas mehr als drei Minuten, bis es dann harmonischer wird und nach einer weiteren Minute sich der Track in einen „Berliner Schule“ mäßigen Part entwickelt. Das ist zunächst aber noch recht verhalten und bekommt erst nach mehr als fünf Minuten den Sequenzerpuls spendiert, der dann auch noch mit einer Melodielinie aufwartet, die jetzt wieder eindringlicher und harmonischer wird. Das wirkt nun hypnotisch. Im Verlauf steigern sich die Dynamik und der Rhythmus.

Als drittes hat das Duo dann das 15minütige „Kingdom Of Keys“ gesetzt. Spacig beginnt dieses Stück mit mehreren aufeinander geschichteten Synthesizerklängen, die zunächst wie ein fiebriger Traum wirken. Auch die nächste Passage, die nach gut anderthalb Minuten einsetzt, hat mehr was von einem Soundrack zu einem Science Fiction Film der 50’er bzw. 60’er Jahre. Da flirren die Sounds und werden nur von Klangtupfern unterbrochen. Dies ändert sich dann langsam, sobald Harmonien und Melodiebögen hinzugefügt werden. Das hat was von frühen Tangerine Dream. Nach mehr als vier Minuten wechselt das Bild ein wenig und Tangerine Dream der End-70’er und frühen 80’er Phase scheinen nun durch. Der Track steigert sich im Verlauf auch immer weiter und bekommt auch rhythmische Elemente. Jetzt haben die Freunde der Sequenzer orientierten Musik wieder die Oberhand.

Auf gut 14 Minuten bringt es dann das Stück „End Of Nervs“. Die fiepst und piepst es zu Beginn. Das mag bei dem ein oder anderen zu Schmerzen führen (wenn man z. B. empfindlich für Bohrgeräusche beim Zahnarzt ist). Schnell ändert sich aber diese Phase und geht in einen Part über der futuristisch perlt und brummt. Dem schließt sich eine etwas düster wirkende Passage an. Nach drei Minuten kommen hellere Klänge auf, die dann nach mehr als vier Minuten in einen Part transformieren, bei dem Arpeggios und eine Art Bass für eine wohlige, hypnotische Atmosphäre sorgen. Auch Gitarren artige Sounds kommen auf, die ein paar rockige Klänge in das Stück mit einbringen. Hier sind dann aber mehrere Sounds übereinandergestapelt, die aus meiner Sicht ein wenig zu viel sind. Die rockigen Gitarrenklänge bringen aber einen spannenden Akzent mit ins Spiel, während der Sequenzer stoisch mäandernd seine Bahnen zieht.

Spacig geht es dann zunächst auch im letzten Track, dem zwölfminütigen „Sandman“ weiter. Das wirkt zunächst alles recht mysteriös und wechselt nach mehr als drei Minuten in einen harmonischeren Part, der vor allem nach einer weiteren Minute durch den Sequenzer in einen herrlichen Teil wechselt, der nun gefangen nimmt. Auch in diesem Stück sind E-Gitarren-Klänge eingebaut worden, was ihm eine leicht atmosphärisch/rockige Note verpasst (erinnert ein wenig an Acts wie Nautilus). Das klingt richtig gut.

Thomas Köhler und Frank Rothe aka Fratoroler haben auf ihrem neuesten Werk „L.I.K.E.S.“ eine Mischung aus atmosphärischen, teils surrealen, dann aber über weite Strecken sehr harmonischen, melodischen und Sequenzer orientierten Parts eingespielt. Vor allem in den rhythmischen Phasen werden die Freunde der Sequenzermusik voll auf ihre Kosten kommen.

Stephan Schelle, Dezember 2024

 
   

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