Bertrand Loreau – Journey Through The Past
 

Bertrand Loreau – Journey Through The Past
Spheric Music (2012)
(9 Stücke, 76:22 Minuten Spielzeit)

Wenn man im Rahmen von elektronischer Musik an Frankreich denkt, dann kommen einem zunächst Namen wie Jean Michel Jarre oder Space in den Sinn. Das es aber noch weitere Künstler in unserem Nachbarland gibt, die seit Jahren der elektronischen Musik frönen, das zeigt das deutsche Label Spheric Musik mit der Veröffentlichung „Journey Through The Past“ des Musikers Bertrand Loreau. Der Franzose veröffentlicht seit 1993 seine Musik und kann bereits auf ca. zehn Longplayer zurückblicken.

 


Das aktuelle Werk „Journey Through The Past“ des in Frankreich als einer der talentiertesten Musiker im Bereich der progressiven Elektronikmusik geltenden Loreau bietet Musik, die zwischen 1982 und 1988 entstanden ist. Bertrand Loreau hatte 1977 Elektronik studiert und war über die Musik des Berliner Urgesteins Klaus Schulze an die elektronische Musik geraten. Er hatte Klaus während der „Mirage“-Tour live erleben können, was ihn sofort inspirierte und den Wunsch aufsteigen ließ, selber elektronische Musik zu machen.

Es entstanden in der Zeit zahlreiche Aufnahmen die unter anderem auf Kassetten dokumentiert waren. Bertrand hat diese Kassetten gesichtet und einiges an Material nun auf der CD „Journey Through The Past“ zusammengestellt, was nicht nur für den Hörer sondern auch für Bertrand zu einer wahren Zeitreise wurde.

Neun Stücke mit Laufzeiten zwischen 3:23 und 18:30 Minuten Länge finden sich auf der CD. Wer jetzt aber komplett einen Schulze-Clone erwartet, der wird enttäuscht. Vielmehr hat Bertrand seinen ganz eigenen Stil entwickelt, der Züge der typischen französischen Spielart, wie es beispielsweise bei einem Jean Michel Jarre der Fall ist, aufweist. Aber auch Vergleiche zu dem großen Franzosen sind nur nuancenhaft auszumachen.

Im Opener „Le Ciel est jaune d’un Liquide Inconnu Part 2“ (warum die CD mit Part 2, gefolgt von Part 1 beginnt, erschließt sich mir aber nicht ganz) geht Bertrand sowohl symphonisch, hymnisch wie auch verspielt melodisch vor. Es folgt „Le Ciel est jaune d’un Liquide Inconnu Part 1“, das stimmungsmäßig nahtlos zu Part 2 passt. Sehr schöne Harmoniebögen werden von Bertrand gezeichnet, die mit elektronischen Rhythmusmustern unterlegt werden. Ansatzweise kann man Klaus Schulze erkennen und doch ist hier ein Musiker mit eigener Handschrift am Werk. Über 14 Minuten entwickelt sich das Stück und zeigt zwischendurch auch einige experimentelle, verstörende Klänge, mit denen Bertrand lediglich Stimmungen erzeugt. In diesen Momenten sind Harmonien oder Melodien nicht mehr auszumachen.

Eine simple Klangfolge, die sich zu einer naiven Melodie formt, weist in den nächsten Track „Summer“. Darauf setzt Bertrand dann wunderbare Flächen, so dass bei mir ein wohliges Gefühl erwächst. Diese Tonfolgen und Passagen lässt Bertrand über mehrere Minuten andauern und verpasst ihnen dann erst einen weiteren Rhythmus, der den ansonsten recht monotonen Track etwas flotter und abwechslungsreicher werden lässt.

Der Track „DX Seven Age“ weist schon darauf hin, dass Bertrand oft seinen DX 7 benutzt (was auch aus dem Booklet hervorgeht). Nach einer Einleitung kommen Sequenzen auf und es entwickelt sich ein intensiver Track, der mich ein wenig an John Dyson oder Wavestar erinnert. Auch in diesem Longtrack finden sich so manche Breaks und Struktur- sowie Melodiewechsel, was den Track spannend macht.

Vom Sound und der Melodie wirkt „Mickie Love Song“ etwas antiquiert und zu brav. „Moog On The Moon“ ist dagegen der richtige Titel für den nächsten Track, denn hier wird es dann auch recht spacig. Allerdings schmeißt Bertrand nach einigen Momenten den Sequenzer an, der für den nötigen Rhythmus und „Berliner Schule“-Atmo sorgt. Ein richtig guter Track.

Es folgen noch das recht songorientierte „Welcome To The Show“, das eine sehr schöne Melodie besitzt, das perlige „L’Arpège A Tord“ sowie der verträumt, romantische Abschlusstitel „Meeting You“.

Bertrand Loreau hat einige sehr schöne Tracks aus seinem Archiv zu Tage gebracht, die recht unterschiedlich sind und doch seine eigene Handschrift tragen. Dabei blitzen immer mal wieder kleine Fragmente hervor, die an Künstler wie Jarre, Schulze, Tangerine Dream oder Wavestar erinnern. Wer auf harmonische Elektronikmusik steht, der bekommt hier eine CD, die sich zu hören lohnt.

Stephan Schelle, Oktober 2012

 
   

CD-Kritiken-Menue