ARC - Fracture
 

ARC - Fracture
DIN (2007)
(5 Titel, 53:33 Minuten Spielzeit)

ARC, so nennt sich das Duo der beiden englischen Elektronikmusiker Ian Boddy und Mark Shreeve, die jeweils auf eine Reihe von Solo- und Projekt-Alben zurückblicken können. Die beiden kennen sich bereist seit 1982, doch erst im Jahr 1998 gingen sie eine Kollaboration mit dem Namen ARC ein, die bis heute anhält und in der sie in unregelmäßigen Abständen Alben veröffentlichen. Im Herbst 2007 erscheint mit „Fracture“ nach zwei Jahren die mittlerweile fünfte CD des Projektes ARC auf dem DIN-Label von Ian Boddy. Die beiden kombinieren hierauf sowohl digitale, wie auch analoge Synthesizer, was den besonderen Sound und damit den Reiz ausmacht.
 

 

Die CD enthält fünf Tracks mit Spielzeiten zwischen 5:54 und 22:42 Minuten, allerdings wirkt das Werk eher wie ein einziges komplexes Stück, denn die Übergänge bzw. kurzen Pausen kommen einem nicht wie Unterbrechungen vor. Den Einstieg in das Album vollzieht das 6:21minütige Titelstück, dass einen durch seine etwas steril-technischen Rhythmuspassagen und diese unvergleichliche Harmoniefolge, wie man es von Soloveröffentlichungen von Mark Shreeve kennt, sofort in seinen Bann zieht, aus dessen Umklammerung man sich nicht lösen kann. Ein toller Einstieg. So ein bisschen vereint dieser Track Sounds, die man auch von John Carpenter, Wolfram Spyra und Tangerine Dream kennt, dies aber auf eine ganz besondere und eigene Art, die so typisch für die beiden Engländer ist. Dieses Stück ist eindeutig mein Lieblingstrack der CD.

Auch das folgende „Departure“ hat annähernd diese magische Anziehungskraft, die schon der Opener auslöste. Hier faszinieren die etwas zwielichtige Stimmung und die Rhythmussequenzen auf denen dann Harmonien, die wie durch einen Nebel herangetragen werden, gelegt sind. Im weiteren Verlauf geht dieser Sound in einen klassischen mit Piano gespielten Part über, der dann immer bombastischer wird.

Herzschlagrhythmus und herrliche Flächen, so wird der Track „Slipstream“ eingeläutet. Ein sehr schöner gemächlich, verträumter Track. Es folgt mit „Friction“ wieder ein Track mit dieser unwiderstehlichen Rhythmussequenz, wie sie schon zu Beginn des Albums zu hören ist. Zunächst startet das Stück recht gemächlich, um nach einigen Momenten in tolle vertrackte Sequenzerrhythmen überzugehen. Das ist wieder unglaublich intelligent und fesselnd von den beiden zusammengestellt. Diese ersten vier Tracks sind für mich die absoluten Highlights des Albums.

Abschließend folgt dann mit „Rapture“ der längste Track des Albums. Dieser Track ist sehr spacig und entwickelt sich nur langsam. Vor meinem geistigen Auge läuft dabei zunächst ein Film ab, der Szenen in einer langsam dahin schwebenden Raumstation zeigt. Kalte und metallische Sounds verstärken dieses Feeling im Laufe des Tracks noch und machen ihn so zu ScienceFiction-Kopfkino. Nach gut neun Minuten schälen sich dann die Sequenzer, die an Tangerine Dream erinnern, aus dem Hintergrund heraus und übernehmen nun das Kommando. Hinfort sind die kalten spacigen Sounds und die Melodielinien katapultieren das Raumschiff in die Weite des Alls. Diese melodischen Passagen sind wieder absolut faszinierend, da sie sich immer weiter steigern. Ab Minute 15 fällt der Track dann wieder in diese kalten sphärischen Sounds zurück und wir befinden uns wieder in den Fluren und Gängen dieser etwas unheimlichen Raumstation. Das Stück hat unterschiedliche Abschnitte, bei denen die Liebhaber der spacigen Variante genauso zu ihrem Recht kommen, wie die Liebhaber der „Berliner Schule“.

„Fracture“ ist ein tolles Elektronikalbum, auch wenn es aus meiner Sicht an der ein oder anderen Stelle im Longtrack „Rapture“ Längen aufweist. Ian und Mark bauen eine faszinierende Stimmung auf, der man sich nicht entziehen kann. Dass diese Musik auch live zündet, bewiesen sie unlängst auf dem E-Live-Festival in Eindhoven (siehe Konzertbericht in der Rubrik „Konzerte“). Dort spielten sie das komplette Album und ernteten Standing Ovations. Das neue ARC-Album kann ich den Freunden intelligent gemachter Elektronikmusik nur wärmstens ans Herz legen, da es tolle moderne Sounds mit „Berliner Schule“-Einschlag präsentiert.

Stephan Schelle, Oktober 2007

 
   

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