Fanger & Schönwälder
feat. Lutz Graf-Ulbrich – Analog Overdose 6 Im Mai 2014 geht die Serie der „Analog Overdose“ in die sechste Runde (mit den weiteren Zwischennummern und speziellen CDs machen sie hiermit eigentlich schon das Dutzend voll). Feste Konstante dabei sind immer Thomas Fanger und Mario Schönwälder. Auf den Produktionen haben die beiden sich mehrfach einen musikalischen Gast an die Seite gestellt. Neben dem leider schon verstorbenen Klaus Hoffmann-Hoock ist es dieses Mal der Berliner Lutz „Lüül“ Graf-Ulbrich (Agitation Free, Ash Ra Temple, Ash Ra, 17 Hippies). Er begleitet die Band bereits zum dritten Mal (auf dem Debüt und auf „Analog Overdose 5“). |
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Mario
Schönwälder ist für seine Interpretation der „Berliner Schule“
bekannt und beliebt. Zusammen mit Thomas Fanger sorgt er darüber hinaus für
tolle Beats im Sound. Lutz Graf-Ulbrich bringt zusätzlich eine recht
krautige Variante ins Spiel. Dieses Mal finden sich daher neben den
Elementen und Sounds der „Berliner Schule“ auch die der Düsseldorfer
Variante in ihren Stücken wieder. Das erinnert dann auch ein wenig an Bands
wie Neu! und Harmonia. Das
Album beginnt mit „Oberbaumbrücke“ bei dem Thomas wieder
unwiderstehliche Beats kreierte und nach wenigen Momenten Lutz mit tollen
atmosphärischen Gitarrenlicks einsetzt, die an Ash Ra bzw. Manuel Göttsching
erinnern. Das nimmt sofort gefangen und klingt einfach saugut. Hier wird man
sofort durch diesen hypnotischen Sound weggebeamt. Dem folgt das mit 1:55
Minuten kürzeste Stück „Kosmischer Kiez 3:45 Uhr“, das von perlenden,
atmosphärischen Klängen durchzogen ist. Ein kurzes Zwischenspiel. „Görlitzer
Park“ geht dann mit seinen atmosphärischen, teils repetitiven
Gitarrenlicks und einem herrlichen Beat wieder mehr in die krautige Ecke. Da
kommen deutlich die Bands der Düsseldorfer Szene ins Spiel, was die Drei
dann aber durch sehr schöne Harmonie- bzw. Melodielinien ergänzen. Einen
großen Touch Ash Ra / Manuel Göttsching-Sound enthält dann das herrlich
groovende „Eichkamp“. Wer Ash Ra’s End70’er Alben mag, erhält hier
den perfekten Stoff. Lutz versteht es auf ganz besondere Weise diese Atmosphäre
einzufangen und mit neunen, fesselnden Harmonien und Klängen fortzuführen.
Die Rhythmusmuster passen perfekt dazu und sorgen erneut für eine
hypnotische Stimmung. Einfach grandios. Das
Stück „Tränenpalast“ ist der ehemaligen Ausreisehalle der Grenzübergangsstelle
Bahnhof Friedrichstraße in Ost-Berlin im historischen Stadtviertel
Dorotheenstadt des Ortsteils Mitte gewidmet, die so vom Berliner Volksmund
bezeichnet wurde. Eine gewisse Melancholie ist dem Stück nicht
abzusprechen, das trotzdem wieder eine hypnotische Wirkung erzeugt. Trockene,
repetitive Beats in „Sportmolle“ verstärken das krautige Feeling. Im
neunminütigen „Nachtbus“ nehmen uns die Drei dann mit auf eine Fahrt
durchs nächtliche Berlin, bei der man die beleuchteten Häuserfassaden vor
dem geistigen Auge vorbeiziehen sieht. Im 6:30minütigen „Teufelsberg“
lassen sie dann auch erstmals so richtig den Sequenzer im Stile der
„Berliner Schule“ los. Da kommen dann zeitweise Tangerine Dream-Sounds
der 70’er auf. Das
13:28minütige „Entlastungsstraße“ verbindet dann die beiden Stile aus
Berlin und Düsseldorf erneut perfekt miteinander. Mit dem 3:24minütigen
„Endhaltestelle“ endet dann die Reise von „Analog Overdose 6“ sehr
atmosphärisch und man ist als Hörer geneigt gleich wieder an der
„Oberbaumbrücke“ in den Bus einzusteigen. Mit
„Analog Overdose“ ist Fanger & Schönwälder feat. Lutz Graf-Ulbrich
wiederum ein hervorragendes Album gelungen, das die „Berliner Schule“
mit der „Düsseldorfer Schule“ (hier im Besonderen die krautrockigen
Sounds von Bands wie Harmonia und Neu!) perfekt miteinander verbindet und
etwas gänzlich Neues kreiert. Das Gitarrenspiel von Lutz Graf-Ulbrich sorgt
dabei ein ums andere Mal für besondere Akzente, die einige Male an den
Sound von Ash Ra / Manuel Göttsching erinnern. Stephan Schelle, Juni 2021 |
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