Berlin Heritage – Land Of The Rising Sun
 

Berlin Heritage – Land Of The Rising Sun
Spheric Music / H’Art (2012)
(4 Stücke, 69:58 Minuten Spielzeit)

Hinter dem Pseudonym Berlin Heritage verbirgt sich der aus Hannover stammende Robert Sigmuntowski. Obwohl im Pressetext zu lesen ist, dass Robert bereits seit 1998 aktiv am Experimentieren mit Klangerzeugern und Aufnahmetechniken ist, hatte ich bis dato noch nichts von ihm bzw. seinem Alter Ego gehört. Zumindest ist „Land Of The Rising Sun“ sein Debüt beim Spheric Music Label.

 


Robert hatte Klavierunterricht, spielte Kirchenorgel und kann daher sowohl nach Noten spielen wie auch improvisieren. Die ersten elektronischen Klänge bekam er durch „Magic Fly“ von Space, Giorgio Moroder, Jarre's „Oxygene“ und Kraftwerk zu hören. Was liegt also näher, als sich auch selber mit dem Klangerzeugen dieser Stile zu beschäftigen. Doch halt, daneben gab es noch einen weiteren Impulsgeber der ihn beeinflusst hat, die „Berliner Schule“ aus den späten 70er Jahren.

Die „Berliner Schule“ Musik (2. Hälfte der 70er Jahre) zeichnet sich aus durch den Einsatz verschiedener analoger Synthesizer, elektronischer Geräusche, melodischer Klänge und rhythmischer Bass-Sequenzen sowie ausgedehnter melodiöser Improvisationen. Und genau das bekommt der Hörer über weite Strecken auch von Berlin Heritage geboten. Vielleicht ist genau das der Grund für die Wahl des Projektnamens.

Die CD startet mit dem Kernstück des Albums, „Long Journey To Different Temples“, das es auf eine Spielzeit von fast 35 Minuten bringt. Sphärische Synthiesounds eröffnen das Stück. Nach drei Minuten kommt ein Synthieflirren hinzu, bei dem ich zunächst dachte, mein CD-Player sei defekt. Dieser Sound ist aber so gewollt, denn nur wenige Sekunden darauf durchbricht sacht ein Sequenzerrhythmus diese Stimmung und verdrängt den flirrenden Sound. Ab jetzt präsentiert uns Berlin Heritage „Berliner Schule“ im gewohnten Stil. Herrliche Melodiebögen liegen luftig auf den Sequenzerrhythmen. Langsam entwickelt sich das Stück und wird immer mal durch atmosphärische Brücken durchbrochen um dann in eine neue Melodie und Struktur zu wechseln. Dieser erste Track ist für mich das Highlight des Albums und wird allen Freunden der „Berliner Schule“ gut munden.

Es folgt das zehnminütige „Spectral Enso“. Ganz leise fängt das Stück an und die Synthieklänge schieben sich nach und nach in den Vordergrund. Dieser Track ist eher meditativ und ambient gehalten und es fehlen die herrlichen Melodiebögen aus dem Eröffnungstrack. Dieses Stück ist mir etwas zu langatmig geraten, passiert doch nicht allzu viel in den zehn Minuten.

Die typischen, nach Flöte klingenden Synthietöne kommen beim mehr als 16minütigen „Zen“ zum Einsatz und vermitteln so eine gewisse asiatische Stimmung. In den ersten fünf Minuten breitet dieses Stück auch eine meditative Stimmung aus. Man kann dazu wunderbar entspannen. Dann kommt wieder ein Sequenzerrhythmus hervor und das Stück beginnt an Fahrt aufzunehmen. Auch hier steht die „Berliner Schule“ klar im Vordergrund. Sehr schön gemacht.

Den Abschluss bildet dann das etwas mehr als achtminütige „Flying Cranes In Slow Motion“. Der Titel passt ganz gut, denn durch die sich sanft verändernden Synthieklänge kommt eine zeitlupenartige, schwebende Stimmung auf.

Berlin Heritage ist für mich ein neues Gesicht, das Anfang 2012 die Bühne der Elektronikmusik betritt. Auf dem Album sind zwei Stücke im Stile der „Berliner Schule“, bei denen der Sequenzer über weite Strecken den Takt angibt. Diese sind für mich die Highlights des Albums. Daneben hat Robert noch zwei sehr meditative Stücke hinzugefügt, bei dem zumindest eines überzeugen kann. Wer die „Berliner Schule“ mag und auch ambienten Klängen nicht abgeneigt ist, der liegt mit diesem Album richtig. Ich bin gespannt, wie sich Robert weiterentwickeln wird.

Stephan Schelle, Januar 2012

 
   

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