Computerchemist – Where The Clouds Touch The Sky
 

Computerchemist – Where The Clouds Touch The Sky
Eigenvertrieb / Bandcamp (2022)
(5 Stücke, 64:30 Minuten Spielzeit)

Hinter dem Namen Computerchemist steckt der Multi-Instrumentalist, Musiker und Komponist Dave Pearson. Von bescheidenen Anfängen als Keyboarder in Rockbands Mitte der 80er Jahre mit seinem langjährigen Freund und Gitarristen Mark Gemini Thwaite (Mission UK, Peter Murphy), hat sich Dave Pearson schnell eine Nische in der elektronischen Musikszene geschaffen. Aber durch viele Crossover-Einflüsse aus Rock, Klassik und Jazz, die ihn beeinflusst haben, verleiht dies seiner Musik einen dynamischeren und frischeren Klang.

 

 


Für sein zwölftes Soloalbum, „Where the Clouds Touch the Sky“, hat sich der Computerchemist wieder auf seine reinen Synthesizer-Wurzeln zurück besonnen und produzierte 5 neue Tracks mit Laufzeiten von 3:39 bis 21:10 Minuten Spielzeit, die den starken 70er-Jahre-Einflüssen von Krautrock und Berliner Schule, wie Tangerine Dream, Klaus Schulze und Ash Ra Tempel huldigen. Das Album wurde im Eigenverlag auf Computerchemist’s Privatlabel Terrainflight am 4. Dezember 2022 veröffentlicht.

Das Album, beginnt mit dem 18:46minütigen „moonfloating“. Passend zum Titel geht es recht spacig mit flirrenden Synthiesounds los, die durch flächige Synthesizerwolken ziehen. Schnell hört man Klänge, die einen an Klaus Schulze oder auch Manuel Göttsching aka Ashra erinnern. Dave baut das Stück langsam auf, in dem er weitere Sounds aufschichtet und Variationen einbaut. Auch hat er zusätzlich an einigen Stellen einen programmierten Schlagzeugrhythmus (erinnert stark an Harold van der Heijdens Stil) eingebaut, der die Musik dann auch in Richtung „Eindhovener Schule“ der Marke Ron Boots & Co. schiebt. Dieser Opener ist gleich die Blaupause für das Album, denn hier geht es stark in Richtung „Berliner Schule“.

Mit 3:39 Minuten Spielzeit ist „LC’s Theme“ der kürzeste Track des Albums. Hier kommt dann plötzlich Electropop auf. Dave hat eine herrlich, eingängige Melodie eingespielt, die Popappeal besitzt und so ein bisschen den Stil der britischen Elektronikmusiker aufnimmt.

Danach geht es mit dem nächsten, 10:39minütigen Longtrack „paranoise“ weiter. Hier kommt dann ein bisschen Krautrock auf, denn eine Basslinie, trippelnde Synthies und ein Schlagzeug sorgen für rockige Momente. Das wirkt in einigen Passagen recht schwer, wird aber durch die Synthies aufgehellt und ist richtig gut gemacht. Der Track nimmt, wenn auch langsam, immer mehr Fahrt auf und steigert sich hin zu einem Part mit sehr schönem Synthsolo.

Mit dem 10:14minütigen Titel „sankt nikolaus auf der autobahn“ beweist Dave Pearson dann auch Humor. Wie kommt man nur auf so einen Namen? Nun es beginnt mit Synthies und Schlittengeläut, das immer mal wieder eingeschoben wird. Einiges hat davon etwas von der „Düsseldorfer Schule“, wobei hier Kraftwerk (sollte das mit der Autobahn im Titel ein Hinweis sein?) nicht wirklich ins Spiel kommen. Der Track hat wenig mit bekannten Acts gemein und hat nach einigen Minuten auch wieder Krautrock im Gepäck, wobei der Fokus hier aber auf der elektronischen Musik liegt.

Den Abschluss bildet dann das 21:10minütige Titelstück. Das beginnt zunächst wieder mit einer sehr eingängigen Melodie mit Popappeal. Nach drei Minuten ändert sich aber das Bild und Dave wechselt zu düsteren, fast Soundtrack artigen Klängen. Nach etwas mehr als fünf Minuten erhellt sich das Bild wieder und man hört nun Musik, die an Jean Michel Jarres beste Zeiten erinnert. Nach gut elf Minuten wechselt dieser rhythmische Part in einen melancholischen Pianopart, der dann nach gut 14 Minuten wieder in einen sehr melodisch/rhythmischen Part wechselt und nach etwas mehr als 17 Minuten in einen düstereren Sound zurückkehrt, in den jetzt einige Pianotupfer gelegt werden. Das zeigt wie abwechslungsreich dieser Titeltrack ist.

Das neue Album „Where The Clouds Touch The Sky“ von Computerchemist aka Dave Pearson, bietet sehr abwechslungsreiche Elektronikmusik. So finden sich Stücke sowohl im Stil der „Berliner Schule“ sowie der „Eindhovener Schule“, wie auch im Krautrock verortete Tracks auf dem Album. Dave Pearson aka Computerchemist hat hier die Stilistiken aufgenommen und sie in seinen eigenen Musikkosmos übertragen.

Stephan Schelle, Dezember 2022

 
   

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