Detlef Keller - Spaintronic
 

Detlef Keller - Spaintronic
Manikin Records (2023)

(7 Stücke, 115:48 Minuten Spielzeit)

Nach dem 2005’er Studioalbum „Harmonic Steps“ von Detlef Keller hat es satte acht Jahre bis zum Nachfolger „Spaintronic“ gedauert. Dazwischen hatte er aber im Jahr 2016 mit „The Breakfast Event“ eine LiveCD veröffentlicht. Und im Jahr 2014 veröffentlichte er beim SynGate Label die CD „Aus dem Nichts ...“ unter dem Pseudonym M.O.B.S. Ansonsten hatte er viel mit dem Projekt Broekhuis, Keller & Schönwälder zu tun. Das Cover des sechsseitigen Digipaks ziert die Umrisse von Spanien, bei dem die Landfläche als Platine dargestellt ist, mit einem Computerchip in der Mitte, der den Titel des Albums trägt.

 

 


Auf dem Doppelalbum befinden sich sieben Tracks, die alle gemein haben, dass Detlef einiges mit Gitarrensounds versehen hat, was den Stücken einen gewissen mediterranen Touch verleiht. Stilistisch kommen neben seiner romantischen Ader auch Sounds hervor, die an Acts wie Vangelis, Software/Peter Mergener, Klaus Schulze oder auch die Repelen-Konzerte von BK&S feat. Raughi Ebert und Thomas Kagermann erinnern. Und dass er „Berliner Schule“ kann, dass hat er ja schon auf dem Album „Aus dem Nichts ...“ bewiesen. Sein Pseudonym M.O.B.S. stand ja auch treffend für „Man Of Berlin School“.

Fünf Longtracks von jeweils mehr als 15 Minuten Spielzeit sowie zwei kürzere Stücke von 3:52 und 5:49 Minuten hat Detlef auf die beiden Silberlinge verteilt. Die Stücke nennen sich alle „Spaintronic“ von „I“ bis „VI“ plus „Bonus“. Da kommt wieder der Erfindungsgeist von Detlef durch :-)

Es lag natürlich nahe zu vermuten, dass Detlef auf dem Album einige Eindrücke aus einem Spanienurlaub vertont hat. Das ist allerdings nicht so, denn er hatte vielmehr mit Klängen experimentiert und durchgehört, was er so alles hat. Dabei ist er dann bei dem Gitarrensound hängen geblieben, der sich nun durch die Songs zieht. Er hat dann mit diesen Sounds improvisiert und spontan Tracks mit Ton und Bild aufgenommen. Als seine Frau das hörte meinte sie: klingt irgendwie Spanisch! Und schon war der Titel entstanden. Spain steht dabei natürlich für die iberische Halbinsel und Tronic = eine Platine.

Das Album startet mit dem 15:09minütigen Stück „Spaintronic I“. Zwar kommen die Gitarrenklänge trotz Tremolo nicht ganz an einen originalen Gitarrensound heran, klingen aber stellenweise schon perfekt. Manchmal wirken die Klänge auch wie eine Mischung aus Gitarre und Spinett. Das zeigt sich auch in diesem ersten Track, der musikalisch ein wenig an die Repelen-Konzerte sowie an den Software/Peter Mergener-Sound andockt. Sehr melodisch geht Detlef dabei vor und schafft es, die Gitarrenklänge als Hauptmelodiequelle zu nutzen. Zwischendurch lässt Detlef die Synthies auch mal ordentlich zirpen. Ein klasse Stück, das sicherlich auch gut ins Liveprogramm von BK&S feat. Ebert und Kagermann passt.

Es folgt mit „Spaintronic II“ ein weiterer Longtrack, der es auf 26:21 Minuten Spielzeit bringt. Eine stoisch dahin ziehende Klangfolge bietet zunächst den Unterboden, auf den Detlef dann seine Gitarrenklänge (wirkt wie eine Akustikgitarre) legt. Darauf folgt dann eine Pianolinie, so wie man es auch von früheren Werken kennt. Das verbreitet eine sehr schöne Stimmung, in die man sich fallen lassen kann. So zieht der Track in den ersten neun Minuten sehr atmosphärisch durch den Raum. Dann kommt ein leicht pumpender Beat auf, der nun für den nötigen Drive sorgt. Das Stück erinnert ebenfalls an die Repelen-Konzerte. Zum Ende hin kommt dann eine gehörige Portion Klaus Schulze hinzu.

Mit 5:51 Minuten kommt dann das kürzere „Spaintronic III“ an die Reihe. Der Track beginnt mit Flamenco-Klängen. Die geschichteten Gitarrenklänge wirken hier teils recht authentisch. Der Track versprüht eine Menge südländische Strandatmosphäre.

Die erste CD wird dann mit dem  20:36minütigen „Spaintronic IV“ abgeschlossen. Dieses Stück beginnt zunächst im Stile von Klaus Schulze und verbindet die „Berliner Schule“ mit Vangelis-ähnlichen Klangmustern, die in der Mitte mit einem treibenden Sequenzer-Groove und Drumsounds verziert werden. Auch kommt jetzt eine Melodie auf, die deutlich Detlefs Handschrift trägt.

CD 2 beginnt mit dem 27:19minütigen „Spaintronic V“. Das hat zunächst ein wenig von atmosphärischem Vangelis. Nach etwa vier Minuten wird es dann aber wieder sehr mediterran und ethnisch. Das wirkt jetzt wie hymnische Soundtrackmusik. In der Mitte wechselt die Stimmung und es kommen einige perlende Synthieklänge auf, die mich nun an Klaus Schulze erinnern. Nach einem Akustikgitarrenübergang wechselt das Ganze dann ab Minute 19 in einen treibenden Part mit tollem Groove. Jetzt möchte man vor den Boxen (oder einer imaginären Strandbar) am liebsten tanzen. Ein sehr schönes, abwechslungsreiches Stück.

Mit 3:52 Minuten ist „Spaintronic VI“ das kürzeste Stück des Albums. Auch hier kommt nun ein wenig Vangelis-Atmo auf. Das ist ein sehr schönes, verträumtes Stück. Ans Ende hat Detlef dann das 16:42minütige „Spaintronic Bonus“ gesetzt. Sanfte Klänge die Klaus Schulzes Stil mit ambienten Klängen eines Bernd Scholl mischen, starten in diesen Track. Und auch hier verwebt Detlef wieder atmosphärische Sounds wie aus der Klangschmiede von Vangelis und kombiniert dies sehr schön. Es zeigt sich deutlich, dass Detlef in der „Berliner Schule“ aufgepasst hat.

„Spaintronic“ von Detlef Keller ist ein sehr entspanntes Werk, das die Hörer in eine Urlaubsstimmung versetzt. Er hat den perfekten Soundtrack für den nächsten (realen oder virtuellen) Spanienurlaub erstellt und hat dies mit Klängen von Klaus Schulze und Vangelis gewürzt. Das Ergebnis ist eine wohlschmeckende, gut abgeschmeckte musikalische Paella.

Stephan Schelle, November 2023

 
   

CD-Kritiken-Menue