Baumbach – Empty Chairs
 

Baumbach – Empty Chairs
Eigenvertrieb / www.myspace.com/baumbach.music (2010)
(11 Stücke, 62:04 Minuten Spielzeit)

Da flattert mir von dem Musikprojekt Baumbach die CD „Empty Chairs“ ins Haus und ich kann zunächst nichts mit dem Namen anfangen. Den etwas spärlichen Infos ist aber zu entnehmen, dass sich hinter dem Projekt der aus Österreich stammende Richard Gaisbauer verbirgt. Neben ihm hat Mindmovie aka Achim Wierschem (hier endlich ein bekannter Name, er spielt ja auch bei der Rockformation Flaming Bess) bei einem Stück in die Saiten gegriffen.

 


Meine Recherche im Internet zeigte, dass Richard schon seit 1985 (damals noch mit der Band Phaeicon) Musik macht. Er kann auch schon auf einige Alben verweisen, darunter das 1998’er „Radioworld“. Bei dem Titel machte es plötzlich klick bei mir, denn das Album stammt vom Projekt Agent Error, das ebenfalls ein Pseudonym für Richard’s musikalische Aktivitäten ist. „Radioworld“ hatte mir damals sehr gut gefallen und so lege ich neugierig die aktuelle CD in den Player.

Der Titel „Empty Chairs“ steht für die Zeit der Veränderung, Neuorientierung, Furcht, aber auch Hoffnung. „Empty Chairs“ ist dabei ein Symbol für neue Möglichkeiten und eine Neuordnung. Alle Stücke sind von Richard komponiert und im Alleingang (mit Ausnahme von „Dying Sun“, bei dem Mindmovie an der Gitarre zu hören ist) eingespielt.

Uhrenticken, ein Echolot, pumpender Herzschlag und Kirchengeläut, die auf Synthieflächen gelegt sind, lassen mich zunächst beim ersten Stück „Shape Of Time“ an Pink Floyd denken, doch schnell weht Baumbach diese Idee mit einem Sitar ähnlichen Klang und herrlichen Synthieklangtupfern hinfort. Es entwickelt sich ein langsam dahintrabender Track, der im weiteren Verlauf durch eine sägende E-Gitarre, die die Melodielinie spielt, ergänzt wird. Das ist schon mal ein toller Einstieg in das Album.

Sprachsamples, wie aus einem Film entnommen, und eine lachende weibliche Stimme leiten in den zweiten Track „The Secrecy“ ein, einem wunderbar verträumten Stück. Zumindest solange, bis Richard ihm etwas härtere Synthiesounds entgegensetzt. Mehrfach werden Stimmungen, Melodiebögen und Rhythmen gewechselt.

In „One Moment“ kommen wieder Sitar ähnliche Klänge, die um Perkussion erweitert eine orientalische Stimmung erzeugen. „Ciel De Paris“ hat einen unwiderstehlichen Rhythmus und begeistert durch seine Klangfarben und Melodiebögen. Das hat Radioqualität, vor allem wenn nach einigen Momenten der Track von einer Pianolinie getragen wird. Da kommt mir vom Sound gerade an einer Stelle der Soundtrack der Fernsehserie „Die Zwei“ in den Sinn.

In „Black Soil“ treffen afrikanische Sounds auf elektronische Klangflächen. Das geht für mich schon in den Bereich der Weltmusik, die hier auf die Mystik einer „Akte X“ trifft. Mit Flächen und Chören beginnt „Shades Of Ignorance“ zunächst sehr sakral, was sich aber mit Einsatz des Rhythmus schnell verändert. Wieder so eine herrliche Nummer, die durch ihre Klangfarben und den Sound überzeugt.

In „Dying Sun“, das recht perkussiv beginnt, hat sich Richard den Gitarristen Achim Wierschem als Unterstützung geholt. Ein hypnotischer Track, der sich im Hirn festsetzt. In der zweiten Hälfte des fast achtminütigen Stückes greift Achim dann in die Saiten. Wer die CD von Mindmovie oder Flaming Bess kennt, der weiß was hier geboten wird. Eine tolle Kollaboration, von der ich mir noch mehr wünsche. Danach folgt ein zweiminütiges „Beyond The Fog“, das vom Piano getragen wird.

Symphonische, spacige Elektronik gibt es dann in „Moonlake“, das im zweiten Teil an Dynamik und Rhythmus gewinnt. Etwas düster und melancholisch präsentiert sich dann das Titelstück, was aber im weiteren Verlauf wesentlich offener und hoffnungsvoller gestaltet ist. Den Abschluss bildet dann das experimentelle, perkussive und auch melodische „George V“.

Mit „Empty Chairs“ hat Richard Gaisbauer aka Baumbach ein sehr schönes Elektronikalbum veröffentlicht, dass sich von seiner melodiösen Seite zeigt. Man sollte sich nicht von dem Cover abschrecken lassen, bei dem ich ehrlich gesagt, ganz andere Musik erwartet habe. Die CD ist in der Erstauflage auf 100 Exemplare limitiert und kann über die obige Internetseite erworben werden. Eine lohnende Investition.

Stephan Schelle, Oktober 2010

 
   

CD-Kritiken-Menue