Frank Makowski – Canon der Finsternisse Frank Makowski ist ein Name, der mir vor allem als Tranquillity und in der Zusammenarbeit mit Stephen Parsick im Projekt [‘ramp] in Erinnerung geblieben ist. Obwohl er bis 2011 live unterwegs war, habe ich ihn Ende der 90’er Jahre aus den Augen und Ohren verloren. Im Sommer 2019 meldet sich der Elektronikmusiker mit einem neuen Album zurück. Es trägt den Titel „Canon der Finsternisse“. Das Album ist als CD, Stream und digitalem Download erhältlich. |
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Der
ungewöhnliche Titel ist auf das gleichnamige Werk des österreichischen
Astronomen Theodor Egon Ritter von Oppolzer zurückzuführen. In „Canon
der Finsternisse“, das zu den großen Werken der modernen Astronomie zählt,
hat Oppolzer die Berechnung und Darstellung von ca. 8.000 Sonnen- und mehr
als 5.000 Mondfinsternissen dargestellt. Diese umfassen einen zeitlichen
Rahmen zwischen 1207 vor Christus bis ins Jahr 2162 und sind sehr genau. Das
erstaunliche an dieser sehr genauen Berechnung ist, das der 1886 verstorbene
Oppolzer mit seinen Mathematikern diese Berechnungen ohne maschinelle
Unterstützung erstellt hat. Heute kaum vorstellbar. Sieben
Stücke mit Laufzeiten zwischen 4:41 und 17:26 Minuten Spielzeit enthält
die CD. Dabei sind allein drei Stück länger als zwölf Minuten. Selbst
beschreibt Frank die Musik auf der CD folgendermaßen: Makowskis
Klangwelten reflektieren das Spiel der Himmelsmechanik ebenso, wie die
endlose Weite und Leere des Raumes, den der Mensch mit der modernen
Astronomie entdeckt und erforscht. Musik irgendwo zwischen den
elektronischen Klangexperimenten der frühen 70er Jahre, der ruhenden
Ambientmusik eines Brian Eno und der modernen Post-Klassik eines Niels Frahm
oder Johannes Motschmann. Und recht ambient klingt die Musik, die Frank
auf elektronischen und elektro-akustischen Instrumenten, dem Klavier und dem
modularen Synthesizer eingespielt hat, in der Tat. Die
CD beginnt mit dem 12:44minütigen „Fliegende Schatten - Canon 1“.
Ruhige Flächen ziehen in den ersten vier Minuten durch den Raum. Dann
kommen Chöre und ein sanfter, organischer Rhythmus auf. Frank spielt zudem
mit der Dynamik, in dem er Klänge an- und wieder abschwellen lässt. Damit
erzeugt er eine gewisse majestätische Ausstrahlung. Der
zweite Track „Okkulation“ bringt es dann auf 6:57 Minuten Spielzeit.
Tropfende Klänge kommen zunächst langsam aus dem Off. Dann kommen dunkle
Klangfarben auf, die an- und abschwellen. Das sorgt für eine mysteriöse,
teils unheimliche Atmosphäre. Nach gut vier Minuten kommen Geräusche, wie
von Tieren und ein Rhythmusmuster auf, die den mystischen Faktor unterstützen.
Das
folgende „Kernschatten“ bringt es auf 6:21 Minuten Spielzeit. Dieser
Track ist ebenfalls sehr mystisch angelegt. Klänge werden erzeugt, die
einen Nachhall bzw. ein Echo enthalten. Weitere Klänge kommen hinzu, die
einen asiatischen Touch aufweisen. Das hat so ein bisschen etwas von
meditativer Klangmalerei. Mit
4:41 Minuten ist „Streulicht“ der kürzeste Track des Albums. Mit dem
Klavier erzeugt Frank eine ruhige aber durchaus wieder mystische Stimmung,
in dem er einen Rhythmus in hellen Klangfarben eingestreuten, dunklen,
basslastigen Klangtupfern entgegenstellt. Das ist sehr minimalistisch,
entbehrt aber nicht einer gewissen Faszination. Der
zweite Canon ist „Finsterlimit - Canon 2“ betitelt. Der 8:38minütige
Track beginnt wiederum mit sehr leisen Klängen und entwickelt sich zu einem
experimentellen Ambienttrack, der in der zweiten Hälfte einige Harmonien
bereit hält. Es kommt gar ein melodischer Pianopart in der zweiten Hälfte
auf. „Syzygium“
ist mit seinen 17:25 Minuten der längste Track des Albums. Er beginnt mit
einzelnen Tönen, die lange nachhallen. Dann kommen Pianotupfer auf, die
aber ebenfalls mit einigen Sekunden Pause aufeinander folgen. Es dauert
einige Momente bis Frank dann Synthiesounds in den Hintergrund legt, die wie
Rauschen klingen. An Fahrt und Dynamik gewinnt das Stück erst nach gut acht
Minuten ohne aber die ambienten Strukturen zu verlassen. In den 17 Minuten
geht Frank ebenfalls recht minimalistisch zu Werke. Lediglich in der zweiten
Hälfte kommen einige dynamischere Klangmotive auf. „Sunnenvinster
- Canon 3“ beschließt dann mit seinen 14:20 Minuten Spielzeit das Album.
Leise hymnische Klangmuster fährt Frank zu Beginn des Stückes auf. Der
Track entwickelt sich langsam und endet dann nach gut elf Minuten in einen
eruptiven Part. Insgesamt aber wieder ein sehr minimalistischer Track. Die
Aufmachung der CD ist außergewöhnlich. Die CD steckt in einem Papersleeve,
das wiederum in einem festen, braunen Pappumschlag verpackt ist. Auf diesem
Umschlag befindet sich das Cover als aufgeklebte Kunststofffolie. Im
Umschlag, der durch einen Faden verschlossen werden kann, sind dann noch
drei Postkartengroße Karten enthalten, die Informationen zum Album sowie
dem Werk von Oppolzer enthalten. Das ist eine nicht alltägliche und vor
allem umweltfreundliche (da wenig Kunststoff verwendet wurde) Verpackung. Frank
Makowski hat sich auf seinem neuesten Album, „Canon der Finsternisse“,
der minimalistischen Ambientmusik verschrieben. Melodien oder Harmonien
findet man auf dem Album nicht, dafür bieten die musikalischen Klangbilder
ausreichend Futter für das Kopfkino. Klanglich offenbart sich das Album am
Besten, wenn man es unter dem Kopfhörer genießt. Stephan Schelle, September 2019 |
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